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Vor allem die geringen Akkulaufzeiten sind es, die für viele gegen den Kauf einer Smartwatch sprechen. Zwar hat es in den vergangenen Jahren Verbesserungen gegeben, wirklich bahnbrechende waren aber nicht darunter. Mit dem Snapdragon Wear 3100 könnte sich das dank eines komplett neuen Designs und Co-Prozessors ändern - wenn denn die Software mitspielt.
Auch wenn Qualcomm in Bezug auf den Snapdragon Wear 3100 von der dritten Generation der eigenen Wearable-SoCs spricht, ist es strenggenommen maximal die zweite. Denn die für die ersten Uhren auf Basis von Android Wear (inzwischen Wear OS) kam ab 2014 ein Snapdragon 400 (APQ8026) zum Einsatz. Der kam bis dahin in mehreren Smartphones zum Einsatz und war entsprechend kaum mehr als eine - wenn auch passende - Notlösung. Im Februar 2016 folgte dann der Snapdragon Wear 2100, der allerdings lediglich dem Namen nach ein neuer SoC war: Qualcomm hatte den APQ8026 an einigen Stellen verändert, um einen Smartphone-tauglicheren Chip anbieten zu können.
Wichtig ist dieser Hintergrund angesichts des Designs, das mit dem neuen Chip startet. Denn erstmals setzt Qualcomm auf eine Architektur, die in groben Zügen an das Big.Little-Konzept erinnert. Statt alle Aufgaben von einem Prozessor, bzw. einer Prozessorgruppe erledigen zu lassen, erfolgt nun einer Verteilung je nach Last. Qualcomm spricht in diesem Zusammenhang von Big, Small und Tiny. Den Big-Block stellen vier Kerne vom Typ Cortex-A7 dar, die auch schon bei den beiden vorherigen Generationen das Herzstück bildeten. Ist eine Aufgabe weniger rechenintensiv (Small), wie beispielsweise das Aufzeichnen beim Sport unter Berücksichtigung von Puls und GPS, übernimmt der integrierte DSP. Bei sehr geringer Last (Tiny) kommt hingegen lediglich der neue Co-Prozessor QCC1110 zum Einsatz. Laut Qualcomm ist ein Mischbetrieb, DSP und QCC1110 oder Cortex-A7 und DSP, möglich, der Wechsel zwischen den einzelnen Prozessoren soll für den Nutzer unbemerkt erfolgen - ähnlich wie beim Smartphone.
Der QCC1110 ist ein SoC im SoC
Was den gerade einmal 4 x 5,2 mm großen QCC1110 so besonders machen soll, sind ist sein Funktionsumfang in Verbindung mit dem äußerst geringen Energiebedarf. Der fällt im Vergleich zum Cortex-A7 um den Faktor 20 geringer aus, obwohl ein RTOS (Real-Time Operating System) auf ihm ausgeführt werden und ein eigens entwickelter SRAM enthalten ist. Insgesamt hat die Entwicklung mehr als fünf Jahre gedauert. Der Haken: Sein Potential kann er nur dann ausreizen, wenn das eigentliche Betriebssystem angepasst ist.
An dieser Stelle kommt eine neue Version von Wear OS ins Spiel, die einen neuen verbesserten Ambient-Modus sowie einen neuen Watch-Modus beinhaltet. Der neue Ambient-Modus wird immer dann aktiv, wenn die Always-on-Funktion genutzt wird. Die besteht bislang aus einer optisch stark eingeschränkten Darstellung des Zifferblatts und von Benachrichtigungen. Dank Zusammenspiel von DSP und QCC1110 (Small und Tiny) kann ohne höheren Energiebedarf eine optisch durchaus ansprechendere Darstellung geboten werden, zu der bis zu 16 Farben und eine adaptive Helligkeit gehören. Zudem ist nun auch das Anzeigen von Komplikationen im Ambient-Modus möglich.
Geht es um die Maximierung der Laufzeit, kann der neue Watch-Mode gewählt werden. Dann werden zwar lediglich noch die wichtigsten Uhren-typischen Daten wie Uhrzeit und Datum angezeigt, dafür soll der Akku (340 mAh) bei einem Stand von 20 % aber immer noch eine Woche durchhalten; bei vollem Akku spricht Qualcomm von 30 Tagen. Hier kommt auch die neue Dual-Display-Architektur zum Tragen. Dahinter verbirgt sich das unterschiedliche Ansteuern des Panels je nach Modus, bzw. des primär genutzten Prozessors. Bei deaktiviertem Watch-Mode erfolgt die Ansteuerung unter anderem über die Cortex-A7-Gruppe via MIPI (Mobile Industry Proecessor Interface), bei Verwendung des Watch-Modus' übernimmt der QCC1110 diese Aufgabe via SPI (Serial Peripheral Interface). Zwar ist die Bandbreite des sparsameren SPI um ein Vielfaches geringer als von MIPI, für die Anzeige von Uhrzeit, Datum und vergleichbaren Informationen reicht sie aber mehr als aus.
Auch einen dedizierten Sport-Modus wird es geben, dieser soll aber erst zu einem späteren Zeitpunkt per Update nachgereicht werden. Hier wird von einer Verfünffachung - 15 statt drei Stunden - der Laufzeit beim Tracken mit GPS und Puls gesprochen.
Die Laufzeitverbesserungen sind aber nicht nur auf den Einsatz des QCC1110 zurückzuführen. Denn in nahezu allen Situationen soll der Snapdragon Wear 3100 genügsamer als sein Vorgänger sein. So wird beim Einsatz des GPS-Empfängers 49 % weniger Energie benötigt, die Schlüsselwort-Erkennung - „Ok, Google" - kommt mit 43 % weniger Energie aus und selbst die Aktualisierung der Uhrzeit einmal pro Minuten spart 35 % ein. Bei durchschnittlicher Benutzung soll das eine Verlängerung der Laufzeit von etwa vier bis mehr als zwölf Stunden ermöglichen - abhängig vom verbauten Display-Panel und der Akkukapazität.
Darüber hinaus hat Qualcomm auch andere Bestandteile im Vergleich zum Snapdragon Wear 2100 überarbeitet oder neu hinzugefügt. Das betrifft unter anderem den neuen PMIC/die neue PMU PMW3100, die nicht nur für den Low-Power-Betrieb optimiert wurde, sondern auch kleiner als der Vorgänger ausfällt. Beim Sparen helfen aber die beiden verbaubaren NFC-Chips NQ330 und NQ310, die mit kleineren Antennen daherkommen sowie das neue DSP-Famework. Unverändert geblieben sind hingegen das WLAN- und Bluetooth-Modul (802.11n, 4.0), das Core-Baseband sowie Modem- und GPS-Antennenlösungen. Altbekannt ist zudem der Fertigungsprozess. Denn Qualcomm bleibt hier bei 28 nm.
Zuerst Fossil, Google vielleicht später
Erste Smartwatches auf Basis des Snapdragon Wear 3100 sollen noch in diesem Jahr auf den Markt kommen. Die ersten dürften dabei von der Fossil Group stammen, die von Qualcomm als erster Kunde vorgestellt wurde. Geplant sind unter anderem Uhren unter dem Label Louis Vuitton und Montblanc. Details zu den neuen Modellen gibt es noch nicht, auch ein konkreter Starttermin wurde noch nicht verraten.
Abzuwarten bleibt auch, wann Google nachziehen wird. Ging man zunächst davon aus, dass das Unternehmen die neuen SoC für die erste eigene Smartwatch nutzen und diese ebenfalls heute vorstellen würde, wurden entsprechende Pläne Anfang September dementiert. Allerdings schloss Google lediglich einen Start in diesem Jahr aus, völlig abwegig ist eine Pixel Watch entsprechend nicht.
Ein anderes Fragezeichen steht hinter der weiteren Verwendung des QCC1110. Gegenüber Hardwareluxx wollte Qualcomm nicht näher darauf eingehen, ob der Co-Prozessor in einem künftigen, für Smartphones konzipierten SoC zum Einsatz kommt. Für die Steuerung eines Always-on-Displays und ähnlicher Aufgaben sei es aber durchaus denkbar, so das Unternehmen.