Werbung
Herzstück einer jeder Kids Edition ist die FreeTime. Dabei handelt es sich um eine spezielle Oberfläche, die Amazon über Fire OS stülpt. Die ändert nicht nur die Standard-Optik und -Bedienphliosophie zugunsten einer kindgerechteren Darstellung, sondern bringt auch diverse Optionen mit. Die umfassen beispielsweise die Whitelist für Internet-Seiten, die über den Browser aufgerufen werden, aber auch die Konfiguration der Nutzungsdauer - das wichtigste Werkzeug für Eltern.
Hier lassen sich vergleichsweise feingliedrig Zeiten einstellen, zu denen das Kind das Tablet nutzen kann. Zur Wahl stehen dabei getrennte Kontingente für Videos, Apps und Ebooks, aber auch pauschale Zeiten für die Gesamtnutzung. Darüber hinaus lassen sich pauschale Sperrzeiten festlegen. Damit kann die Nutzung beispielsweise zwischen 19 Uhr abends und 9 Uhr morgens untersagt werden - unabhängig davon, ob noch Zeitkontingente verfügbar sind. Darüber hinaus können Kinder auch zum Lernen motiviert werden: Erst wenn bestimmte Lernziele auf dem Tablet erreicht worden sind, ist die weitere Nutzung möglich. Ob eine App für Lernziele genutzt werden kann, wird von Amazon festgelegt. Die Konfiguration kann aber nicht nur direkt über das Fire HD 10 Kids Edition erfolgen, sondern auch über das sogenannte Online-Dashboard, das per PC erreichbar ist. Hier, und auf dem Tablet, lässt sich auch die Nutzung überwachen.
Die Konfiguration der Zeiten und Einschränkungen ist tatsächlich komfortabel und schnell möglich. Zudem speichert Amazon die Einstellungen in der Cloud und übernimmt diese auf Wunsch ebenso wie die jeweiligen Nutzerkonten im Falle der Einrichtung eines weiteren Fire-Tablets. Allerdings stößt FreeTime an seine Grenzen, wenn es um das spätere Hinzufügen von Apps geht. Das ist über den Eltern-Account in wenigen Schritten möglich und erlaubt es dem Kind so beispielsweise, auch Netflix zu nutzen. Allerdings greifen dann die Zeitvorgaben nicht korrekt: Im Fall von Netflix geht die Nutzung zulasten des App-Kontingents, richtig wäre jedoch eine Abrechnung über das Video-Konto. Laut Amazon ist dies aber nicht möglich, da hierfür der Zugriff auf interne Daten der App nötig wäre.
FreeTime Unlimited
Zumindest im ersten Jahr nach dem Kauf dürfte das Hinzufügen von Apps aber überflüssig sein. Denn zum Packet gehört neben Tablet und Hülle auch eine einjährige FreeTime-Unlimited-Mitgliedschaft. Die umfasst mehrere tausend Serien, Filme, Ebooks Spiele und Lernanwendungen, die von Amazon ausgewählt und altersgerecht eingestuft werden; in Kürze sollen Audible-Hörbücher hinzukommen. Dabei verlässt man sich aber nicht auf Angaben der FSK, USK oder anderer Institutionen, sondern setzt auf eine eigene Einschätzung sowie das Feedback von Eltern. Hilfreich ist darüber hinaus, dass der Altersbereich manuell gewählt werden kann.
Ein weiterer Pluspunkt: Kinder werden nicht mit In-App-Käufen oder Werbung konfrontiert. Leider gelingt es Amazon aber nicht, Werbung komplett aus FreeTime zu verbannen. Denn der integrierte Browser verfügt über keinen Werbeblocker, zudem setzt Amazon Seiten auf die Whitelist, die mit viel Werbung versehen sind. Damit das Tablet auch während längerer Auto- oder Zugfahrten genutzt werden kann, lassen sich Filme und Serien herunterladen und somit auch ohne Internet-Verbindung wiedergeben.
Dass im Hintergrund Fire OS arbeitet, wird von FreeTime vollumfänglich kaschiert. Erst wenn die Optionen aufgerufen oder zu einem anderen Nutzerkonto gewechselt werden soll, stößt man auf Amazons Android-Derivat. An dessen Oberfläche hat sich in den vergangenen Jahren wenig getan - kein Wunder, kommt doch Fire OS 5.6.2 zum Einsatz, das seinerseits auf dem völlig veralteten Android 5.1.1 basiert. An die gegenüber Vanilla-Android abweichende Oberfläche hat man sich nach wenigen Tagen gewöhnt, an den im Vergleich geringeren App-Umfang hingegen unter Umständen auch nach Wochen noch nicht. Denn nach wie vor verzichtet Amazon darauf, die üblichen Google-Dienste ab Werk zu installieren. Allerdings rüsten selbst unbedarfte Nutzer den Play Store binnen Minuten nach, alle weiteren Apps dann im Anschluss. Wer diesen Schritt nicht gehen möchte, muss sich mit dem begnügen, was über den Amazon-eigenen App Store angeboten wird.
Sollen mehrere Fire-Tablets unter einem Amazon-Account genutzt werden, darf man sich über die Synchronisierung vieler Daten freuen - das gelingt hier besser als bei vielen anderen Android-basierten Geräten. Allerdings werden nicht nur die Konten übernommen, sondern auch die zwingend zu setzenden Sicherheitsmerkmale. Da Fire OS respektive FreeTime die Absicherung des Elternkontos mit einem Passwort oder einer PIN verlangt, wird dies für alle Geräte eingerichtet. Dies lässt sich allerdings nachträglich auf dem jeweiligen Tablet entfernen - eine entsprechende Option beim erstmaligen Einrichten einer Kinderkontos wäre allerdings dennoch wünschenswert.
Bestandteil der Software ist Alexa Hands-free. Die Funktion feiert mit dem als Grundlage dienenden Fire HD 10 ihre Premiere und erlaubt die Nutzung der Sprachassistentin auf Wunsch auch dann, wenn das Display nicht aktiv und das Tablet nicht mit dem Stromnetz verbunden ist. Allerdings gilt das nur, wenn ein Erwachsenenkonto zuletzt aktiv war - mit einem Kinderkonto kann Alexa nicht genutzt werden.
Fazit
Wann Kinder den ersten Kontakt mit Tablets und Co. aufnehmen, kann und soll der Test nicht beantworten, da selbst Experten sich nicht einig sind. Unstrittig ist, dass sie im Zuge der Erlangung von Medienkompetenz eine große Rolle spielen können und im Idealfall das Lernen mit mehr Spaß verbinden. Zudem sollte klar sein, dass es auf die richtige Mischung aus klassischem Buch und Spielzeug auf der einen und elektronischer Unterhaltung auf der anderen Seite ankommt; letztere sollte nur einen Bruchteil der Zeit einnehmen - auch wenn Amazon das möglicherweise ganz anders sieht.
Soll nach reiflicher Überlegung ein Tablet für das Kind angeschafft werden, führt kaum ein Weg an einer Kids Edition vorbei. Denn vor allem FreeTime sorgt für den entscheidenden Vorteil gegenüber den wenigen ernsthaften Konkurrenzprodukten. Die Möglichkeit, dem Kind klare Grenzen zu setzen und dabei auf Wunsch auch Lernanreize zu setzen, wird hier so umfangreich und einfach geboten wie sonst nirgends. Die wenigen Kritikpunkte zeigen aber, dass das Kind mit dem Fire HD 10 Kids Edition nach der ersten Einrichtung nicht komplett allein gelassen werden sollte. So dürfte es beim Nachwuchs für Frust sorgen, wenn eine nachträglich hinzugefügte App das falsche Zeitkontingent belastet. Wichtiger jedoch: Auf die von Amazon festgelegten Alterseinstufungen sollte man sich nicht blind verlassen. Nicht nur, dass jedes Kind hier individuelle Anforderungen hat, teilweise wirken für bestimmter Altersstufen freigegebene Serien und Filme schlicht befremdlich.
Aber auch abseits der Software gibt es viele Gründe, die für die Kids Edition sprechen. So sorgt die zum Lieferumfang gehörende Hülle für deutlich mehr Schutz und sollte dennoch etwas zu Bruch gehen, darf man sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Versprechen des unbürokratischen Austauschs verlassen. Hilfreich wäre es unter Umständen, wenn Amazon zumindest einen rudimentären Schutz gegen das Eindringen von Wasser gewährleisten würde.
Soll das Fire HD 10 Kids Edition nicht nur für das Kind, sondern die ganze Familie angeschafft werden, dürften die Anforderungen zumindest teilweise abweichen. Für das Surfen im Internet, den kurzen Blick auf das Mail-Konto und vergleichbare Situationen reicht die gebotene Leistung völlig aus. An seine Grenzen stößt die Hardware aber schon dann, wenn eine App etwas größer ist oder mehr als nur rudimentäre Anforderungen an die GPU hat. Ein echter Allrounder ist das Tablet entsprechend nicht, für Unterhaltungszwecke reicht es aber völlig aus.
Eine uneingeschränkte Empfehlung gibt es am Ende für das Fire HD 10 Kids Edition nicht. Denn während Erwachsene das 10-Zoll-Modell bevorzugen dürften, könnte das neue Fire HD 8 Kids Edition aufgrund des geringeren Gewicht und kleineren Gehäuses für Kinder die bessere Wahl sein. Auch preislich gibt es einen Unterschied. Während Amazon für das Fire HD 10 Kids Edition 199,99 Euro aufruft, werden für das Fire HD 8 Kids Edition 139,99 Euro fällig. Gegenüber den jeweiligen Standardversionen der beiden Tablets bedeutet dies einen Aufpreis von derzeit 35 respektive 5 Euro für die umfangreichere Garantie, die Schutzhülle sowie die einjährige FreeTime-Unlimited-Mitgliedschaft. Anschließend verlangt Amazon für letztere pro Monat 2,99 Euro (für Prime-Mitlieder), bzw. 4,99 Euro. Soll der Dienst von mehr als einem Kind genutzt werden, erhöhen sich die monatlichen Kosten auf 6,99 und 9,99 Euro.
Positive Aspekte des Amazon Fire HD 10 Kids Edition:
- FreeTime bietet Eltern viele Optionen
- gut verarbeitetes Gehäuse
- weitestgehende Blockierung von Werbung und In-App-Käufen bei Kinderkonten
- umfangreiche Garantie
Negative Aspekte des Amazon Fire HD 10 Kids Edition:
- Display mit unterdurchschnittlicher Farbdarstellung
- nachträglich hinzugefügte App lassen sich nicht vollständig durch FreeTime steuern
- veraltete Fire-OS-Version