Die Story geht so: Die Autokonzerne erreichen mit dem von ihnen derzeit verkauften Mix an Verbrennern und E-Autos die CO2-Vorgaben der EU. Mehr E-Autos müssen sie vorerst also nicht absetzen. Deshalb haben sie sich in den zurückliegenden Monaten einem anderen, aus ihrer Sicht mindestens ebenso wichtigen Ziel zugewandt: Gewinn zu machen. Viele Volumenhersteller haben große Schwierigkeiten, die angekündigten Renditeziele zu schaffen. Also kurbeln sie durch niedrige Preise den Absatz von Benzinern und Dieseln an, weil sie mit ihnen deutlich mehr Geld verdienen als mit Elektroautos. Und der Klimaschutz? Kommt später. Erst wenn die CO2-Zielwerte der EU in den kommenden Jahren weiter absinken, sind die Hersteller tatsächlich dazu gezwungen, deutlich mehr E-Autos abzusetzen.
Dass dies nicht bloß eine krude Spekulation ist, räumen Insider aus der Autoindustrie im Hintergrund durchaus offen ein. In den kommenden Monaten und Jahren, so erklärt es etwa ein hoher VW-Manager, hätten die traditionellen Autokonzerne mit ihrem Verbrenner-Portfolio noch mal eine letzte Chance, vor allem mit Benzinern die Renditen aufzubessern. Auch wenn das Angebot an E-Modellen parallel weiter hochgefahren werden, werde also wohl noch eine Weile ganz pragmatisch entschieden: pro Kasse, contra Klimaschutz.
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BMW liegt mit 9,6 Prozent Umsatzrendite im ersten Halbjahr im oberen Bereich des versprochenen Korridors (8 bis 10 Prozent), Mercedes ist 10,2 Prozent ebenfalls im Rahmen (10 bis 11 Prozent). Beide Hersteller versuchen, ihre E-Autos durch vergleichsweise niedrige Preise auf die Straße zu bringen, wie das Center Automotive Research (CAR) aus Bochum herausgefunden hat. „Auffällig ist, dass die deutschen Premiumautobauer, allen voran BMW, die Preisspanne zwischen dem Elektroauto und dem Verbrenner eher klein gestalten“, heißt es in einer aktuellen CAR-Studie.
Für die Studie wurden die tatsächlichen Verkaufspreise von 20 Elektroautos mit den tatsächlichen Verkaufspreisen von vergleichbaren Verbrennern verglichen. Durchschnittlich waren die E-Autos 21 Prozent teurer. Die Werte der einzelnen Hersteller gehen dabei jedoch weit auseinander. BMW begnügte sich mit einem Plus von 6 Prozent beim E-Modell iX1 und 8 Prozent beim i4 gegenüber den Vergleichsmodellen aus der Verbrennerwelt. Dementsprechend erfolgreich ist BMW derzeit auch beim Absatz von E-Autos. Bei Mercedes betrugen die Unterschiede zwischen 7 und 15 Prozent.
Ganz anders dagegen ist das Bild bei Volumenherstellern wie Volkswagen oder Stellantis. Der VW ID.3 etwa ist satte 40 Prozent teurer als der vergleichbare VW Golf, ebenso groß ist der Abstand zwischen ID.5 und VW Passat. Der elektrische Opel Corsa und die E-Version des Peugeot 208 (beide Stellantis) schocken gar mit durchschnittlich 79 Prozent Preisaufschlag gegenüber ihren Verbrenner-Geschwistern.
Der Grund für die Preisgestaltung liegt auf der Hand: VW und Stellantis müssen dringend Geld verdienen – und wollen deshalb nicht E-Autos losschlagen, die keine große, vielleicht sogar eine negative Rendite haben. Bei der Marke VW sank die Umsatzrendite im ersten Halbjahr auf 2,3 Prozent - Zielvorgabe von Konzernchef Oliver Blume sind aber 6,5 Prozent. Auch bei Stellantis sinken die Renditen, nicht aber die Ansprüche: Eine „auf jeden Fall zweistellige“ Umsatzrendite hat CEO Carlos Tavares für 2024 versprochen, dabei hat der Konzern aktuell größte Mühe, überhaupt die 10-Prozent-Marke zu verteidigen.