NEWS

Das kann Netflix (nicht)

Portrait des Authors


Das kann Netflix (nicht)
15

Werbung

In den USA ist Netflix mittlerweile der populärste Video-Streaming-Dienst, entsprechend groß waren und sind die Erwartungen in Deutschland. Hierzulande ist das Angebot seit einigen Stunden verfügbar - Grund genug für einen genaueren Blick auf das, was Netflix kann und nicht kann.

Kritik muss sich das Unternehmen bereits zu Beginn der Kontaktaufnahme gefallen lassen. Denn auf den ersten Blick sind weder die Preise, noch die verfügbaren Inhalte erkennbar. Während erstere gut in den FAQ versteckt sind, offenbaren sich letztere erst, wenn man einen Account eingereichter hat. Verlockend ist, dass Netflix einen kostenlosen Probemonat anbietet. Doch auch hier gibt es einen gewaltigen Verbesserungsbedarf: Denn damit das Angebot wahrgenommen werden kann, müssen zunächst Zahlungsdaten - PayPal, Lastschrift und Kreditkarte stehen zur Verfügung, Gutscheinkarten sollen im Herbst folgen - eingegeben werden.

Datensammelwut

Zwar lässt sich das Abo mit wenigen Mausklicks problemlos kündigen, wofür es ein Lob gibt, im Zweifelsfall erhält Netflix aber Daten, die eigentlich nicht notwendig sein dürften. Dass der Dienst eine generelles Interesse am Nutzer und seinem Verhalten hat, wird spätestens im nächsten Schritt klar. Hier sollen aus diversen Vorschlägen drei Filme oder Serien ausgewählt werden, die man entweder gesehen hat oder die man noch sehen möchte. Daraus werden im Hintergrund Schlüsse in Bezug auf möglicherweise passende Inhalte gezogen und präsentiert.

Netflix auf Apple TV: Die Übersichtlichkeit variiert mit der genutzten Plattform

Im Test waren die Vorschläge jedoch eher unpassend: Aus „Suits“ und „House of Cards“ schlussfolgerte Netflix, dass Interesse an „Bojack Horseman“, „Mord mit Aussicht“ und „Ladykracher“ bestehen könnte. Im Laufe der Zeit dürfte die Auswahl jedoch treffender werden, so berichten es zumindest Nutzer aus anderen Ländern, in denen der Dienst bereits seit einiger Zeit verfügbar ist. Bis es soweit ist, hilft lediglich die integrierte Suche. Über die lassen sich Inhalte über Titel, Darsteller, Regisseur und andere Schlagwörter suchen, die Treffer enthalten dabei in der Regel auch ähnliche Filme und Serien. Ein Beispiel: Wird nach „The Dark Knight“ gesucht, bietet Netflix unter anderem „Captain America“ und „Thor“ an - ebenfalls Comic-Verfilmungen.

Katalog mit vielen Lücken

Während die Suche an sich gut integriert und leicht bedienbar ist, zeigt sie jedoch die derzeit größte Schwäche: Fehlende Inhalte. Für unseren Test nutzten wir die bekannte Filmdatenbank IMDb, genauer die Listen mit den am besten bewerteten Filmen und Serien. In beiden Kategorien konnte Netflix nicht überzeugen. Von den zehn Serien mit der höchsten Wertung sind lediglich vier - „Band of Brothers“, „Breaking Bad“, „Sherlock“ und „Firefly“ - verfügbar, von den zehn besten Filmen mit „Zwei glorreiche Halunken“ sogar nur einer.

Netflix auf dem iPad: Die Wiedergabe kann problmlos auf einem andere Gerät fortgesetzt werden

Klassiker wie „Der Pate“, „Pulp Fiction“ oder „Schindlers Liste“ sucht man vergebens. Dabei könnte man die Liste bekannter Filme und Serien, die fehlen, beinahe endlos fortführen. So steht kein „Batman“-, „Superman“-, „Star Trek“-, „Star Wars“- oder „James Bond“-Teil zur Verfügung, aktuelle Serien wie „Revenge“, „Castle“, „Hostages“, „Marvel’s Agents of S.H.I.E.L.D.“ oder „Person of Interest“ fehlen ebenso. Immerhin ist ein großer Teil der Netflix-Eigenproduktionen vorhanden, wenn auch nicht immer mit den aktuellste Episoden.

Entsprechend stehen die ersten beiden Staffeln der prämierten Serie „House of Cards“ bereit, ebenso „Penny Dreadful“ und „Orange is the new Black“. Der Grund für viele fehlende Serien liegt in der komplizierten Rechtevergabe. So hält beispielsweise Sky die Rechte an der Erstausstrahlung diverser Netflix-Serien, Konkurrenten wie HBO dürften hingegen keinerlei Interesse daran haben, ihre Produktion Netflix zur Verfügung zu stellen - vermutlich dürfte „Game of Thrones“ es deshalb nicht in den Katalog schaffen.

Viele Plattformen, schneller Start

Doch abseits der verfügbaren Inhalte kann der Dienst überzeugen. Verfügbar ist er bereits auf einer Vielzahl von Plattformen, darunter auf der PlayStation 4, der Wii U, aber auch im Browser oder auf der Settop-Box Apple TV. Auf allen getesteten Geräten - PlayStation 4, Apple TV, Android- und iOS-App, Desktop-Browser - gab es keinerlei Probleme. Nach dem Einloggen wurden binnen weniger Sekunden die identischen Vorschläge präsentiert, ebenso wäre es möglich gewesen, begonnen Episoden oder Filme an der Stelle der Unterbrechung fortzusetzen. Allerdings unterscheiden sich alle Clients in Sachen Bedienung, hier ist die genutzte Plattform ausschlaggebend. Den höchsten Komfort bietet naturgemäß der PC, gefolgt von den verfügbaren Smartphone- und Tablet-Applikationen. Das Schlusslicht bildet Apple TV, sofern man lediglich die mitgelieferte Fernbedienung nutzt. Im Gegenzug bietet Apples Settop-Box die beste Navigation innerhalb der Staffeldarstellung einer Serie - selbst im Desktop-Browser fällt die Übersichtlichkeit schlechter aus.

Netflix auf der PlayStation 4: Nahezu alle aktuellen Konsolen werden unterstützt

Bei der Wiedergabe gab es hingegen keine Unterschiede. Schon nach wenigen Sekunden erschienen die ersten Szenen, Ladebalken oder ähnliches tauchten nicht auf - für den Test wurde ein VDSL50-Anschluss genutzt. Hinsichtlich der Bildqualität gab es keine Auffälligkeiten, je nach Inhalt stehen SD- und HD-Auflösungen (720 und 1.080 Zeilen) bereit. Und auch beim Ton gab es nichts zu kritisieren, sieht man einmal davon ab, dass lediglich Stereo geboten wird. Auf Wunsch bietet Netflix bei vielen Filmen und Serien neben der deutschen auch die englische Tonspur an, im Test fehlte letztere nur bei deutschsprachigen Produktionen. Für Schwerhörige oder Taube dürften die Untertitel, die ebenfalls häufig in Deutsch und Englisch verfügbar sind, ein großer Mehrwert sein.

Ein erstes Fazit

Was also bleibt nach den ersten Stunden Netflix Deutschland hängen? Zunächst einmal fallen die Preise nicht so attraktiv wie erhofft aus, Mit knapp 8 Euro pro Monat beginnt der Einstieg - ein Gerät, nur SD-Auflösung - vergleichsweise hoch, für etwa 9 Euro wird immerhin HD-Material sowie die Möglichkeit, parallel auf zwei Geräten zu schauen, geboten. Den teuersten Tarif mit annähernd 12 Euro im Monat dürfte nur eine Minderheit nutzen. Stellt man den Preisen das Gebotene gegenüber, fällt das Fazit eher mäßig aus. Nicht nur, dass viele populäre Filme und Serien fehlen, auch an Aktualität mangelt es. Wer auf die neuste Staffel seiner Lieblingsserie nicht lange warten will, kommt an Sky hierzulande nicht vorbei, Netflix liegt in etwa gleichauf wie die Veröffentlichungen auf DVD und Blu-ray.

Hinzu kommen am Ende die anfangs erwähnten Schwächen sowie einige Komfortmerkmale, die einige Konkurrenten bieten - beispielsweise eine Offline-Wiedergabe. Einen (kostenlosen) Blick ist Netflix aber allemal wert, vor allem wenn Wert auf englischen Ton gelegt wird, eine langfristige Bindung derzeit aber nicht.

Quellen und weitere Links

Werbung

KOMMENTARE (15) VGWort