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Wer den eigenen Fernseher vergleichsweise einfach um Streaming-Dienste oder besondere Multimedia-Funktionen erweitern will, kommt in Deutschland kaum um Apple TV oder Chromecast herum. Zwar unterscheiden sich die beiden Geräte klar voneinander, dennoch sind aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten so etwas wie die Platzhirsche. Mit Fire TV will Amazon nun etwas von diesem Erfolg abhaben, zumindest die ersten Verkaufszahlen deuten an, dass dies gelingen kann.
Denn wer jetzt ein eigenes Exemplare bestellt, muss aufgrund der Nachfrage bis mindestens Mitte Dezember warten. Genügend Zeit also, um sich mit den Stärken und Schwächen der Settop-Box auseinanderzusetzen.
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Hardware
Zunächst einmal lohnt ein Blick auf die Technik. Denn diese spielt eine bedeutendere Rolle als bei der Konkurrenz, schließlich sollen nicht nur Musik und Videos wiedergegeben werden, auch als Spielekonsole kann Fire TV nach Ansicht Amazons genutzt werden. Vor allem Spiele machen Gebrauch vom verbauten Qualcomm Snapdragon 600 APQ8064T, der unter anderem auch im Samsung Galaxy S4 eingesetzt wird. Der Quad-Core-SoC erreicht mit seinen vier Krait-300-Kernen maximal 1,7 GHz, weitaus wichtiger ist jedoch die GPU vom Typ Adreno 320. Denn gerade diese ist es, die für weite Teile der Leistung wichtig ist.
Zu den weiteren Komponenten gehören 2 GB Arbeitsspeicher, ein nicht erweiterbarer interner Speicher mit einer Kapazität von 8 GB sowie Dual-Band-WLAN nach n-Standard und Bluetooth 4.0. An Anschlüssen stehen HDMI, Ethernet, USB und ein optischer Audio-Ausgang zur Verfügung. Über einen Infrarot-Sender verfügt die 115,0 x 115,0 x 17,5 mm große und 281 g schwere Box nicht, angebunden wird die mitgelieferte Fernbedienung per Bluetooth. Der große Vorteil: Eine direkte Sichtverbindung zwischen Fire TV und Fernbedienung ist zur Steuerung nicht notwendig. Allerdings benötigt der Kurzstreckenfunk mehr Energie als die klassische Infrarot-Kommunikation.
Das Eingabegerät selbst ist knapp, aber nicht so spartanisch wie Apples Gegenstück bestückt. Die Bedienung erfolgt über acht Tasten sowie ein Steuerkreuz in Ringform.
Was Fire TV hingegen nicht bietet, fällt nach dem Ende der ersten Nutzung auf. Denn einen Ausschalter hat Amazon seiner Box nicht spendiert. Stattdessen versetzt sie sich nach 30 Minuten Inaktivität selbstständig in den Standby-Modus, in dem bei Bedarf Updates und ähnliches heruntergeladen und installiert werden können. Zwar genehmigt sich Fire TV nur wenig Strom, in Summe dürften im Jahr aber ein paar Euro zusammenkommen.
Software
Beim Betriebssystem verlässt Amazon sich einmal mehr auf die Eigenentwicklung Fire OS auf Basis von Android. Zum Einsatz kommt Version 3.0, die wiederum Android 4.2.2 als Ausgangspunkt verwendet. Wie auch bei den Kindle-Tablets oder dem Fire Phone stehen Google-Applikationen nicht bereits, über Amazons eigenen App Store können Programme jedoch nachträglich bezogen werden. Im Falle des Fire TV ist dies allerdings nur in einem eingeschränkten Rahmen möglich, die zur Verfügung stehende Auswahl ist deutlich geringer als auf Tablet und Smartphone.
Technisch versierte Nutzer können über Drittanbieterlösungen jedoch die sogenannten APKs, also Programmdateien, auf die Settop-Box übertragen und dort ausführen. Aber nicht nur in diesem Punkt liegt man klar vor Apple TV und Co., auch in Hinblick auf die Modifizierungsmöglichkeiten punktet Fire TV. Das populärste Beispiel dürfte dabei XBMC sein. Die Medien-Center-Lösung lässt sich ebenfalls über Drittanbieterlösungen auf der Box installieren, womit letztendlich auch im Netzwerk vorhandene Medien wiedergegeben werden können. Der Anschluss eines USB-Laufwerks ist hingegen nicht möglich. Denn derzeit kann der USB-Port des Fire TV nicht von USB-Sticks oder -Festplatten genutzt werden.
An der Oberfläche erinnert nur wenig an Fire OS. Amazon setzt beim Fire TV auf eine kachelartige Darstellung sowie eine thematische Unterteilung. Diese ist am linken Rand des Homescreens untergebracht und bietet unter anderem die Punkte Prime Video, Serie, Filme und Watchlist, aber auch Spiele, Apps, Musik und anderes. Einige dieser Punkte sind weiter unterteilt, beispielsweise nach neuen oder möglicherweise passenden Titeln. Optisch wirkt die Benutzeroberfläche sehr nüchtern, vor allem Schwarz und Grau dominieren. Im direkten Vergleich wirkt Apple TV hier weitaus freundlicher, mitunter zunächst aber auch unübersichtlicher.
Spätestens nach Installation mehrere Apps wendet sich das Blatt jedoch. Denn dann verspielt Fire TV seinen Vorsprung durch das teilweise mehrfache Platzieren von Verknüpfungen in verschiedenen Bereichen. Dieses Problem nimmt mit steigender Zahl der nachträglich hinzugefügten Programme zu. Unter der Möglichkeit, die Mediatheken von ARD und ZDF, Apps für die Tagesschau, Bild, ZDF Heute, Spotify und vieles mehr zu installieren, kann entsprechend am Ende die Bedienbarkeit leiden.
Bedienung
Dabei hat man sich gerade dieser bei der Entwicklung des Fire TV gewidmet. Zwar fällt die Nutzung der Fernbedienung nicht ganz so leicht wie bei Apple TV, die integrierte Suchfunktion begeistert jedoch auf Anhieb. Denn diese kann nicht nur per gewöhnlicher Eingabe des gewünschten Begriffs, sondern auch per Sprache genutzt werden. Nach einem Druck auf die entsprechende Taste auf der Fernbedienung wartet das System auf Namen von Schauspielern, Filmtitel oder Genres. Anhand der erkannten Begriffe wird dann sowohl Amazon Instant Video als auch die App-Liste durchsucht; innerhalb der Applikationen jedoch nicht. Besonders positiv fielen dabei zwei Punkte auf. Zum einen ist die Erkennungsrate auch bei englischen Namen sehr hoch, zum anderen reagiert das System sehr schnell auf das Gesprochene - obwohl die Daten zur Verarbeitung erst in Richtung Cloud geschickt werden.
Weniger gut gefällt hingegen die Navigation innerhalb der Oberfläche. Denn trotz andersartiger Darstellung kann innerhalb des Startbildschirms nicht horizontal gescrollt werden, bei Auswahl einer Kategorie wird zunächst immer ein eigener Bildschirm eingeblendet. Immerhin erleichtern Tasten für „Zurück“ und „Startbildschirm“ die Bedienung etwas.
Gut gelöst hat Amazon die erstmalige Fire-TV-Einrichtung. WLAN und Benutzerkonto lassen sich schnell einrichten, im Anschluss werden in einem comic-artigen Video die wichtigsten Funktionen vorgestellt. Negativ fiel im Rahmen des Setups nur die WLAN-Auswahl auf. Denn im Zusammenspiel mit einer Fritz!Box ließ sich die Settop-Box erst im dritten Anlauf zur Zusammenarbeit überreden, klare Fehlermeldungen wurden nicht eingeblendet.