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Google hat es nicht leicht. Anders als Apple hat man die Kontrolle lediglich über die Software, ist in Sachen Hardware aber von den Partnern abhängig. Doch die nehmen sich so manche Freiheit heraus und bieten nicht immer die Smartphones an, die man sich in Mountain View vielleicht vorstellt. Ein Ausweg war bislang die Nexus-Reihe, deren aktuelle Ableger aber vermutlich ohne Nachfolger bleiben werden. Eine Lücke soll aber nicht bleiben, mit dem Pixel und Pixel XL schlägt Google einen neuen Weg ein. Der Misserfolg ist aber vorprogrammiert.
Erinnert sich noch jemand an das Nexus 6? Trotz grundsätzlich guter Hardware floppte das gemeinsam mit Motorola entwickelte Handy, schon nach wenigen Wochen musste mit Preiskorrekturen reagiert werden. Nicht viel anders sah es bei den Nachfolgern Nexus 5X und Nexus 6P aus. LG und Huawei sorgten für aktuelle Komponenten, Google stellt ein „unverändertes“ Android zur Verfügung. Nach einem Jahr lässt sich auch hier sagen: Erfolg sieht anders aus. Die Gründe hierfür dürften letztendlich vielfältig gewesen, vor allem die Preisgestaltung sticht jedoch hervor.
Denn anders als in der Anfangszeit der Nexus-Reihe verfolgt Google zuletzt keine Kampfpreisstrategie mehr. Die letzten Smartphones - aber auch das Tablet Nexus 9 - waren zum Start alles andere als günstig. Erschwerend hinzu kam, dass das Gesamtpaket zwar in der Regel gut, die direkte Konkurrenz aber in einzelnen Punkten deutlich besser oder aber günstiger war. Nur ein Argument durfte man immer gelten lassen: Günstiger als das iPhone waren die Nexus-Vertreter immer.
Das hat sich jetzt erledigt. Denn kurzerhand hat Google Apples Preisgestaltung 1:1 übernommen. Egal ob Pixel oder Pixel XL, ob 32 oder 128 GB Speicher: Das Preisschild zeigt für alle Kombinationen den gleichen Wert wie beim iPhone 7 und iPhone 7 Plus an. Konnte man bislang argumentieren, dass der Preis für Google spricht, muss man jetzt ganz klar das Gegenteil feststellen.
Denn nicht nur der Kaufpreis macht sich in der Geldbörse bemerkbar, auch der Wiederverkaufswert sollte berücksichtigt werden. Schließlich tauschen viele nach zwei Jahren ihr Gerät, manche noch früher. Und die Vergangenheit zeigt, dass kaum ein gebrauchtes Android-Modell so hoher Preise bei eBay und Co. erzielt wie ein iPhone. Was zu einem großen Teil auch der Support-Mentalität in Cupertino liegt. Updates für drei, vier oder fünf Jahre alte Modelle sind dort nicht die Ausnahme, sondern die Regel - auch wenn Hardware-bedingt nicht jedes Gerät jede neue Funktion erhält. Bei Android können aber nicht einmal Nexus-Nutzer damit rechnen, länger als zwei Jahre mit neuen Versionen versorgt zu werden.
Es gibt aber auch einen Grund, warum Pixel und Pixel XL aus Sicht eines Android-Nutzers ein Misserfolg werden müssen. Denn mit seinen neuen Smartphones driftet die Zweiklassengesellschaft weiter auseinander. Schon in der Vergangenheit verfügten einige Nexus-Modelle über Funktionen, die nicht Bestandteil von Android waren - eine unverfälschte Version des Betriebssystems hat es dementsprechend auf einem Nexus-Smartphone oder-Tablet ab Werk nie gegeben. Genau dies weitet man nun aber aus. Beide Pixels werden mehr können als andere Geräte, die irgendwann einmal unter Android 7.1 arbeiten.
Das führt unweigerlich zu der Frage, in welchem Umfang Google seine unterschiedlichen Interessen unter einen Hut bekommen will. Auf der einen Seite sollen möglichst viele Partner zahlreiche Geräte unterschiedlichster Preis- und Leistungsstufen mit ganz eigenen Anpassungen auf den Markt bringen, dem gegenüber stehen dann Hersteller wie Motorola, die möglichst keine Besonderheiten im Betriebssystem wünschen oder die Versorgung der bisherigen Nexus-Generationen und über allem schwebt künftig nun Pixel-Android. Natürlich verfügt man in Mountain View über genügend Ressourcen zur Pflege dieser ganzen Stränge. Aber nicht erst seit gestern tritt man im Konzern auf die Kostenbremse und achtet auf mehr Effizienz.
Hier schließt sich dann der Kreis. Natürlich könnte Google Pixel und Pixel XL zu Kampfpreisen auf den freien Markt werfen und sich ein Stück weit über die gesammelten Nutzerdaten und deren Verwertung refinanzieren - man will es nur nicht.
Ganz anders scheint es im Umgang mit den Providern auszusehen. So fällt die einmalige Zuzahlung bei der Deutschen Telekom um einiges geringer als beim iPhone 7 und iPhone 7 Plus aus. In Bonn kann man sich nämlich noch daran erinnern, wie der letzte Exklusiv-Deal abgelaufen ist. Das Fire Phone lag wie Blei in den Regalen, am Ende wurde es regelrecht verramscht. Dem begegnet man nun mit Preisen, die selbst bei einem Samsung Galaxy S7 anfangs höher lagen.
Der Preis spiegelt immer auch die Nachfrage wieder. Deshalb darf nicht zuletzt das Angebot der Deutschen Telekom als klares Zeichen gewertet werden. Viel Geld geben Verbraucher für Apple aus, das hätten HTC, Sony und all die anderen Hersteller Google sicherlich auf Nachfrage verraten. So bleibt zu hoffen, dass sich Pixel und Pixel XL trotz aller vermutlich vorhandenen Vorzüge als ein einmaliger Fehlschlag entpuppten werden. Das letzte, was Android braucht, ist ein weiterer Premium-Anbieter, der sich preislich an Apple und nicht an der Realität orientiert.
Ein Kommentar von Patrick Bellmer. Die Ausführungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der gesamten Redaktion wider.