Bekannter Akku mit wenigen Fortschritten
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Gespart hat Huawei am Akku, zumindest im direkten Vergleich. Denn obwohl das P10 über das kleinere Gehäuse verfügt, verfügt der Energiespeicher dort über eine um rund 6 % höherer Kapazität und übertrifft somit die 3.000 mAh des P10 lite. Der Grund hierfür könnte die Gleichteilestrategie sein - schon im P9 und P9 lite steckten Akkus mit dem gleichen Fassungsvermögen. Orientiert man sich deshalb an diesen beiden Geräten, konnte Huawei die Laufzeiten teilweise verbessern.
Auffällig ist das vor allem in der Video-Schleife mit lokal hinterlegtem Full-HD-Material. Hier hielt das P10 lite fast 10,5 Stunden durch, ein Plus von etwa 30 % gegenüber dem P9 lite. Keine echte Verbesserung hat es hingegen im PCMark gegeben. Mit acht Stunden liegt die Abweichung im Bereich der Messtoleranz. Mit beiden Werten bewegt sich das P10 lite im Mittelfeld der Tabellen, was angesichts der Akkukapazität und des SoCs ein Stück weit negativ überrascht.
Dem gegenüber steht jedoch eine gute Alltagsausdauer. Im simulierten Praxiseinsatz kam das P10 lite rund zwei Tage ohne Ladegerät aus, Power User dürften gut einen Tag ohne Laden auskommen.
Erfreulich schnell geht das Wiederbefüllen vonstatten. Denn Huawei hat dem P10 lite die eigene Schnellladetechnik Fast Charge spendiert, die eine komplette Ladung binnen 100 Minuten verspricht; im Test wurde wenige Minuten mehr benötigt. Möglich wird dies durch das mitgelieferte Netzteil, das ausgangsseitig maximal 18 W liefert. Eine drahtlose Wiederbefüllung oder gar den einfachen Wechsel des Akkus hat Huawei aber erneut nicht vorgesehen.
Ohne Dual-Kamera nicht überzeugend
Wer gehofft hat, dass Huawei im Jahr 2017 das wichtigste Merkmal der P-Reihe auch dem lite-Ableger spendieren würde, dürfte enttäuscht sein. Denn auch das P10 lite muss - wie schon der Vorgänger - ohne die Dual-Kamera-Lösung des Namensspenders auskommen. Aber nicht nur deshalb verpasst man die Chance, sich mit der Kamera vom Wettbewerb abzusetzen.
Der 12-Megapixel-Sensor und die Optik mit Blende f/2,2 schaffen es im Zusammenspiel mit der Software nicht, ein konstant hohes Niveau zu halten. Bei guten Lichtverhältnissen werden Farben und Details weitestgehend natürlich festgehalten, stellenweise wird aber zu stark nachgeschärft. Probleme hat das P10 lite aber auch mit eher komplexen Lichtsituationen, in denen der HDR-Modus eigentlich aushelfen sollte. Der muss auch hier ohne Automatik auskommen und schafft es leider nur selten, die Helligkeit und damit Detailgrad und Farben richtig zu balancieren. Zudem wirken Helligkeitsübergänge mitunter zu hart, auffällig ist dies vor allem bei Schatten. Und da das Smartphone auch bei schlechten Lichtverhältnissen mit kleineren Probleme wie frühem Bildrauschen zu kämpfen hat, ist die Qualität der Kamera nur durchschnittlich.
Nicht viel anders sieht es bei Videos aus, die maximal in Full HD aufgenommen werden können und unter den gleichen Schwächen leiden. Leicht über dem Schnitt landet die Frontkamera mit ihren 8 Megapixeln sowie Blende f/2,0. Hier gefällt vor allem der Portrait-Modus, der für ein leichtes Bokeh sorgt.
Die Kamera-Applikation kennt man in der Grundform schon von den letzten Huawei-Modellen ohne Leica-Kooperation, nur in Details gibt es kleinere Abweichung - bedingt durch hinzugekommene oder fehlende Funktionen. Sowohl für Fotos als auch Videos gibt es dedizierte Pro-Modi, hinzu kommen eine Zeitraffer-Funktion sowie Helfer für die üblichen Szenarien wie Panoramen, Leuchtspuraufnahmen und ähnliches. Der Aufbau ist übersichtlich, Neulinge finden sich schnell zurecht.
Mehr P9 als P10
Konnte man 2015 und 2016 noch ein Auge zudrücken und dem vollwertigen P-Modell und seinem lite-Ableger ein sehr ähnliches Design und damit eine gewisse Verwandtschaft unterstellen, hat sich das in diesem Jahr erledigt. Nicht nur, dass die Lage der Fingerabdrucksensoren einen großen Unterschied macht, auch beim Rahmen gibt es Abweichungen. Hat das P10 bei letzterem eine neue Linienführung begründet, wird man beim P10 lite ins Jahr 2016 zurückgeworfen. Denn Pate stand hier unübersehbar das P9 mit der beidseitigen Fase sowie der leichten Wölbung. Das ist per se kein Manko, führt die Namensgebung aber ebenso wie einige andere Details ad absurdum.
Davon abgesehen wirkt das P10 lite optisch gelungen. Es dominiert eine eher kühle und schliche Optik, kleinere Spielerein lockern das Ganze aber auf. Dazu gehören der silberne Rahmen des Fingerabdrucksensors, die farblich zur Rückseite passenden Antennen-Isolatoren, aber auch die Lichtreflexionen. Zwischen Metallrückseite und darüberliegender Glasscheibe hat Huawei eine dünne Effektschicht aufgebracht, die einfallendes Licht je nach Blickwinkel unterschiedlich spiegelt. Ganz besonders auffällig ist dies beim blauen Modell, aber auch beim weißen Exemplar, das für den Test zur Verfügung stand, ist dies zu beobachten.
Die Verarbeitung ist überzeugend, ein wenig Kritik verdient jedoch der Karten-Träger am linken Rand. Denn dessen Farbgebung stimmt nicht mit der des restlichen, aus Metall bestehenden Rahmens überein.
Bezüglich Ergonomie gibt es beim 146,5 x 72,0 x 7,2 mm großen und 146 g schweren P10 lite keine Auffälligkeiten. Die Bedienung mit nur einer Hand ist nicht möglich, was auch am recht verschwenderischen Umgang mit dem Platz auf der Front liegt. Das Display nimmt hier weniger als 71 % ein, ein eher schlechter Wert. Im Gegenzug sind die rechts platzierten Tasten für Lautstärke und Standby gut erreichbar.
Fast die Software des P10
In der Oberklasse ist der Einsatz von Android 7 inzwischen Usus, in den darunterliegenden Preisbereichen gibt es hingegen Unterschiede. So hat HTC das U Play mit Android 6 auf den Markt gebracht, Samsung konnte sein Versprechen, das Galaxy A3 (2017 und Galaxy A5 (2017) mit der neuen Fassung zu verkaufen, nicht halten. Deshalb ist es erfreulich, dass Huawei auf die aktuelle Version des Betriebssystems setzt und dem P10 lite darüber hinaus auch gleich EMUI 5.1 spendiert.
Damit kann sich das neue Modell minimal von den beiden anderen lite-Smartphones absetzen. Denn die erhalten lediglich EMUI 5.0. Was nur wie ein marginaler Unterschied klingt, könnte am Ende aber ganz anders sein. Denn die jüngere Version der Huawei-Oberfläche verfügt über mehrere kleine Helferlein, die für eine flüssige Bedienung sorgen sollen. Wie auch beim P10 sorgt Ultra Memory dafür, dass häufig genutzte Applikationen beim RAM-Handling bevorzugt behandelt werden - das resultiert nach eigenen Angaben in kürzeren Ladezeiten sowie einem schnelleren Umschalten zwischen laufenden Programmen. Ultra Response versucht hingegen die nächsten Eingaben auf dem Touchscreen hervorzusehen, um Latenzen zu minimieren. Wie schon beim P10 war beides im Test nicht nachvollziehbar, nach einigen Monaten der Benutzung könnte dies jedoch der Fall sein.
Verzichten muss man hingegen auf die Integration von Quik. Die von GoPro entwickelte rudimentäre Video-Schnitt-Software hilft Nutzern eines P10 beim schnellen Erstellen von Clips auf Basis von Fotos und Videos, die auf dem Smartphone gespeichert sind. Das Fehlen kann aber leicht behoben werden, schließlich steht die Applikation im gleichen Umfang im Google Play Store zur Verfügung.
In allen anderen Punkten gibt es hingegen keine Abweichungen. Schon seit EMUI 5.0 besteht die Wahl zwischen Huawei-typischer App-Anordnung oder einem klassischen App Drawer. Ebenso kann das Erscheinungsbild der Oberfläche mannigfaltig den eigenen Vorlieben entsprechend angepasst werden. Zu den weiteren Abweichungen gegenüber „Vanilla“-Android gehören die sogenannten Knuckle Codes, die das Starten von Programmen und anderes per Fingerknöchelgeste erlauben. Die Bedienung ist in weiten Teilen einsteigerfreundlich, nur die Optionen sind stellenweise zu verschachtelt aufgebaut. Zunächst störend sind die diversen ab Werk installierten Drittanbieter-Applikationen, die allerdings vollständig entfernt werden können.
Fazit
Verdiente sich Huawei in den letzten Monaten fast durchgängig gute bis sehr gute Bewertungen für seine Smartphones, sieht es beim P10 lite anders aus. Das liegt an der für Außenstehende nicht erkennbaren Strategie, die das Unternehmen derzeit zu verfolgen scheint und die frappierend an Samsung vor etwa drei Jahren erinnert. Mit einer Vielzahl von Modellen, die sich teilweise kaum voneinander unterschieden, sorgten die Südkoreaner seinerzeit für Kritik von Verbrauchern und Testern, nur langsam schwenkte man auf eine kleinere Palette um.
Wer das nicht glauben kann: Im Preisbereich (Straßenpreis) von 200 bis 400 Euro bietet Huawei derzeit fünf verschiedene Smartphone mit einer Display-Diagonalen von 5 bis 5,2 sowie mindestens 3 GB RAM an. Begrenzt man den Bereich auf 300 bis 400 Euro, bleiben mit dem nova, P10 lite und P9 immer noch drei Modelle übrig. Und von diesen dreien ist das P10 lite objektiv betrachtet das schlechteste Smartphone. Das nova bietet eine höhere Leistung sowie eine etwas bessere Kamera, das P9 liegt hingegen in nahezu allen Bereichen klar vor dem P10 lite. Hier reichen eine überzeugende Verarbeitung sowie das gute Display nicht aus - obwohl es keine gravierenden Mängel gibt.
Im Vergleich mit dem Wettbewerb landet das P10 lite so irgendwo im Mittelfeld.
Und wie problematisch der Preis ist, zeigt sich auf gleich zwei Arten. Eine vergleichbare Ausstattung und Leistung bietet einerseits ein Gerät wie das Moto G5 Plus für etwa 280 Euro, auf der andere Seite warten hingegen die hauseigenen Konkurrenten P9 lite und P8 lite (2017) für etwa 240 Euro und 230 Euro. Beide sind in puncto Leistung und Laufzeit vergleichbar und laufen unter Android 7 - oder sollen es in Kürze.
Nicht zuletzt das führt dazu, dass das P10 lite keine Empfehlung erhält. Es fehlen ein Alleinstellungsmerkmal sowie erkennbare Parallelen zum P10.
Positive Eindrücke des Huawei P10 lite:
- Speicher erweiterbar
- insgesamt gutes Display
- sehr gute Verarbeitung
Negative Eindrücke des Huawei P10 lite:
- Akku fest verbaut
- kein USB Typ-C
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