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Fertigung in Europa

Intel spricht sich für mehr Subventionen aus

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Intel spricht sich für mehr Subventionen aus
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Die derzeitig und wohl auch zukünftig hohe Nachfrage an Halbleiterbauelemente hat für einen wahren Ausbauboom der Auftragsfertiger gesorgt. Samsung, TSMC, Intel und die zahlreichen kleineren Halbleiterhersteller investieren aktuell und in den kommenden Jahren Milliardensummen in neue Fertigungskapazitäten.

In Europa investiert vor allem Intel, will seine Fertigung in Irland ausbauen und investiert dort acht Milliarden US-Dollar. Bosch hat zuletzt ein Werk in Dresden eröffnet und Infineon stellte ein Chipfabrik im österreichischem Villach auf. Die Werke von Bosch und Infineon kosteten 2 bzw. 1,7 Milliarden Euro. Wenn Intel, TSMC oder Samsung über eine neue Halbleiterherstellung mit modernsten Verfahren sprechen, sind hier Investitionen im Bereich Faktor vier notwendig. Zwar werden auch in Europa bei Globalfoundries, Bosch und Infineon Wafer mit 300 mm verarbeitet, die Belichtung aber findet in 14 nm und größer statt – weit entfernt von den modernsten Verfahren bei Intel, Samsung und TSMC.

In den vergangenen Jahren ist der Anteil moderner Fertigungsgrößen in Europa immer weiter geschrumpft und aktuelle nahezu nicht mehr existent. Wenn Intel seine Fertigung in Irland modernisiert hat, wird diese auch Prozessoren in modernen Verfahren herstellen – herstellerübergreifend als einziges Werk in Europa.

Aktuell stehen nur noch 8 % der globalen Fertigungskapazitäten für Halbleiter in Europa. Vor allem aber im High-End-Bereich, also für die modernsten Fertigungsgrößen, wird Asien seinen Anteil bis 2030 auf vermutlich etwa 80 % ausbauen.

Ein oder mehrere neue Halbleiterwerke in Europa verlangen also nach größeren Investitionssummen. Geopolitisch wird bereits seit geraumer Zeit nach einer gewissen Unabhängigkeit Europas verlangt. Vor allem die USA sprechen sich in den vergangenen Monaten vermehrt dafür aus unabhängiger von Asien zu werden. Hier wird mit dem Gedanken gespielt, Asien könne früher oder später den Hahn abdrehen und die westliche Welt stünde dann ohne eine moderne Fertigung da. Gemeinsam mit den US-Behörden investiert Intel in den USA zweistellige Milliardensummen für seine IDM-2.0-Strategie.

Laut einer Studie ist Europa hinsichtlich der wichtigsten Voraussetzungen für eine moderne Fertigung gut aufgestellt. Man hat die Expertise, den Nachwuchs in Form gut ausgebildeter Fachkräfte und auch der Aufbau und der Betrieb großer Halbleiterwerke ist im Vergleich nicht maßgeblich teurer als in Asien.

Subventionen und Anreize zu gering

Problematisch, bzw. ein Hebel an dem nun angesetzt werden soll, sind die Investitionen und Anreize, die geschaffen werden sollen. Schon heute eröffnet kein Halbleiterhersteller in Europa, auch kein Bosch oder Infineon ein Werk ohne große Investionen und weitere Anreize. In Dresden wurde insgesamt etwa eine Milliarde Euro investiert – alleine 140 Millionen kamen vom Bund hinzu. Hinzu kommen Förderungen durch Europa und durch Steuervergünstigungen der Stadt Dresden und angrenzenden Kreise im Silicon Saxony.

In Asien ist dieser Anteil weitaus größer, wie ein Report (PDF) von Kearney offenlegt. Subventionen und weitere Anreize machen den Hauptunterschied in den Kosten der Chipherstellung aus. Die Energiekosten sind hier ebenfalls ein wichtiger Faktor, der in gewisser Weise kompensiert werden muss.

Die Kosten für die Errichtung und Einrichtung einer 5-nm-Megafab sollen laut Kearney zwischen Europa, Südkorea, Taiwan und China in etwa vergleichbar sein. Auch bei den Betriebskosten sind die Unterschiede noch sehr gering. Schon anders sieht dies dann aber bei den Subventionen und Anreizen aus. Hier steuern die Staaten in Asien zwischen 19 und 36 % der Kosten bei. Dies sorgt dann am Ende zusammen mit den weiteren Faktoren für einen TCO-Unterschied von 33 bis 63 %. Halbleiterfertiger sind Unternehmen, die Geld verdienen wollen. Insofern verwundert es nicht weiter, wenn sich diese die besten Bedingungen suchen.

Intel möchte insgesamt mindestens 20 Milliarden US-Dollar in Europa investieren – potentiell sieht man sogar Investitionssummen von bis zu 100 Milliarden US-Dollar. Diese riesigen Summen machen deutlich, um was es hier geht. Doch Intel macht auch deutlich, dass man diese Investitionen nicht ohne Subventionen und zusätzliche Anreize tätigen wird. Intel befindet sich derzeit in zahlreichen Verhandlungen mit diversen Mitgliedsstaaten Europas, hat aber noch keine konkreten Ankündigungen zu machen. Auch Standorte in Deutschland sollen unter den Kandidaten sein.

Wie weit es mit der Unabhängigkeit Europas in der Halbleitertechnik ist, sieht man an der Entwicklung der European Processor Initiative (EPI). SiPearl entwickelt derzeit gleich mehrere Prozessoren, bzw. Beschleuniger, die für den Aufbau europäischer Supercomputer eingesetzt werden sollen. Der dort entwickelte SoC namens Rhea enthält Arm-Kerne und dürfte bei TSMC gefertigt werden. Erst kürzlich kündigten Intel und SiPearl an, dass der Xe-HPC-Beschleuniger Ponte Vecchio verwendet werden wird. Auch dieser wird nur teilweise bei Intel selbst gefertigt, einige Tiles werden aber auch hier von TSMC kommen. Die Unabhängigkeit Europas und die Zielvorgabe der EPI ist also noch sehr weit von der aktuellen Realität entfernt.

Der Report macht noch einmal deutlich, dass es schnell zu handeln gilt. Bis eine moderne Halbleiterfabrik die ersten Chips ausspuckt, vergehen von der Grundsteinlegung bis zur fertigen Einrichtung mehrere Jahre. Vor allem Intel scheint den Druck auf die Verhandlungspartner daher aktuell zu erhöhen.

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