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Google im Gegenwind?

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Google im Gegenwind?
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„Don’t be evil“: Dieses Motto, das Google sich selbst als oberstes Ziel gesetzt hat, konnte Kritiker nie überzeugen. Denn schon früh nach der Gründung des wohl wichtigsten Internet-Konzerns war klar, dass die Mannen um Larry Page und Sergey Brin an den Daten der Nutzer interessiert waren, die Suchmaschine war nur ein Mittel zum Zweck. Gleiches gilt für die mittlerweile zahlreichen anderen Dienste, ob nun Google Maps, Gmail oder Android: Der Nutzer zahlt mit teils sensiblen Daten für angeblich kostenlose Produkte.

Grundsätzlich war und ist daran nichts zu kritisieren, schließlich hat man nie ein großes Geheimnis daraus gemacht, wie man Milliarde um Milliarde verdient, diese Offenheit kann vermutlich als ein Grund für den Erfolg gelten. Aber auch das Image ist ein wichtiger Punkt, ähnlich wie beispielsweise bei IKEA konnten kleinere Skandale dem Ansehen nichts anhaben, hier spricht man gerne vom Teflon-Image - Kritik bleibt einfach nicht haften.

Die Freiheiten werden weniger

Doch in den letzten Tagen und Wochen hat sich etwas in der sonst so heilen Google-Welt verändert, erstmals scheint ein länger anhaltender Gegenwind aufgekommen zu sein. Der Auslöser ist dabei ausgerechnet das wohl derzeit erfolgreichste Produkt: Android. Das Unternehmen selbst verstand es in den fünf Jahren seit dem Start der der ersten Version, die derzeit am weitesten verbreitete Smartphone-Plattform als klassischen Gegner zu Apple und Co. zu etablieren. Wo iOS geschlossene Strukturen als Vorteil propagierte, konterte Google mit Offenheit. Die Open-Source-Fahne mit all ihren Vorteilen wurde stolz präsentiert, nicht zu Unrecht. Android-Nutzer sollten in viele Punkten die Wahl haben. Gefiel der Browser nicht, konnte einfach ein anderer installiert werden. Eine andere Darstellung auf den Homescreens? Einfach Alternativen über Google Play beziehen.

Doch nun hat man die Zügel, die einst so locker waren, fester angezogen. Das Thema Thema Open Source ist nun deutlich weniger wichtig, der exklusive Einsatz einiger Android-4.4-Bestandteile auf dem Nexus 5 ist hier nur ein klares Indiz. Auch die mittlerweile klarer kommunizierte Haltung gegenüber unzertifizierten Endgeräten zeigt: Google-Produkte laufen nur dort, wo Google es will. Dass es noch immer Mittel und Wege gibt, diese Regel zu umgehen, sollte dabei nur noch ein schwacher Trost sein. Denn auch diese Tür wird man schließen können, wenn man denn will. Und was Google will, zeigt ein The Verge-Artikel sehr deutlich. Mit dem Nexus 5 will man nicht zeigen, was mit Android machbar ist, sondern wie ein Google-Smartphone aussieht. Die eigenen Geräte sollen nicht mehr nur Nischenprodukte sein, sondern reinrassige Konkurrenten für Samsung, Sony und Co. Die Zeit, in der man lediglich der Lieferant einer Software war, ist vorbei, nun will man auch die Hardware verkaufen.

Wünsche der Kunden werden unwichtiger

Welche Auswirkungen dies haben wird, dürfte es in einigen Monaten oder gar Jahren zu erkennen sein. Klar werden muss jedem Nutzer aber spätestens jetzt, dass Android - wie auch all die anderen Google-Produkte - kein Selbstzweck ist. Das Netz, das man zum Sammeln von Daten für Werbekunden spinnt, wird immer enger, mal wird mit einer angeblichen technischen Notwendigkeit argumentiert, mal mit einem angeblichen Komfortgewinn wie beispielsweise bei der Verknüpfung von Google+-Profilbild und Handy-Nummer. Doch die knallharte Kalkulation sieht mehr Umsatz und mehr Gewinn vor, zum Erreichen müssen die Schrauben kontinuierlich fester angezogen werden. Wäre dem nicht so und wäre man tatsächlich nicht „evil“, hätte man sicherlich einen Weg gefunden, auch Nutzern eines Galaxy Nexus ein offizielles Update auf Android 4.4 zu spendieren.

Nun ist Google kein Wohlfahrtsverein, auch in Mountain View muss Geld verdient werden. Doch das zunehmende Ignorieren von Kundenwünschen ging schon für so machen ein Unternehmen böse aus. Noch ist man weit davon entfernt, den geballten Frust entgegen geschmettert zu bekommen. Doch zu lange sollte man mit einer Kurskorrektur nicht warten. Denn letztlich braucht man die Innovationen, mit denen die Kalifornier ihre Konkurrenten in den vergangenen Jahren angetrieben haben - jedoch nicht um jeden Preis.

 

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