[OT]Im Endeffekt geht es bei den meisten sog. "Innovationen" ja nicht wirklich um Innovation, sondern darum mit bekannten Methoden neue Wege zu finden das Geld in Fluss zu halten - der technische oder gesellschaftliche Nutzen ist oftmals fraglich wenn überhaupt vorhanden und in der Gesamtbilanz ist es in vielerlei Hinsicht oft ein Rückschritt gegenüber früheren Zeiten. Sich da einfach anzupassen und es über sich ergeben zu lassen ist genau das was letztlich dazu führt, dass z. B. der indirekte gesellschaftliche und Volkswirtschaftliche Schaden der dadurch entsteht, ins Unermessliche steigt und irgendwann alles zusammenbricht. Dann hat man von all den schönen neuen "Errungenschaften" überhaupt nichts mehr.
Solche Fälle wie das Smartphone-bedingte Zugunglück zwischen Bad Aibling und Kolbermoor sind da ja nur die Spitze des Eisbergs. Die allgemeine Verblödung die durch die übliche, nicht sachgerechte Nutzung von Smartphones gefördert wird, ist imho ein noch viel größerer Schaden. Um beim Beispiel zu bleiben: An sich ist ein Smartphone ja nichts Schlimmes, ja manchmal sogar nützlich, aber es hat sich durch deren Verbreitung eben auch allerhand Kontraproduktives entwickelt, was letztlich zur Verblödung und politischer Orientierungslosigkeit bei großen Gruppen der Bevölkerung führt. Daran ist nicht das Smartphone als Stück altbekannte Technik schuld, aber dessen Verbreitung hat z. B. die Entwicklung digitaler Parallelgesellschaften mit unterdurchschnittlichem geistigen Niveau, wie YT, FB, Twitter und Co., eben maßgeblich verstärkt. Diese nichttechnischen Auswirkungen werden beim Thema Smartphones aber stets übersehen. Stattdessen betäubt man sich lieber mit immer neuen technischen Spielereien und dem wirtschaftlichen Erfolg dieser Spielzeuge. Diese Taktik wird meiner Überzeugung nach aber auf lange Frist deutlich weniger Vorteile als Nachteile mit sich bringen. Was machen wir z. B. in Zukunft mit all den Smartphone-Geschädigten, die ihre Fähigkeiten Wissen und know how zu erwerben, oder ihr Allgemeinwissen und in manchen Fällen sogar ihre selbstständige Überlebensfähigkeit zugunsten ihres Spielzeugs opfern? Diese ganzen Nieten werden am Ende den wenigen verbliebenen Leuten auf der Tasche liegen, die heute schon mit Müh und Not den Laden am laufen halten. Wenn aber alle einfach sagen: Das ist halt der Lauf der Dinge, dann können wir eigentlich gleich einpacken.
Was den sog. technischen Fortschritt angeht, sollte man jedenfalls auch immer mal etwas weiter über dessen Konsequenzen in anderen Bereichen nachdenken: Das alte analoge Telefonnetz, welches komplett mit Notstromaggregaten ausgestattet war und im Notfall immer funktionierte ist ein gutes Beispiel. Gut, es war vom Gesichtspunkt der Datenübertragungsraten relativ ausgereizt, weil nie dafür ausgelegt, aber durch seine Abschaffung zugunsten rein digitaler Netze, hat man z. B. die komplette strategische Bedeutung als ausfallsicheres Backup-System einfach aufgegeben. Wenn heute der Strom ausfällt und auch die Handymasten in der Umgebung davon betroffen sind, hat man heut zu Tage mit einem VOIP-Anschluss nicht mal mehr die Möglichkeit einen Notruf abzusetzen - und das ist schließlich kein unrealistisches Szenario. Zudem hat z. B. auch die Sprachqualität durch VOIP effektiv in vielen Fällen nachgelassen und Verbindungsabbrüche sind heute ja zumindest auf dem Lande eh fast schon an der Tagesordnung. Zu analog-Zeiten war das alles kein Problem. Wenn aber die ersten Fälle auftreten, bei denen Leute wegen fehlender Kommunikationsmöglichkeiten bei Stromausfall ums Leben kommen, wird man sich die alte Technik womöglich zurück wünschen, aber viel wahrscheinlicher ist dann der Aufbau eines viel aufwändigeren und komplexeren Ersatzsystems, dass dann seinerseits wieder bis Ultimo aufgerüstet werden muss, um irgendwann in ferner Zukunft mal das zu bieten was man vor Jahren bereits hatte. Nicht dass man mich falsch versteht: Ich habe nicht das Geringste gegen schnelle Digitalnetze - am besten auf Glasfaserbasis bis ins Gebäude - aber man sollte die Vorteile solcher Technik auch immer im Gesamtbild dessen sehen, was man durch ihren Einsatz womöglich verliert.
Dass die Taktik des dauernden Standardwechsels und der zwischenzeitlich in allen Bereichen im Dauer-Umbau befindlichen Infrastruktur nur das Schein-Wachstum am Leben erhält auf das sich unser Wirtschaftsystem ja als allgegenwärtige Doktrin eingeschworen hat, um weiter Schulden anhäufen zu können, ist jedenfalls unübersehbar. Leider kann man aber eben auch hier darauf zählen, dass die Masse der Bevölkerung das trotzdem immer nur als "technischen Fortschritt" wahrnehmen wird und die Nachteile, wenn sie dann zutage treten nicht mehr damit in Verbindung gebracht werden. In Wirklichkeit geht meiner Überzeugung nach technisch schon seit Jahren nicht mehr viel voran - auch weil der reale Aufwand für echte Fortschritte immer höher wird. Statt aber strategisch vorzugehen und die Schritte, die wirklich zu realen Verbesserungen führen würden, so anzugehen, dass es am Ende auch was nützt, zäumt man regelmäßig das Pferd vom Schwanz her auf. Zudem läuft Wirtschaft im Moment rein nach dem Motto: "Der Weg ist das Ziel, und ob dieser in die richtige Richtung führt ist vollkommen egal". Meiner Ansicht nach muss man Ziele aber auch mal erreichen und dann einen gewissen Status Quo auch über längere Perioden unangetastet lassen, damit sich all die Optimierungseffekte, die sich im Laufe der Zeit automatisch ergeben, überhaupt etablieren können. Heute wird hingegen jede Entwicklung, noch bevor sie Gelegenheit hatte ihr Potential auszuspielen, entweder auf halbem Weg eingestampft oder durch etwas noch moderner wirkendes ersetzt - und das alles nur um das Geld im Fluss zu halten und nicht um wirklich voran zu kommen.
Auch am falschen Ende anzufangen ist ein äußerst beliebtes Spiel heut zu Tage. Ein Beispiel ist z. B. auch die Elektromobilität. Was nutzen Elektroautos wenn der Strom nach wie vor im Wesentlichen aus Braunkohle und in Kernspaltung gewonnen wird und die Netze nicht auf hohes Ladeströme ausgelegt sind? In der Gesamtbilanz sind Elektroautos heute die größten Dreckschleudern die auf den Straßen unterwegs sind. Auch dadurch, dass Deutschland fast den gesamten Ökostrom der EU aufkauft und sich deshalb eine hohe Ökostrom-Quote auf die Fahnen schreiben kann, ändert nichts daran, dass der tatsächliche Ausbau äußerst schleppend vorangeht und sich am realen Strommix im Netz nur sehr langsam etwas ändert. Eigentlich müsste erst die Energiewende größtenteils geschafft sein, die Netze ausgebaut und eine Regelenergienutzungs-Strategie dafür vorhanden sein, bevor man sich ernsthaft mit Elektroautos beschäftigt (mal ganz abgesehen von deren grundsätzlichen technischen Problemen in Bezug auf die Akkus, wo keinerlei Lösung in Sicht ist). Das einzige Argument was heute schon für Elektroautos spricht ist die Tatsache, dass der Schadstoffausstoß aus den Städten heraus verlagert wird.
Langfristige Entwicklungen und Strategien finden hingegen einfach nicht mehr statt, oder werden zerredet, bevor sie überhaupt effektiv werden.[/OT]