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Kaum ein Thema beschäftigt die Netzwelt neben dem Überwachungsskandal so sehr wie die Netzneutralität. Von Seiten der Regulierungsbehörden ist derzeit keine Hilfe zu erwarten – ganz im Gegenteil, denn die Deutsche Telekom plant offenbar schon mit bezahlten Spezialdiensten. Auch sieht sich die Deutsche Telekom dazu berufen das Ende des staatlich diktierten Einheitsnetzes auszurufen.
Wohin eine fehlende Netzneutralität führt, diese Auswüchse lassen sich bereits in den deutschen Netzen erkennen. Mehr und mehr Zusatzoptionen ohne Anrechnung auf das Datenvolumen werden von den Anbietern eingeführt. In den USA treibt des der dortige T-Mobile-Ableger sogar noch weiter, denn auf Music Freedom folgte Bing On, ein Zusatzdienst, der bestimmte Video-Streamingangebote vom Datenvolumen ausnimmt. Die US-Kollegen von The Verge kommentieren dies zutreffen mit "T-Mobile is writing the manual on how to fuck up the internet" – T-Mobile schreibt gerade die Anleitung dazu das Internet komplett zu zerstören.
Die Auswirkungen diverser Unternehmenstrategien sind aber neben den Tarifen auch hier bereits spürbar. So weigert sich die Deutsche Telekom an einer offenen Peering Policy teilzunehmen und sieht stattdessen die kleineren Anbieter in der Pflicht. Immer wieder sind die dazugehörigen Auswirkungen spürbar – zwischen 19:00 und 22:00 Uhr sind einige vielbesuchte Dienste kaum noch oder nur noch sehr langsam zu erreichen. YouTube, Netflix und andere Dienste, die großen Datenmengen erfordern, sind natürlich deutlich eher betroffen, wie solche die nur wenige Daten benötigen.
Seit einigen Monaten stellen sich auch die Server- und Hosting-Anbieter auf diese Umstand ein. Dazu gehört auch das Angebot von Double Paid Traffic bei Hetzner, welches seit dem Mai diesen Jahres verfügbar ist. Dazu zunächst aber noch ein paar Erklrungen seitens Hetzner:
"Hetzner Online steht für ein performantes und leistungsstarkes Internet. In den letzten Jahren wurde die eigene Netzwerktechnik Schritt für Schritt ausgebaut, um den Kunden eine optimale Performance anbieten zu können. Aktuell werden etwa 2/3 unseres Netzwerkverkehrs direkt über kostenneutrale Peerings vieler verschiedener Partnern ausgetauscht. Darunter befindet sich auch eine Reihe privater Peerings mit großen Netzbetreibern.
Daher beobachten wir mit wachsender Sorge DSL- und Kabelanbieter, welche einerseits selbst keine offene peering policy betreiben aber andererseits auch nicht mit ausreichender Kapazität zu anderen Tier?1 Carriern angebunden sind. Insbesondere zu den Hauptverkehrszeiten zwischen 19 und 22 Uhr stoßen die betroffenen DSL- und Kabelanbieter an ihre Kapazitätsgrenzen und verhindern somit einen flüssigen Datenaustausch zwischen den einzelnen Netzen. Dies führt immer wieder zu Beschwerden von Kunden dieser Anbieter, da ihre Server nicht mit der von uns gewohnten Performance erreichbar sind.
Diese Kunden haben durch Ihre monatlichen DSL- und Kabelgebühren den Netzbetreiber für einen umfassenden und schnellen Zugang ins Internet bereits bezahlt. Die DSL- und Kabelanbieter möchten jedoch neben den Einkünften Ihrer Endkunden, weitere Einnahmen für den Zugang zu Content?Anbietern erzielen. Hierfür werden Schnittstellen zu diesen am Kapazitätslimit betrieben, um bezahlte Zugänge in das Netz der DSL- und Kabelanbieter für Content-Anbieter attraktiv zu machen. Somit ist der Endkunde gezwungen für einen unbeschränkten Zugang ins Internet doppelt bezahlen zu müssen. Als Hetzner Online GmbH möchten wir eine derartige Geschäftspraxis eigentlich nicht unterstützen und sprechen uns für eine umfängliche Netzneutralität aus."
Soll heißen: Wer bereits heute einen Dienst anbieten und sicherstellen möchte, dass dieser immer und schnell verfügbar ist, muss zusätzlich zu den nachvollziehbaren Hosting-Gebühren für den Traffic auch noch ein zweites Mal zahlen, damit die Daten jeden Kunden schnell erreichen können. Im Falle von Hetzner bedeutet dies, dass Kunden für eine performante Anbindung in das Netz der Deutschen Telekom die Buchung eines extra Uplinks zur Deutschen Telekom angeboten wird – eben der Double Paid Traffic. Die Kosten liegen bei 5 Euro im Monat. Sollte die Freigrenze des Traffics im jeweiligen Tarifs aber überschritten werden, werden zusätzlich 4,17 Euro pro TB berechnet.
An dieser Stelle wollen wir noch einmal auf das Statement von Hetzner verweisen. Init7 hat vor geraumer Zeit ähnliche Bedenken geäußert. Nach den ersten drohenden und offenen Ankündigungen zur Aufkündigung der Netzneutralität, sind nun auch die ersten Auswirkungen spürbar. Wer nun glaubt dass Anbieter die Kosten für ein zusätzliches Peering selbst tragen werden, wird schnell vom Gegenteil überzeugt werden, denn natürlich werden diese die Zusatzkosten an ihre Kunden und damit letztendlich an alle Teilnehmer weiterleiten.