Bis zum 31.12.2001 sah § 361a Abs. 2 Satz 4 und 5 BGB a.F. vor, dass der Verbraucher dem Unternehmer nur dann die Wertminderung oder den Wert der rückzugewährenden Leistung ersetzen musste, wenn er die Verschlechterung, den Untergang oder eine sonstige Unmöglichkeit der Rückgewähr zu vertreten hatte. Andernfalls waren bei Rückabwicklung lediglich die Gebrauchsvorteile zurückzuerstatten. (§ 361a Abs. 2 Satz 6 BGB a.F.). § 361a Abs. 2 Satz 6 Halbs. 2 BGB a.F. stellte ausdrücklich klar, dass eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme einer Sache oder Inanspruchnahme einer sonstigen Leistung entstandene Wertminderung bei der Berechnung des Ersatzanspruchs außer Betracht zu bleiben habe. Der Verbraucher haftete also nicht für eine Abnutzung, die durch einen bestimmungsgemäßen Gebrauch entstand. Einen solchen Wertverlust hatte der Unternehmer im Falle der Rückabwicklung stets selbst zu tragen (´Rücknahme gebraucht statt neu´).
Seit dem 1.1.2002 regelt § 357 Abs. 3 BGB die Frage, welche Vertragspartei einen durch Ingebrauchnahme entstandenen Wertverlust zu tragen hat, abweichend von der bis dahin geltenden Rechtslage. § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB bestimmt, dass der Verbraucher grundsätzlich auch die durch eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Wertminderung zu ersetzen hat. Der Gesetzgeber hat hier bewusst eine Ersatzpflicht eingeführt, die im Falle der Rückabwicklung eines Vertrages nach Ausübung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts nicht besteht (vgl. § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Die unterschiedliche Behandlung von verbraucherschützendem Widerrufsrecht und gesetzlichem Rücktrittsrecht ist dadurch gerechtfertigt, dass der Widerruf - anders als die Ausübung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts - keine Vertragsverletzung des Unternehmers voraussetzt (vgl. BT-Drucks. 14/6040, 199). Der Unternehmer hat keine Möglichkeit, auf die Ausübung des Widerrufsrechts Einfluss zu nehmen. Er kann die Ausübung des Widerrufsrechts nicht dadurch abwenden, dass er seine Leistungsverpflichtung rechtzeitig, vollständig und mangelfrei erfüllt.
Diese Änderung wird in der juristischen Literatur von namhaften Professoren als Verstoß gegen EU-Recht kritisiert, weil der Verbraucher so davon abgehalten wird, sein Widerrufsrecht auszuüben. Nach der Fernabsatzrichtlinie soll der Verbraucher vor einem faktischen Kaufzwang geschützt werden. Er soll eine Überlegensfrist haben, in der er das Produkt testen und sich überlegen kann, ob er es behalten will.
Der Unternehmer kann dem Verbraucher daher nicht die Pflicht auferlegen, auch die durch eine bloße Prüfung gelieferter Sachen entstehende Wertminderung zu tragen. Eine solche Prüfung stellt schon der Sache nach keine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme einer Ware i.S.v. § 357 Abs. 3 dar. § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB stellt dies noch einmal ausdrücklich klar. Eine Wertminderung, wie sie beispielsweise durch das Entpacken eines Kleidungsstückes oder eines Buches zum Zwecke der Prüfung entsteht, trägt damit stets der Unternehmer.
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass allein das Auspacken der Ware keine Ingebrauchnahme darstellt. Denkbar ist ja auch, dass der Kunde die Ware auspackt, aber ansonsten unangetastet lässt. Es muss nach dem Gesetz aber eine Funktionsprüfung möglich sein. Auch wenn das Auspacken (was uns bewusst ist) faktisch zu einer Wertminderung führt, bleibt dies nach geltendem Recht unberücksichtigt. Ein Abzug kommt allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Verschlechterung der Sache (§ 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB) in Betracht. In diesem Fall wird aber nicht die Ware, sondern die Verpackung beschädigt. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat hier kürzlich ein bislang unveröffentlichtes Urteil vor dem OLG Hamm erwirkt (Urt. v. 10.12.2004, 11 U 102/04, wir werden in Kürze ausführlich berichten), das klarstellt, dass der Kunde nicht verpflichtet ist, die Ware in Originalverpackung zurück zu senden, und dass eine entsprechende AGB-Klausel das Widerrufsrecht unzulässig einschränkt (auch wenn sie nur als Bitte formuliert ist). Die Verpackung der Kaufsache dient demnach allein der Abwicklung des Geschäfts, ihr Zweck beschränke sich auf den Schutz der Ware vor transportbedingten Beschädigungen. Die Pflicht zur Verpackung treffe dabei den Verkäufer. Bei der Rückabwicklung des Vertrages ergebe sich zwar eine vergleichbar ausgestaltete Pflicht des Käufers, die Kaufsache gegen Gefahren geschützt zurück zu senden; die Verwendung der Originalverpackung sei dabei aber nicht zwingend.
Angesichts dieser sehr weitgehenden Rechtsprechung und der bisherigen Rechtsprechung des BGH zum fernabsatzrechtlichen Widerrufsrecht ist davon auszugehen, dass weder aus dem Gesichtspunkt der Ingebrauchnahme noch dem der Verschlechterung infolge fehlender Originalverpackung Abzüge vorgenommen werden können. Abzüge können nur vorgenommen werden, wenn der Verbraucher die Ware tatsächlich benutzt oder beschädigt.