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FSR ist ein großer Wurf für AMD – aber auch nur ein erster Schritt

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FSR ist ein großer Wurf für AMD – aber auch nur ein erster Schritt
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Gestern gab AMD das sehnlichst erwartete FidelityFX Super Resolution oder kurz FSR frei. Gestern Nachmittag wurden dann auch die dazugehörigen Spiele-Updates veröffentlicht, sodass zumindest in sieben Spielen der Upscaler mit Schärfefilter ausprobiert werden kann. In unserem Artikel zur FSR haben wir uns auf die Leistung und Darstellungsqualität konzentriert.

Nüchtern betrachtet liefert FSR eine deutliche Leistungssteigerung – selbst wenn mit Ultra Quality und Quality die Modi mit der vermeintlich höchsten Bildqualität gewählt werden. Die Darstellungsqualität leidet bei diesen beiden Modi aber nicht in dem Maße, dass ein Spiel seine Ästhetik verliert. Insofern scheint AMD mit FSR das gelungen zu sein, was NVIDIA von Anfang an auch für DLSS versprochen hat. Doch über die nüchternen Zahlen und Screenshots hinaus sollte man FSR noch aus anderen Blickwinkeln betrachten.

Ab Mitte Juli wird AMD FidelityFX Super Resolution als Teil der GPUOpen-Strategie als Open Source veröffentlichen. Dies ermöglicht es jedem Entwickler FSR in sein Spiel einzubauen und sich auch genauer anzuschauen, was AMD hier genau tut. NVIDIAs DLSS ist nicht nur ein proprietärer Ansatz, die Verwendung einer AI sorgt auch dafür, dass selbst für die Entwickler nicht immer ganz klar ist, warum das DLSS diese oder jene Ausgabe erzeugt. Die Blackbox, die mit Eingangsdaten gefüttert wird und daraufhin eine Ausgabe erzeugt, macht ihrem Namen hier alle Ehre.

Diese offene Umsetzung sollte man klar als positiven Aspekt von FSR ansehen: 1:0 für AMD!

DLSS wirkt aus der Not geboren. Die Raytracing-Effekte reduzieren die FPS und diese wiederherzustellen ist die Aufgabe von DLSS. DLSS sollte nur auf den RTX-Karten (zunächst der Turing-Generation) arbeiten, da hier Tensor-Kerne benötigt werden sollten. Zumindest bis einschließlich Control und DLSS 1.9 (Test) verwendete NVIDIA aber einen Ansatz, der einzig die Shadereinheiten verwendete. Erst danach ist man dazu übergegangen die Tensor-Kerne für das Inferencing zu benutzen. Auf Fragen, warum NVIDIA nicht zumindest auch optional ein DLSS über die Rechenleistung der Shader zulässt, reagiert man meist ausweichend. Man könne damit nicht die zufriedenstellenden Ergebnisse erreichen, heißt es dann oft.

NVIDIA limitiert den Einsatz von DLSS also auf die eigene Hardware und schränkt es zudem auf die GeForce-RTX-Karten ein, wenngleich man zumindest optional auch den Einsatz auf den GeForce-GTX-Karten ermöglichen könnte. Wir interpretieren dies als eine künstliche Beschränkung von DLSS, was NVIDIAs gutes Recht ist, was wir aber nicht gutheißen müssen. FSR hingegen funktioniert nicht nur auf der eigenen Hardware bis hinunter zur Radeon RX 460 und den Prozessoren mit integrierter Grafikeinheit, sondern auch auf GeForce-Hardware und dabei geht AMD zurück bis zur GeForce-GTX-10-Serie auf Basis der Pascal-Architektur.

Aber die Möglichkeit FSR auch auf älterer und "anderer" Hardware auszuführen hat auch noch einen weiteren Aspekt: AMD stellt die Prozessoren der aktuellen Konsolen-Generation. Auch für diese stellt FSR eine Option dar, die über das hinaus geht, was über bereits bestehende Upscaling-Techniken vorhanden ist. Ein Checkerboard-Rendering oder TAA-Upscaling steht für verschiedene Engines bereits zur Verfügung und wird in einzelnen Titel bereits angewendet, häufig tut man dies aber nur dort, wo es auch notwendig ist. Für die Entwickler ist eine Umsetzung von FSR dann von Vorteil, weil es auch in die Konsolen Einzug halten wird. Anstatt unterschiedliche Upscaling-Techniken für den PC und die Konsolen zu verwenden, kann plattformübergreifend FSR eingesetzt werden. An dieser Stelle sei allerdings erwähnt, dass Entwickler dies auch mit TAAU (Temporal Anti-Aliasing Upsampling) tun könnten und für Cross-Plattform-Titel auch schon tun. Auf dem PC sehen wir mehr und mehr Titel, die TAAU anbieten.

Auch hier stellt der breiter aufgestellte und offenere Ansatz von FSR ein klares Plus gegenüber den (künstlichen) Einschränkungen von DLSS dar: 2:0 für AMD!

Kommen wir zur Bildqualität: AMD hat nicht ohne Grund viel Zeit darauf verwendet, über ein Upscaling auf UHD zu sprechen. Die Bild- und Videovergleiche zeigen, dass FSR hinsichtlich der Darstellungsqualität nur im Ultra-Quality-Mode mithalten kann und selbst die Reduzierung der Ausgabeauflösung auf QHD bereits dazu führt, dass sehr viele Details durch die intern reduzierte Rendering-Auflösung verloren gehen. Diese fehlenden Details kann ein Nachschärfen nicht mehr wiederherstellen. Daher gilt für FSR aktuell die Empfehlung: Je höher die Ausgabeauflösung, desto besser und bitte den Ultra-Quality-Mode verwenden. Im Zweifel ist auch der Quality-Mode noch eine Option, aber auf Balanced oder Performance sollte man nur im Notfall zurückgreifen.

Derzeit ist es noch nicht möglich ein Spiel mittels FSR und DLSS gegenüber zu stellen. Keines der Spiele, die aktuelle FSR unterstützen, bietet auch DLSS. Daher gibt es keine Möglichkeit einen direkten Vergleich anzustellen. Durch die Rekonstruktion des Frames aus höher aufgelösten "Ground Truth"-Daten und der damit verbundenen Möglichkeit, Details wiederherzustellen, die eigentlich aufgrund der niedrigeren Auflösung verloren gegangen sind, bietet NVIDIA mit DLSS aktuell noch die bessere Bildqualität. DLSS im Quality-Mode dürfte den Ultra-Quality- und Quality-Modi von FSR überlegen sein – so zumindest die aktuelle Einschätzung dessen, was wir gesehen haben.

Hinzu kommt, dass NVIDIA für DLSS temporale Informationen mit einbezieht. Während FSR auf Basis des aktuellen Frames arbeitet, bezieht DLSS auch Informationen von bis zu drei weiteren Frames mit ein, die zuvor berechnet wurden. Dies ist von Vorteil, wenn feine Details wie Haare und Vegetation ins Spiel kommen. Hier hat DLSS klare Vorteile gegenüber FSR.

Für die Bildqualität bietet DLSS also die bessere Lösung, auch weil es technisch inzwischen ausgereifter daherkommt: 2:1!

Eines der größten Mankos für FSR sehen wir aktuell in der geringen Anzahl an Spielen, von denen es unterstützt wird. Einige der gestern vorgestellten Titel befinden sich noch in der Entwicklungsphase und neben Godfall kann nur noch Anno 1800 als echtes Highlight bezeichnet werden. Mit Far Cry 6, Resident Evil Village oder beispielsweise Vampire Blood Hunt sollen in den kommenden Wochen und Monate aber weitere Titel hinzukommen. Vor allem aber die Einbindung der Entwickler-Studios dürfte für FSR ein großer Schritt werden.

Aber dazu muss es erst einmal kommen und noch haben wir eben nur knapp mehr als eine Handvoll an Spielen zur Verfügung. Währenddessen hat NVIDIA dutzende Spiele an der Hand, die Raytracing und DLSS bieten. Grob 60 Spiele unterstützen das DLSS bereits und darunter sind immer mehr AAA-Titel, aber auch Indie-Entwickler, denn DLSS kann per Plugin sehr einfach in Spiele auf Basis der Unreal Engine 4 und 5 sowie bald auf Basis der Unity-2021-Engine integriert werden. AMD und NVIDIA werden also zukünftig darum kämpfen und gute Argumente vorhalten, damit diese sich für FSR und/oder DLSS entscheiden.

Momentan aber hat NVIDIA im Umfang der unterstützen Spiele klar die Nase vorne: 2:2, Ausgleich!

Nun heißt es abwarten, in welche Richtung sich FSR entwicklen wird. Bei Unternehmen und beide Techniken haben Vor- und Nachteile. NVIDIA wird weiterhin darauf pochen, dass DLSS die technisch bessere Umsetzung ist. In der Bildqualität können wir dies bestätigen, aber NVIDIA hat sich mit der Limitierung auf bestimmte Hardware auch selbst ein Bein gestellt. AMD hingegen fährt mit FSR den offeneren Ansatz, der in der Durchsetzungskraft ausreichend Schub entwickeln kann. Aber AMD wird FSR auch noch weiterentwickeln müssen, um technisch gegenüber NVIDIA aufzuholen. Mit Necromunda: Hired Gun könnte uns bald ein Titel erwarten, der sowohl auf DLSS als auch FSR setzt. Dann ergibt sich die Möglichkeit beide Techniken einmal direkt gegenüberzustellen.

Es bleibt spannend!

Ein Kommentar von Andreas Schilling. Die Ausführungen spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der gesamten Redaktion wider.