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Während die Politik hierzulande E-Fahrzeuge eher kläglich vorantreibt und erst kürzlich eine Förderprämie beschlossen hatte, ist man in Norwegen schon einige Schritte weiter. In keinem anderen europäischen Land bewegen sich so viele E-Fahrzeuge über die Straßen wie in Norwegen. Schon heute wird dort jeder vierte Neuwagen elektrisch angetrieben. Profitiert davon hat vor allem Tesla.
Das Model S verkaufte sich in Skandinavien sprichwörtlich wie warme Semmeln und kostete aufgrund der staatlichen Subventionen deutlich weniger. Doch damit nicht genug: Ab 2025 sollen in Norwegen nur noch elektrisch angetriebene Fahrzeuge verkauft werden, Autos mit konventionellem Verbrennungsmotor überhaupt nicht mehr. Der gesamte Straßenverkehr soll in Norwegen ab 2050 komplett klimaneutral gestaltet sein. Die Zukunft des Autos gehört damit den E-Fahrzeugen – das Auto der Zukunft hat jedoch viel mehr zu bieten als nur einen emissionsfreien Antrieb.
Im Rahmen des Qualcomm Automotive Technology Day in München hatten wir die Gelegenheit, mehr über die geplanten Technologien der Automobilbranche zu erfahren. Qualcomm entwickelt längst nicht mehr nur Prozessoren und Mobilfunkchips für Smartphones und Tablets, sondern bringt seine Techniken verstärkt auch ins Auto.
Snapdragon-SoCs als Grundlage
Prominentes Beispiel sind mit Sicherheit die hauseigenen Snapdragon-SoCs. Für Autokäufer werden nicht nur die zahlreichen verschiedenen Assistenzsysteme immer wichtiger, sondern auch das Infotainment-System. Einer Qualcomm-Umfrage zufolge seien 70 % der Autokäufer bereit, mehr Geld für ein vernetztes Auto auszugeben, immerhin 40 % würden sofort zuschlagen, wenn es marktreife Technik gäbe. Etwa 65 % der rund 2.000 Befragten würde sich eine Internet-Verbindung direkt auf dem Display im Cockpit wünschen, um beispielsweise aktuelle Verkehrsdaten, neustes Kartenmaterial oder die passende Musik abrufen zu können. Das funktioniert teilweise schon heute.
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Die wachsenden Anforderungen setzen allerdings auch immer schnellere Hardware voraus. Hierfür kündigte Qualcomm zu Beginn des Jahres mit dem Snapdragon 820A eine angepasste Variante seines Smartphone-Prozessors speziell für das Auto an. Er soll deutlich widerstandsfähiger sein, aber die gleichen leistungsstarken Kryo-CPU-Kerne bereithalten, von denen es vier aus der 14nm-FinFET-Fertigung mit 64-Bit-Support gibt. Für eine schnelle Grafikbeschleunigung steht eine Adreno-530-GPU bereit, den Hexagon-680-DSP sowie das integrierte X12-LTE-Modem gibt es ebenfalls. Da Autos im Gegensatz zu Smartphones einen deutlich längeren Lebenszyklus von mindestens zehn Jahren besitzen, setzt Qualcomm bei seinem Snapdragon 820A auf ein modulares Design. Die Zigarettenschachtel große Recheneinheit lässt sich im Handschuhfach unterbringen oder im Kofferraum oder der Mittelkonsole verstecken und im Laufe der Zeit bei einer neuen Hardware-Generation einfach austauschen. Die Box ermöglich eine Reihe von Anschlüssen, um Display, Kameras, das Soundsystem und das Bedienfeld direkt am Lenkrad ansteuern zu können.
Wie das aussehen kann, zeigte uns Qualcomm anhand eines Demo-Aufbaus in einer kleinen Werkstatt-Garage in München. Als zentrale Steuereinheit dient dabei ein riesiger Touchscreen in der Mittelkonsole. Über ihn kann nicht nur bequem per Fingertab durch die Systemfeatures getapt werden, auch eine große und vor allem hochauflösende Darstellung von Kartenmaterial für das Navigationssystem wird damit möglich. Der Bildschirm verfügt laut Qualcomm über eine 4K-Auflösung und löst somit mit 3.840 x 2.160 Bildpunkten auf.
Viel Sensorik
Mehrere Kameras und Sensoren sorgen sich für das Wohlbefinden des Fahrers und versuchen ihm den Überblick zu erleichtern. Kameras überwachen kontinuierlich die Augen des Fahrers und warnen ihn, wenn er übermüdet ist und besser eine Pause einlegen sollte. Weitere Kameras ermöglichen eine Rundumsicht, um beispielsweise leichter aus einer engen Parklücke manövrieren zu können, ein Spurhalteassistent warnt bei Unregelmäßigkeiten, eine weitere Kamera hält Ausschau nach bestimmten Verkehrsschildern und warnt den Fahrer, wenn er schneller als eigentlich erlaubt unterwegs ist. Das System dient natürlich auch zur Steuerung der Musikanlage, erlaubt Einstellungen an der Klimaautomatik, oder ermöglicht einen schnellen Zugang ins Internet über die verschiedensten Apps. Die Bedienung per Sprache ist aber ebenso wichtig. Selbst der Tacho wird beim Demo-System von Qualcomm zum Bildschirm, liefert allerdings nur die nötigsten Schnell-Informationen.
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Autonomes Fahren
Rechenpower und vor allem eine schnelle Anbindung an das Internet ohne große Latenzen wird vor allem dann benötigt, wenn es um das autonome Fahren geht. Auch hierfür will Qualcomm den Autobauern seine leistungsfähigen SoCs anbieten, aber auch den kommenden 5G-Mobilfunkstandard etablieren und weiterentwickeln. Im Vergleich zum aktuellen 4G-Standard sollen die Latenz-Zeiten von derzeit etwa 20 bis 30 ms auf wenige Millisekunden reduziert werden. Dies ist notwendig, um in Gefahrensituationen oder auf sich schnell ändernde Situationen im Straßenverkehr reagieren zu können. Die Pläne Qualcomms sehen vor, dass die Entwicklung nahtlos am aktuellen 4G- bzw. LTE-Standard anschließen und schrittweise zu 5G geändert werden sollen. Bereits 2020 sollen die ersten Endgeräte mit 5G marktreif sein. Die bisherigen Techniken sollen also nicht einfach nur ersetzt, sondern stetig weiterentwickelt werden.
Eine Alternative zum Mobilfunk ist aber auch WiFi nach 802.11p-Standard. Während man hierzulande eher auf LTE geht, wird in den USA die Implementation von WLAN vorangetrieben. Neben einer kürzeren Latenz sollen die neuen Standards vor allem aber höhere Datenübertragungsraten ermöglichen, schließlich steigt mit den neuen Anforderungen an die Technik auch der Datentraffic sprunghaft nach oben.
Das Auto der Zukunft soll zudem mit anderen Verkehrsteilnehmern kommunizieren und sie beispielsweise über Gefahren, sich ändernde Straßenverhältnisse, Staus und Unfälle informieren. Ist die Straße stellenweise glatt, meldet dies das Auto den nachfolgenden Fahrzeugen oder der Cloud und gibt die Information so an andere Verkehrsteilnehmer weiter. Ein vorausschauendes Fahren erhöht theoretisch nicht nur die Sicherheit, sondern ermöglicht auch ein energieeffizienteres Fahren. E-Fahrzeuge können im autonomen Betrieb so beispielsweise lernen, wann es sinnvoll ist, den Akku über die Bremsfunktion zu laden und wann es besser ist schon frühzeitig die Geschwindigkeit zu reduzieren. Theoretisch sollen die Fahrzeuge nicht nur untereinander kommunizieren (Vehicle to Vehicle), sondern auch zur Infrastruktur (Clouddienste, Verkehrsleitsysteme, etc.) oder sogar mit Fußgängern.
Kabelloses Laden
Bis das erste vollständig autonom fahrende Fahrzeug allerdings über die Straße rollen wird, werden noch einige Jahre Entwicklungszeit und Poltik-Arbeit vergehen müssen. Weitaus schneller könnten induktive Ladesysteme in den ersten Fahrzeugen verbaut werden. Qualcomm hat hier seine aus dem Smartphone-Bereich bekannte Wireless-Charging-Technik größer gedacht und mit Halo salonfähig gemacht. Schon heute wird die stecker- und kabellose Ladetechnik bei E-Fahrzeugen eingesetzt. Eine große Spielewiese ist hier die Formula E, welche in diesem Jahr in die zweite Saison gestartet ist. Hier werden die Elektromobilität richtig ausgetestet und praxisrelevante Daten gesammelt sowie Erfahrungen gemacht. In der Formula E setzen bereits das Safety Car und die Medical-Fahrzeuge auf Qualcomms Halo-Technologie. Qualcomm hat hierfür einen BMW i8, der als Plug-In-Hybrid auch über einen herkömmlichen Verbrennungsmotor verfügt, und den kleineren BMW i3 entsprechend umgebaut. Um im Falle eines Unfalls auf der Rennstrecke schnell ausrücken zu können, werden die Akkus der Fahrzeuge induktiv geladen. Die Fahrer können so während des gesamten Rennens auf Abruf im Fahrzeug verbleiben, ohne im Falle eines Einsatzes zunächst den Stecker aus der Ladestation ziehen zu müssen.
Die Qualcomm-Halo-Technik nutzt magnetische Induktion, um Energie ohne Kabel in den Fahrzeug-Akku zu speisen. Hierfür müssen die Fahrzeuge auf einem Kissen, welches wahlweise im Garagen- oder Parkplatz-Boden eingelassen wurde, geparkt werden. Das Fahrzeug erkennt automatisch, wenn es perfekt über dem Lade-Kissen liegt und damit aufgeladen werden kann. Laut Qualcomm funktioniert dies auch bei schnelleren Einpark-Manövern oder aber wenn Kissen und Abnehmer nicht perfekt übereinander stehen – eine Abweichung von etwa 30 % ist durchaus möglich.
Das System soll sich nicht nur kostengünstig in Fahrzeugen verbauen lassen und für den Fahrer einfach in der Handhabung sein, sondern vor allem auch sicher. Eine leere Bierdose auf dem Halo-Kissen könnte sich schnell aufheizen und umliegendes Laub in Brand setzen – schon kleinste Aluminiumteile, wie beispielsweise der Deckel eines Jogurt-Bechers oder das Aluminiumpapier aus einer Zigarettenschachtel, können fatale Folgen haben. Qualcomm hat die Technik deswegen mit einer Vielzahl von Sensoren ausgerüstet, die entsprechende Gegenstände oder herannahende Personen und Tiere erkennen und das System automatisch abschalten. Zudem konnte man in den letzten Entwicklungsphasen die Effizienz deutlich steigern. Der Wirkungsgrad soll nun bei über 90 % liegen.
Künftig könnte Qualcomms Halo-Technologie nicht nur fest in Garagen, Parkplätzen und Ladestationen zum Einsatz kommen, sondern auch direkt auf der Fahrbahn. Laut des Chipherstellers funktioniere das induktive Ladesystem auch bei einer Geschwindigkeit von rund 120 km/h. In Zukunft könnten also ganze Fahrbahnen oder zumindest einzelne Fahrstreifen mit der Technik ausgerüstet werden. Erste Pilotprojekte laufen bereits. Noch in diesem Jahr sollen in Paris über den „Dynamic WEVC Track“ erste Elektroautos mit einer Geschwindigkeit von bis zu 120 km/h über den Fahrstreifen brettern – theoretisch auch ohne Akku. Innerhalb der Formula E will Qualcomm in zukünftigen Saisons die Technik ebenfalls in die Praxis umsetzen. Später soll der Fahrzeugwechsel aufgrund eines leeren Akkus während des Rennens durch die Technik ersetzt werden.
Datenschutz weiterhin großes Thema
Auch wenn das Auto der Zukunft immer mehr Vereinfachungen für die Fahrer bringen wird: Was bleibt sind die Themen Sicherheit und Datenschutz. Fahrzeuge müssen nicht nur vor dem unerlaubten Zugriff Dritter abgesichert werden, auch die gesammelten Daten müssten ausnahmslos anonymisiert werden, damit nicht Versicherungen oder Hersteller von der Datensammelwut profitieren. Moderne Technik hat also auch in der Automobilbranche ihre Schattenseiten.