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Notch in schicker Hülle

Das OnePlus 6 geht an den Start

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Den vermutlich am wenigsten überraschenden Smartphone-Start des Jahres dürfte OnePlus feiern. Nach zahlreichen selbst verteilten Informationshäppchen, Leaks im Wochentakt und einer zuletzt zu früh scharfgeschalteten Produktseite bei Amazon sind alle relevanten technischen Details zum OnePlus 6 bekannt. Dennoch dürfen erst jetzt erste Eindrücke veröffentlicht werden.

Die fallen durchweg positiv aus - zumindest soweit dies gesagt werden darf. Denn auf den für den ersten Test bereitgestellten Exemplaren lief noch eine nicht finale Version von OxygenOS. Aussagen zum Betriebssystem selbst, zur Benutzeroberfläche, aber auch zur Kamera gibt es deshalb nicht. Nur so viel sei verraten: Wer OxygenOS oder Vanilla-Android kennt, wird sich auf dem OnePlus 6 sofort zurecht finden. Angst vor DRM-Problemen wie beim Vorgänger muss man nicht haben. Denn OnePlus verspricht, dass ab Werk alle relevanten Maßnahmen für Netflix und Co. an Bord sind.

Als Basis dient Android 8.1, die genaue OxygenOS-Versionsnummer konnte noch nicht genannt werden. Die bislang als Gaming-DNA-Modus bezeichnete Funktion heißt nun schlicht Spielmodus, wurde verbessert und soll dem gerade laufenden Spiel mehr Systemressourcen zuweisen und Benachrichtigungen weiterhin unterdrücken. Und wer auf die klassischen Android-Bedienelemente verzichten will, kann zur Gestensteuerung wechseln, die sich allerdings von der in Android P enthaltenen Methode unterscheidet.

Was sich im Innern verbirgt, ist hingegen klar. OnePlus bleibt sich auch beim neuen Smartphone treu und vertraut auf Qualcomms derzeit schnellstes SoC. Den Snapdragon 845 paart man je nach Konfiguration mit 6 oder 8 GB RAM sowie 64, 128 oder 256 GB internem Speicher. Letzterer basiert auf UFS 2.1 und dürfte somit hohe Schreib- und Leseraten erreichen, eine Erweiterung per microSD-Karte ist erneut nicht vorgesehen. Dafür gibt es ein schnelles LTE-Modem, das im Down- und Upstream Cat 16 (1 GBit/s) respektive Cat 13 (150 MBit/s) erreicht. Warum OnePlus hier nicht das volle Potential des Snapdragon 845 und des X20-Modems nutzt, ist nicht bekannt - technisch möglich sind im Downstream eigentlich 1,2 GBit/s (Cat 18). Ein Detail, das in Deutschland aufgrund des Netzausbaus aber auch auf längere Sicht vermutlich keine Rolle spielen wird.

An anderer Stelle wird das SoC hingegen nicht beschnitten. So gibt es 2x2-MIMO-ac-WLAN, Bluetooth 5 inklusive aptX und aptX HD, NFC, die Ortung per Satellit erfolgt per GPS, GLONASS, BeiDou und Galileo. Auch die Dual-LTE-Option kann genutzt werden: Kommen zwei SIM-Karten zum Einsatz, können beide das schnelle Netz nutzen. Musikfans dürfen sich über eine klassische Audio-Buchse freuen. Ärgerlich im Hinblick auf die Schnittstellen: Hinter der USB-Typ-C-Buchse verbirgt sich nur USB 2.0. Auf Stereo-Lautsprecher muss ebenfalls verzichtet werden.

Bereits seit Ende März ist klar, dass das OnePlus 6 ein Display mit Notch erhalten wird. Eine Begründung lieferte man gleich mit: Die Aussparung am oberen Bildschirmrand verkleinere die Anzeige nicht, sondern vergrößere sie stattdessen. Das trifft genaugenommen zu, schließlich bleibt nur so viel vom Rand übrig, wie tatsächlich für Lautsprecher, Kamera und Sensoren benötigt wird. Notch-Gegner dürfte das kaum besänftigen. Allerdings ist es OnePlus gelungen, den Rand unter dem Display schmaler als so mancher Mitbewerber zu halten. Davon abgesehen bietet das 6,28 Zoll große AMOLED-Panel mit seinen 2.280 x 1.080 Pixeln zumindest subjektiv eine ausreichende Helligkeit und eine gute Farbdarstellung. Zu welchen Teilen die Farbräume sRGB und DCI-P3 abgedeckt werden, wird nicht verraten.

Evolutionär kann man die Veränderungen an den Kameras bezeichnen. Auf der Rückseite bleibt es bei zwei Sensoren: Die primäre Kamera bietet 16 Megapixel (Sony IMX 519), eine Pixel-Kantenlänge von 1,22 µm, Blende f/1,7 sowie einen optischen Bildstabilisator, die sekundäre kommt auf 20 Megapixel (Sony IMX 376K), 1,0 µm und Blende f/1,7; einen OIS gibt es hier nicht. Genutzt wird die zweite Kamera in erster Linie als Unterstützung, beispielsweise beim Simulieren des Bokehs. In der Front bringt OnePlus einen Sensor mit 16 Megapixeln (Sony IMX 371, 1,0 µm) unter, die Blende ist mit f/2,0 angegeben.

Unverändert vom OnePlus 5T (Test) übernommen wurden Akku und Ladetechnik. Es bleibt somit bei 3.300 mAh und der Eigenentwicklung Dash Charge mit einer maximalen Ladeleistung von 20 W. Drahtloses Laden wird nicht unterstützt, was angesichts der gläsernen Rückseite des Gehäuses überrascht. Man habe sich dagegen entschieden, so OnePlus im Gespräch, da man die dahintersteckende Technik noch nicht als praktisch genug erachte. So könne das Smartphone beim Laden per Kabel weiter genutzt werden, beim drahtlosen Laden hingegen nicht. Zudem fielen die Ladezeiten immer noch deutlich länger aus.

Keinen neuen, sondern einen alten Weg hat OnePlus nach eigenen Angaben beim Gehäuse eingeschlagen. Offensichtlich ist das zunächst nicht. Man wollte erneut etwas besonderes wie seinerzeit beim ersten Modell schaffen, Stichwort Sandstein-Oberfläche. Eine solche gibt es beim OnePlus 6 nicht, dafür aber eine durchaus gelungene Glasoberfläche auf der Rückseite. Die besteht aus mehreren Schichten und bietet je nach gewählter Farbvariante eine ganz eigene Optik. So ist das matte Schwarz (Midnight Black) nur auf den ersten Blick wirklich matt und das weiße Modell (Silk White) wirkt nur dann so, als ob es sich um Kunststoff statt Glas handelt. Was sich schwer beschreiben lässt, entpuppt sich in der eigenen Hand als gelungenes Spiel aus Licht und einem Tiefeneffekt, den derzeit weder HTC noch Huawei mit ihren gläsernen Rückseiten bieten können. 

Das restliche Design erinnert allerdings weniger an das OnePlus One, sondern mehr an das OnePlus 2 und OnePlus 3. Das liegt in erster Linie an der horizontal mittig untergebrachten Dual-Kamera auf der Rückseite und den wenigen Kurven, die es beim ersten OnePlus-Smartphone noch in größerer Anzahl gab. Optische Gimmicks abseits der Farbeffekte gibt es nur wenige. Der beiden weißen Variante in einem Kontrastton gehaltene Fingerabdrucksensor auf der Rückseite ist bei den beiden anderen Versionen sehr unauffällig, auch der gebogene Übergang von Rückseite zu unterem Rahmen kommt nur beim hellen Modell voll zur Geltung.

Die Verarbeitung des 155,7 x 75,4 x 7,8 mm großen und 177 g schweren OnePlus 6 war hingegen bei allen drei Modellen tadellos, obwohl es sich um Geräte aus der frühen Fertigung handelte. Auch in der Hand gab es keine negativen Auffälligkeiten. Dank sich zum rechten und linken Rand hin verjüngender Rückseite passt sich das Smartphone ein wenig an und gleicht die rutschige Rückseite so ein Stück weit aus. Rutscht das Smartphone dennoch aus der Hand und fällt ins Wasser, soll das laut OnePlus nicht den sofortigen Tod bedeuten. Zwar gibt es keine IP-Zertifizierung, versprochen wird aber eine Wasserdichtigkeit im Alltag. So soll das OnePlus 6 Regenschauer ebenso unbeschadet überstehen wie auch den Sturz in eine Pfütze. Dass es keine IP-Zertifizierung gibt, wird mit den dann immer noch notwendigen Ausnahmen begründet. Denn abgedeckt ist beispielsweise strenggenommen nur reines Wasser, schon der Sturz ins Badewasser oder Schwimmbecken geht darüber hinaus.

So gut der erste Eindruck auch ausfällt, mindestens zwei Wermutstropfen gibt es dennoch: So steigen die Preise im Vergleich zum OnePlus 5T leicht und ausgerechnet die - rein subjektiv - schönste Farbversion wird es nur in limitierter Auflage und in einer Konfiguration geben. Im Detail heißt das: Die Kombination aus 6 GB RAM und 64 GB internem Speicher kostet 519 Euro (bisher 499 Euro), für 8 und 128 GB werden 569 Euro verlangt (bisher 559 Euro), 8 und 256 GB kosten 619 Euro. Das OnePlus 6 in Silk White wird es nur mit 8 und 128 GB in limitierter Auflage ab vermutlich Mitte Juni geben, ab dem 22. Mai sind lediglich Midnight Black und Mirror Black bestellbar. Ersteres gibt es mit 8 und 128 sowie 8 und 256 GB, letzteres mit 6 und 64 sowie 8 und 128 GB.