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Nicht nur NVIDIA - Die Tricks der Branche

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Nicht nur NVIDIA - Die Tricks der Branche
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Kaum ein Thema dürfte die Hardware-Welt in den vergangenen Tagen so bewegt haben, wie die vermeintliche Täuschung NVIDIAs über die technischen Eigenschaften der GeForce GTX 970. Eine undurchsichtige interne sowie eine nachlässig und schlampige externe Kommunikation haben dazu geführt, dass sich viele Käufer einer GeForce GTX 970 getäuscht fühlen.

Halten wir die Fakten einmal fest: Zunächst war nur die Rede von einem "speziellen" Speicherverhalten, dass nur geringe Auswirkungen auf die Leistung der Karte haben sollte. Inzwischen ist klar - anstatt über 64 Render Backends verfügt die GeForce GTX 970 nur über 56, der L2-Cache ist nur 1.792 anstatt 2.048 kB groß und das Speicherinterface kann und darf eigentlich nur als 224 anstatt 256 Bit breite bezeichnet werden. Die vielen Feinheiten, gerade im letztgenannten Punkt, lassen ausweichende Bezeichnungen wie "maximal 256 Bit" zwar grundsätzlich zu, wenn man sich aber bereits im Umfeld einer nicht eindeutigen Sprache gegenüber der Presse und der eigenen Käuferschaft bewegt, sollte Vorsicht bei solchen Angaben das oberste Gebot sein.

NVIDIA GeForce GTX 980 mit Maxwell-GPU

NVIDIA GeForce GTX 980 mit Maxwell-GPU

Welche Auswirkungen dies nun auf die Performance hat, ist ein anderer Punkt. Die GeForce GTX 970 ist jetzt nicht schlechter als bei ihrer Vorstellung Mitte September. Es gibt spezielle Szenarien, bei denen die Auswirkungen spürbar sind, soviel ist klar. Eine Quantifizierung in Zahlen ist schwierig, da diese Spezialfälle sich zwar grundsätzlich nachstellen lassen, das Verhalten dann aber nicht zwingend auftritt. Das Verhalten der Speicherzuweisung im Speicher sowie auf der GPU selbst folgt nicht immer dem gleichen Weg. Aber noch einmal: Ja, eine GeForce GTX 970 bietet aufgrund der oben beschriebenen technischen Einschränkungen nicht das Verhalten, was aufgrund der ursprünglich gemachten Angaben eigentlich zu erwarten wäre.

Die Konsequenzen für die Käufer einer GeForce GTX 970 gehen dabei weit auseinander. Wer sich gar nicht damit beschäftigt, wird auch keine Schwierigkeiten feststellen, sondern lebt mit dem, was ihm an Leistung geboten wird. Inzwischen dürfte den meisten Lesern hier das Problem bekannt sein und hier gibt es nun zwei unterschiedliche Herangehensweisen:

1. Solange sich die Einstellungen der Spiele nicht über ein bestimmtes Ziel hinaus bewegen und mehr als 3,5 GB Speicher verbrauchen, ist und bleibt die GeForce GTX 970 nahezu unbehelligt und liefert die Performance, die versprochen wird. Die Erkenntnis einer Limitierung im Speicher ändert auch an der gegebenen Performance nichts. Wer zufrieden ist, kann dies auch bleiben.

2. Viele Käufer fühlen sich getäuscht und wollen ihre Karten zurückgeben oder erwarten eine Kompensation. Einige Online-Shops haben sich inzwischen offiziell dazu geäußert und erstatten den Kaufpreis zurück oder bieten eine Ausgleichszahlung an. Dies geschieht grundsätzlich auf Kulanz der Händler, die sich dahingehend auch noch nicht mit NVIDIA abstimmen konnten. Der Konzern will heute ein offizielles Statement veröffentlichen. Es ist nicht davon auszugehen, dass NVIDIA eine Art Rückrufaktion startet. Stattdessen wird man sich mit den Händlern vermutlich auf eine teilweise bereits geschehene Rückerstattung des Kaufpreises einigen. Zusätzlich vorstellbar ist ein Angebot eines oder einiger kostenloser Spiele. Entsprechende Promotion-Aktionen hat es in der Vergangenheit bereits gegeben.

Was bedeuten die aktuellen Geschehnisse nun für NVIDIA, die Presse und die potenziellen Käufer einer Grafikkarte?

NVIDIAs Ruf ist zunächst einmal beschädigt, denn egal aus welchem Grund die Weitergabe der Informationen zwischen dem Technik- und Marketing/PR-Team scheiterte, verantwortlich ist zunächst einmal nur NVIDIA selbst. Dabei spielt auch die Vergangenheit eine Rolle, in denen es bereits einige Vorfälle dieser Art gab. Da wäre die nicht vorhandene Unterstützung von DirectX 11.1, obwohl die ersten "Kepler"-GPUs damit beworben wurden. Etwas unter dem Radar verliefen die Probleme mit den mobilen GPUs der G84- und G86-Serie, die reihenweise ausfielen.

An dieser Stelle von den Kollegen auch gerne genannt werden die Präsentation der ersten Grafikkarte mit "Fermi"-GPU, die sich später als Attrappe mit Holzschrauben herausstellte. Allerdings behauptete NVIDIA an dieser Stelle auch niemals, das es sich dabei um eine funktionsfähige Karte handelt. In das gleiche Horn blasen auch die üblichen Marketing-Formulierungen, bei denen unterschiedliche Speicher und Rechenkerne, die völlig verschiedene Aufgaben erfüllen sollen, zusammengerechnet werden. CPU- und GPU-Kerne werden aber nicht nur von NVIDIA zusammengezählt, sondern auch beispielsweise von AMD, die bei ihren APUs die Rechenkerne des A10-7850K mit 12 angeben, die sich aus 4 CPU- und 8 GPU-Kernen zusammensetzen. Ein Prozessor wird auch gerne einmal um das Fünffache schneller gemacht, auch wenn die Rechenleistung der CPU um das Zweifache und die der GPU um das Dreifache gesteigert wurde (so geschehen beim NVIDIA Tegra 3). AMD verringerte die Bildqualität durch angepasste AA-Filter, um die Geschwindigkeit zu steigern. Wir könnten noch unzählige weitere Beispiele in dieser Richtung anbringen.

Ähnlich wie das Zeigen von nicht funktionierender Hardware auf Presse-Veranstaltungen sollte man auch bei vermeintlichen Live-Demos immer sehr genau hinschauen und nicht alles glauben, was dort gezeigt wird. So wurden bereits mehrfach Hersteller dabei erwischt, wie sich vermeintliche Live-Demos als Videos herausstellten. Im Gedächtnis geblieben ist dabei auch Intel, die auf der CES 2012 eine Live-Demo eines DirectX-11-Spieles auf einem "Ivy Bridge"-Prozessor geben wollten. Dumm nur, dass durch eine kurze Mausbewegung die VLC-Steuerleiste eingeblendet wurde.

NVIDIA rechnet die Speicherkompromierung einfach auf den Speichertakt an

NVIDIA rechnet die Speicherkompromierung einfach auf den Speichertakt an

Besonders wir als Presse sind dabei aufgerufen solche kleinen Tricksereien (siehe Bild oben), aber vor allem die großen genauer zu beleuchten. Dabei läuft bei uns und vielen Kollegen bereits ein Filter im Kopf, der viele der Marketing-Formulierungen ausblenden kann. Demos auf Presseevents sind schön anzuschauen, aber schon seit Jahren pflegen wir den Anspruch dies in den eigenen Bürowänden testen zu wollen.

Keinesfalls sollen die obigen Zeilen das schönreden, was in den vergangenen Tagen rund um die GeForce GTX 970 passiert ist. Zurecht herrscht Aufregung und zurecht muss die Aufklärung vorangetrieben werden. Die technischen Aspekte scheinen geklärt, noch nicht ganz so eindeutig sind die Auswirkungen auf die Leistung, auch wenn sich diese auf Grenzfälle zu beschränken scheint. Eben aus diesem Grund dauerte es auch Monate, bis vor allem die Nutzer der Karten von den ersten Erkenntnissen berichteten.

In Zukunft aber werden die aktuellen Geschehnisse dazu führen, dass auf die Nutzung des Speichers ein besonderes Augenmerk gelegt wird. Aber wer sagt uns dann, dass wir nicht doch an andere Stelle "getrickst" wird? Wir können an dieser Stelle nur an die Hersteller appellieren mit offenen Karten zu spielen, den letztendlich schädigen sie nur ihren eigenen Ruf.

Aufpassen sollte man nun aber, dass die aktuellen Geschehnisse nicht zu einer Art Hexenjagt werden. Gestern wurden die ersten Meldungen bekannt, dass NVIDIA bei der G-Sync-Technologie gar keine eigene technische Umsetzung verwenden, sondern auf das Adaptive Sync des DisplayPort-1.2a-Standards setzen würde. Die in den Monitoren verbaute Hardware sei nur eine Art DRM, welche die Nutzung auf bestimmte Modelle einschränke. Jeder Monitor mit DisplayPort 1.2 solle in der Lage sein mit G-Sync zu funktionieren. Am Ende hat sich dies aber wohl als Falschmeldung herausgestellt.

Ja, NVIDIA hat einen großen Fehler gemacht, aber wir sollten jetzt auch nicht hinter jedem Produkt oder hinter jeder Technologie eine Täuschung vermuten.