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Hohes Temperatur-Delta

Nutzer melden Temperaturprobleme der Radeon RX 7900 XT(X) (7. Update)

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Nutzer melden Temperaturprobleme der Radeon RX 7900 XT(X) (7. Update)
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Im Rahmen unserer Tests der MBA-Designs waren die Temperaturen der Radeon RX 7900 XTX kein Grund zur Besorgnis. Unsere Radeon RX 7900 XTX kommt unter Volllast auf eine durchschnittliche GPU-Temperatur von 65 °C, die Hot-Spot-Temperatur, also der Maximum-Wert, lag bei 77 °C. Bei den Kollegen von ComputerBase kam die GPU auf 73 °C, bei einem Hot-Spot-Wert von 88 °C – ähnliche Werte haben auch anderen Kollegen erhoben. Ausgelesen werden hier immer die Temperaturen des Graphics Chiplet Die (GCD). Die Temperaturen der sechs Memory Chiplet Dies (MCD) des GPU-Packages liegen deutlich unter den Werten des GCD.

Nachdem die ersten Karten über den freien Handel erhältlich waren, mehrten sich aber die Berichte über hohe Hot-Spot-Werte, bzw. ein recht großes Delta zwischen dem Durchschnitts-Wert für die GPU-Temperatur sowie dem Hot-Spot. Bis zu 110 °C und somit eine thermische Drosselung werden hier teilweise erreicht.

Nutzer im Forum melden unter anderem mehrere Powercolor Radeon RX 7900 XTX MBA mit einer Hot-Spot-Temperatur von 110 °C. Nicht weiter verwunderlich ist, dass auch direkt bei AMD erstandene Karten auf 110 °C, bzw. ein großes Delta kommen. Bisher haben wir selbst im Forum noch keine Custom-Modelle gesehen und persönlich liegt uns erst eine ASUS TUF Radeon RX 7900 XT vor. Bei TechPowerUp hat man bereits einige Custom-Modelle getestet. Diese Ergebnisse haben wir ebenfalls einfließen lassen.

Wir haben die uns gemeldeten Karten nach dem Temperatur-Delta sortiert in das Diagramm eingetragen. Die MBA-Designs von AMD selbst sowie den Partnern haben das größte Delta aufzuweisen und erreichen die Hot-Spot-Temperatur von 110 °C. Wir sehen hier Temperatur-Unterschiede von bis zu 53 °C (56 °C GPU- und 109 °C Hot-Spot-Temperatur). Die Custom-Modelle von ASUS, XFX und Sapphire kommen nicht auf ein solches Temperatur-Niveau und Delta zwischen den Temperaturen. Hier beträgt das Delta maximal 20 °C, bei einem Maximalwert von weit unter 100 °C.

110 °C sind sicherlich das Limit dessen, was einem Chip zuzumuten ist. Hier tritt bereits eine Drosselung der Leistung ein, was bei einer Karte von mehr als 1.000 Euro natürlich nicht hinzunehmen ist. Leider haben unsere Samples bisher keine derart hohen Werte aufzuweisen. Betroffen sind aber offenbar nur die MBA-Designs – egal ob direkt von AMD vertrieben oder von einem Boardpartner. Die Karten laufen ohnehin vom gleichen Fertigungsband.

Die Frage nach den Gründen für die hohen Temperaturen, bzw. den großen Temperaturunterschied ist sicherlich entscheidend. Die Variation an Spannungen innerhalb einer Serie mehrerer Chips und damit Karten dürfte dafür aber nicht verantwortlich sein. Am Ende bestimmt das Power-Limit ohnehin über die maximal abgegebene Abwärme und damit das, was der Kühler verarbeiten muss. Im Falle der Radeon RX 7900 XTX sind dies dauerhaft maximal 355 W.

Vielmehr vermuten wir, dass ein ungleichmäßiger Anpressdruck für die hohen Temperaturunterschiede verantwortlich ist. Auf eine möglichst gleichmäßige Höhe im Package zu kommen, ist bei einem Chiplet-Design eine große Herausforderung. Während AMD bei den Ryzen-Prozessoren aufgrund des Heatspreaders für einen gewissen Ausgleich sorgen kann, ist dies bei der Navi-31-GPU mit Direct-Die-Kühlung nicht ganz so einfach. Der zentrale GCD und die sechs MCDs sind mit Filler versehen und kommen offenbar auf eine Höhe. Aber auch das Höhenmaß für den Rahmen des GPU-Packages muss stimmen und letztendlich gibt es Toleranzen in der Ebenheit des Kühlerbodens. Hier irgendwo wird der Ursprung der hohen Temperaturen sein.

Die genauen Gründe sind also unklar, zu hohe Hot-Spot-Temperaturen sorgen aber definitiv dafür, dass die Karten ihr Power-Limit nicht ausreizen und zugleich aufgrund schnell drehender Lüfter relativ laut sind. Sicherlich nicht hinnehmbar für viele. Wir sind auch mit AMD in Gesprächen zur Problematik.

1. Update: Stellungnahme von AMD

Auf Nachfrage bestätigt AMD Hardwareluxx gegenüber, dass man sich das Thema aktuell anschaut: "Unser GPU-Team sieht sich das Problem aktuell an."

2. Update: AMD verweigert RMA

Inzwischen haben sich einige Käufer der Radeon RX 7900 XTX im MBA-Design offenbar direkt an AMD gewandt, wo sie die Karte auch gekauft haben. In den USA hat AMD eine Rücknahme aber offenbar verweigert, da die Verpackung bereits geöffnet war. Zumindest ein solcher Fall wurde über die Feiertage auf Reddit dokumentiert.

Roman Hartung (der8auer) hat eine betroffene Karte von einem Nutzer gekauft, der zuvor ebenfalls Temperatur-Probleme hatte. Bei einer Durchschnittstemperatur von 67 °C wurde eine Hot-Spot-Temperatur von 110 °C gemessen. Allerdings hat der Nutzer die Karte zerlegt und die Wärmeleitpaste erneut aufgetragen. Diesen Vorgang hat Roman abermals wiederholt und die Temperaturen lagen in beiden Fällen danach im Normalniveau. Ein grundsätzliches Problem des Kühlers kann damit ausgeschlossen werden. Vielmehr rückt ein fehlerhaftes Auftragen des Zweiphasen-Wärmeleitpads in den Fokus. Belegt ist dies aber ebenfalls noch nicht.

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3. Update: Ausführliches Statement von AMD

AMD hat ein weiteres Statement veröffentlich, wohl auch um die aktuelle Diskussion rund um die abgelehnten RMA-Anfragen zu beschwichtigen:

"Wir sind uns bewusst, dass Nutzer in wenigen Einzelfällen eine unerwartete thermische Drosselung auf AMD Radeon RX 7900 XTX Grafikkarten (Referenzmodelle von AMD) feststellen. Nutzer, die eine unerwartete thermische Drosselung einer AMD Radeon RX 7900 XTX bemerken, sollten sich an den AMD Support wenden."

Wer also seine Karte direkt von AMD gekauft hat, soll sich auch direkt an AMD bzw. Digital River wenden. Wer sein MBA-Design von einem anderen Hersteller erstanden hat, wird über den Händler gehen müssen, bei dem die Karte gekauft wurde.

4. Update: Fehlerhafte Vapor-Chamber offenbar das Problem

Roman hat sich dem Problem noch einmal angenommen und ist dabei offenbar auf den Grund gestoßen, warum einige Karten ein hohes Delta zwischen der durchschnittlichen GPU-Temperatur sowie dem Hot-Spot aufweisen. Ein fehlender Anpressdruck oder dergleichen scheinen nicht der Grund zu sein, denn viele der Karten mit dem Temperatur-Problem wurden vertikal oder horizontal verbaut. Die Einbaurichtung als solches spielt aber dennoch eine Rolle, wie sich später herausstellen wird, nur eben ist die Schwerkraft die am Kühler zieht nicht das eigentliche Problem.

Vier Karten mit einem hohem Hot-Spot-Wert konnte sich Roman anschauen. Zwei Karten zeigten dabei ein auffälliges Verhalten, besonders wenn diese horizontal verbaut wurden.

Langsamer aber sicher kristallisierte sich heraus, dass die Vapor-Chamber das Problem sein dürfte. Vertikal verbaut zeigte eine der Karten eine durchschnittliche Temperatur von 62 °C und einen Hot-Spot-Wert von knapp unter 90 °C. Im laufenden Betrieb in den horizontalen Betrieb gebracht dauerte es dann ein paar Sekunden und die Lüfterdrehzahlen und Temperaturen schossen nach oben. Die durchschnittliche Temperatur lag nun bei 75 °C, im Hot-Spot aber zeigten sich sogar 110 °C.

Nachdem die Karte dann wieder in die Vertikale gebracht wurde, veränderten sich die Temperaturen aber nicht wieder zum Positiven, was eigentlich nur einen Rückschluss zulässt: Die Vapor-Chamber hat ein Problem.

Bei einer Vapor-Chamber handelt es sich sozusagen um eine flache Heatpipe. Eine Flüssigkeit wird über einen definierten Innendruck (im Vergleich zur Atmosphäre ein Unterdruck) so gesteuert, dass sie an einem gewissen Punkt verdampft. Dies passiert dort, wo die Abwärme entsteht, das heißt im Bereich der GPU. Auf der kalten Seite der Vaper-Chamber kann die Flüssigkeit dann wieder kondensieren und fließt zurück. Das Volumen der Vapor-Chamber, das Geflecht im Inneren der Kammer sowie die Menge der Flüssigkeit müssen in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen, damit das Prinzip auch möglichst gut funktioniert. Die Kollegen von GamersNexus machten zum Start der GeForce-RTX-40-Karten ein ausführliches Video, in dem auch die Funktionsweise und der Aufbau der Vapor-Chamber ausführlich erläutert wird.

Irgendwo in der Auslegung oder Fertigung der Vapor-Chamber scheint das Problem also zu liegen. Betroffen sind grundsätzlich alle MBA-Designs, aber nicht alle Karten weisen die Problematik im gleichen Maße auf. Wie AMD nun reagieren wird, ist noch eine offene Frage. Wir konnten ein grundsätzliches Verschieben der Temperaturen mit unserem Sample der Radeon RX 7900 XTX durch den Wechsel vom vertikalen in den horizontalen Betrieb ebenfalls nachstellen, unsere Karte erreicht aber selbst dann die 110 °C im Hot-Spot nicht. Dennoch haben wir aufgrund dieser gesammelten Erkenntnisse eine Anfrage an AMD gestellt, wie man nun reagieren wird.

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5. Update: Kein grundsätzliches Problem der Vapor-Chamber

der8auer hat einen Kühler der Radeon RX 7900 XTX zerschnitten bzw. sich den Aufbau der Vapor-Chamber angeschaut. Dazu hat man mittels CNC-Fräse die Kammer aufgeschnitten. Über dem Bereich der GPU nutzt AMD eine gesinterte Oberfläche am Boden, dem Deckel sowie den Stützen. Da man dies auch an den Stützen macht, können diesem als Steigrohr dienen. Im weiteren Bereich ist eine Netz-Oberflächenstruktur vorhanden. Die Stützen sollen den Hohlraum mechanisch stabil halten, da ein Hohlraum mit dieser Fläche ansonsten einfach zusammengedrückt würde.

Beschädigungen waren nicht zu erkennen und auch ein grundsätzliches Problem in der Auslegung der Vapor-Chamber kann somit fast ausgeschlossen werden. IgorsLab hat aus eigenen Quellen in Erfahrung bringen können, dass zumindest einer seiner Kontakte eine falsche Befüllung vermutet. Dies ist natürlich keine finale Problemlösung, denn unklar ist, wie viele Karten davon betroffen sind. Bereits in einer initialen Umfrage bei uns im Forum kamen eine Handvoll an Karten zusammen. Die Kollegen von ComputerBase haben gestern eine Umfrage gestartet und darauf meldeten bei aktuellem Stand 275 Teilnehmern etwas 20 %, dass ihre AMD Radeon RX 7900 XTX hohe Temperaturen bzw. ein großes Delta aufweisen – also in etwa 50 betroffene Karten.

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6. Update: Mehrere tausend Karten könnten betroffen sein

Aus Kreisen des Großhandels haben sowohl IgorsLab als auch ComputerBase erfahren, dass mehr als ein Batch der MBA-Karten betroffen sein könnte. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass mehrere tausend Karten das Problem aufweisen könnten. Einige Distributoren und Systemintegratoren haben bereits einige hundert Karten returniert.

Aktuell soll AMD an einem detaillierten Statement arbeiten, welches bereits gestern veröffentlicht werden sollte, dann aber verschoben wurde. Wir rechnen heute damit, dass sich der Hersteller äußert.

Soeben hat AMD folgendes Statement veröffentlicht:

"Wir arbeiten daran, die Ursache für die unerwartete Einschränkung der Leistung der AMD Radeon RX 7900 XTX Grafikkarten zu ermitteln. Basierend auf unseren bisherigen Beobachtungen gehen wir davon aus, dass das Problem mit der im AMD-Referenzdesign verwendeten thermischen Lösung zusammenhängt und bei einer begrenzten Anzahl der verkauften Karten auftritt. Wir arbeiten daran, dieses Problem für die betroffenen Karten zu lösen. Kunden, bei denen diese unerwartete Einschränkung auftritt, sollten sich an den AMD-Support wenden https://www.amd.com/en/support/contact-call)."

7. Update: Keine Karten zum Austausch mehr verfügbar

Die Welle an Anfragen führt bei den Support-Abteilungen von AMD (bzw. Digital River) und den Shops dazu, dass diese einen direkten Austausch nicht mehr durchführen können – es sind schlichtweg nicht mehr ausreichend Karten verfügbar, um diesen Bedarf zu bedienen.

Ein Leser hat uns weitergeleitet, was ihm auf seine RMA-Anfrage gesagt wurde:

"Wir haben Ihre Einsendung erhalten. Leider ist eine Reparatur nicht bzw. nicht in einem absehbaren Zeitrahmen möglich. Aus diesem Grund wird eine technische Rücknahme durchgeführt. Diese erfolgt unter Aufrechnung und unter Vorbehalt."

In diesem Fall wurde der ursprüngliche Kaufbetrag erstattet. Von AMD direkt heißt es laut einer Einsendung bei IgorsLab:

"Wir verstehen, dass Sie einen Ersatz für Ihre RX 7900 XTX wünschen. Es ist wichtig zu wissen, dass wir im Moment nicht in der Lage sind, Ihre Karte zu ersetzen, da wir keinen Bestand in unseren Lagern zur Verfügung haben.

Wir können mit dem Prozess beginnen, sobald der Bestand wieder aufgefüllt ist, aber im Moment haben wir kein voraussichtliches Datum für die Wiederauffüllung."

Bei einer entsprechenden Anzahl an Karten die nun ausgetauscht bzw. zurückgegeben werden sollen ist es durchaus vorstellbar, dass die dahinterliegende Lieferkette den Bedarf über einen gewissen Zeitraum nicht mehr decken kann.