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Apples A7-SoC, M7-Coprozessor und der Fingerabdrucksensor

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Apples A7-SoC, M7-Coprozessor und der Fingerabdrucksensor
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Vorgestern präsentierte Apple das iPhone 5S und stellte auch drei völlig neue Hardware-Komponenten vor, die das ansonsten rein äußerlich nahezu unveränderte iPhone vom Vorgänger, vor allem aber von der Konkurrenz abheben sollen. Wir haben uns diese Komponenten in Form das A7-SoC, des M7-Coprozessoirs sowie des Fingerabdrucksensors einmal etwas genauer angeschaut und wollen die Technik und Möglichkeiten erläutern.

[h3]A7-SoC[/h3]

Mit dem A7 hat Apple den ersten SoC vorgestellt, der volle 64-Bit-Funktionalität mitbringt und in einem Smartphone eingesetzt wird. Inzwischen hat auch Samsung einen solche SoC angekündigt, nennt aber noch kein Produkt, das diesen einsetzen soll. Intel hat auf dem IDF 2013 am gestrigen Tage ebenfalls die neue "Bay Trail"-Plattform mit einigen Atom-Prozessoren vorgestellt, die ebenfalls eine 64-Bit-Unterstützung bieten. Über eine Milliarden Transistoren soll der nur 102 mm2 große Chip beherbergen. Sowohl in Sachen CPU- wie auch GPU-Performance soll die Leistung im Vergleich zum Vorgänger A6 um den Faktor zwei verbessert worden sein. Aber sind die Unterstützung für 64 Bit mehr als nur ein reiner Marketing-Aufhänger?

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-1-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-1.jpg alt=Apple A7 mit 64-Bit-Unterstützung]Apple A7 mit 64-Bit-Unterstützung[/figure]

Vermutlich verwendet Apple als erster Hersteller die ARMv8-Architektur für seinen A7. Großer Vorteil dieser Lösung: Es handelt sich zwar um eine 64-Bit-Architektur, es kann aber auch weiterhin 32-Bit-Code darauf ausgeführt werden. Zunächst einmal aber klingt ein 64-Bit-Prozessor nach Overkill auf einem Smartphone. Doch 64 Bit bedeuten mehr als nur ein größerer Adressraum. Apple selbst nannte in seiner Keynote die größeren Register, vor allem bei Fließkommaoperationen. Große Herausforderungen sind das Image-Processing sowie die Berechnung von biometrischen Daten, wie sie auf dem Touch-ID-Sensor anfallen. Auf letztgenanntes Feature gehen wir später noch etwas genauer ein. Es dürfte aber offensichtlich sein, dass die Filter sowie die Berechnungen zum Burst-Mode (aus dem dann auch automatisch das beste Bild ausgewählt wird) der Kamera hier eine wichtige Rolle spielen. Kryptografie und deren Hardware-Anforderung spielen gerade in diesen Tage eine ebenso wichtige Rolle.

Soweit die Theorie, doch wie sieht die Praxis aus? 64-Bit-Prozessoren eröffnen folgende drei Möglichkeiten:

  1. Der Adressraum wird von 232 (was 4 Gigabyte entspricht) auf 2 64 (was 16 Exabyte entspricht) ausgeweitet. Auf dem Desktop kennen wir das Problem, dass ein 32-Bit-Windows irgendwann mit den immer größer werdenden physikalischen Speichern nicht mehr zurecht gekommen ist. Bei 4 GB Arbeitsspeicher war das Ende der Fahnenstange erreicht und hier wurde noch nicht einmal der Speicher auf der Grafikkarte mitgezählt. Bei Smartphones kratzen einige High-End-Modelle zwar bereits an dieser Grenze und gerade bei Tablets haben wir schon 3 GB Arbeitsspeicher gesehen, doch bisher hat Apple in den iPhones und so auch zuletzt beim iPhnone 5 nicht mehr als 1 GB RAM verbaut - vermutlich wird es beim iPhone 5s nicht anders sein.
  2. So lange Apps nicht ausschließlich in einem 64-Bit-Code laufen und abwärtskompatibel zu 32 Bit sind, verbrauchen sie mehr Speicherplatz. Es wäre nun interessant zu wissen, ob Apple zwischen reinen 64-Bit- und 32-Bit-Apps trennen kann und ob nicht einige hauseigene Apps bereits entsprechende angepasst wurden. Weiterhin ist uns der Entwicklungsprozess einer aktuellen iOS-App auf Basis des neuen Xcodes nicht bekannt. Entwickler sollen aber keinerlei Mehraufwand durch die Portierung auf den A7 auf sich nehmen müssen.
  3. Ein 64-Bit-Prozessor kann über seine Register 2 64 Speicheradressen addressieren, bei einer 32-Bit-CPU sind es analog nur 232. Diese tieferen Register spielen besonders bei rechenintensiven Anwendungen eine Rolle und eben hier kommen die Themen wie das Image-Processing, die Kryptografie und die Analyse der biometrischen Daten wieder ins Spiel.

Es geht also nicht darum, ob Internetseiten im Mobile Safari flüssiger scrollen oder Apps schneller starten, sondern um schon fast alltäglich gewordene Berechnungen, die noch vor fünf oder zehn Jahren auf jedem Desktop mehrere Sekunden benötigten. Angaben wie zweifache CPU-Performance sind reines Marketing, allerdings wäre es interessant zu sehen, wie ein iPhone 5 mit iOS 7 in 32 Bit einige Features des iPhone 5S verkraftet. Im Vorfeld der Keynote wurden zahlen bekannt, die von einer rund 30 Prozent höheren Performance sprechen. Das klingt schon eher realistisch. Ohnehin spielt die Zusammenarbeit zwischen Hard- und Software eine weitaus wichtigere Rolle. Beim A7 handelt es sich wohl weiterhin um einen Dual-Core. Andere Hersteller haben das Multi-Core-Rennen gestartet und schaffen es trotz Octa-Core-SoCs nicht, ihre Software ohne Rucklen über das Display zu bewegen.

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-2-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-2.jpg alt=Apple A7 mit 64-Bit-Unterstützung]Apple A7 mit 64-Bit-Unterstützung[/figure]

Womöglich ist der A7 auch nur ein Hinweis auf das, was uns in Zukunft erwartet. iOS und OS X fließen immer weiter ineinander. Kernbereiche des Betriebssystems teilen sie sich bereits heute, genau wie einige APIs. Schon länger wird über MacBooks mit ARM-Prozessor spekuliert. Vielleicht sind wir dieser Umsetzung mit dem iPhone 5S bzw. dem A7 etwas näher gekommen. Google wird in naher Zukunft Chrome OS und Android vereinen, Microsoft hat sein Windows 8 bereits auf ARM portiert, doch beide haben es nicht geschafft diesen Übergang möglichst fließend umzusetzen. Apple hat es geschafft, die Unterstützung für den A7 für die Entwickler so einfach wie möglich zu machen. Ähnlich wie auch schon bei OS X übernimmt die Entwicklerplattform Xcode diese Aufgabe, ohne dass der Entwickler davon viel mitbekommt.

[h3]M7-Coprozessor[/h3]

Ebenfalls eine wichtige Rolle in der Präsentation hat der M7-Coprozessor gespielt. Bisher verbaute Apple externe Sensoren, wie beispielsweise einen digitalen Kompass, ein 3-Achsen-Gyroskop und einen 3-Achsen-Beschleunigungssensor. Über eine CoreMotion-API konnte iOS und damit jede Software diese Daten abfragen. Der M7-Coprozessor vereint all diese Sensoren und was viel wichtiger ist - zeichnet diese konstant auf. Somit müssen die Apps nicht mehr eine Anfrage an die CoreMotion-API über den SoC stellen, sondern fragen die Daten direkt im M7 ab.

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-5-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-5.jpg alt=Apple M7-Coprozessor]Apple M7-Coprozessor[/figure]

Zwei Vorteile ergeben sich aus dieser Methodik:

  1. Der Batterieverbrauch sinkt, da nicht mehr der SoC, sondern nur noch ein kleiner und stromsparender Coprozessor für die Aufzeichnung der Daten verantwortlich ist.
  2. Da Apps nicht ständig die Daten der Sensoren abfragen müssen, ergeben sich neue Bereiche für Fitness-Apps, die bisher so auf einem Smartphone nicht möglich waren. Für Fitness-Accessories wie das Nike Fuelband oder das Fitbit wird es damit enger am Markt.

[h3]Touch-ID Fingerabdrucksensor[/h3]

Dritte und letzte Hardware in dieser Betrachtung soll der Fingerabdrucksensor sein. Apple ist allerdings nicht der erste Hersteller, der einen solchen Sensor in einem Smartphone unterbringt. Allerdings könnte Apple einmal mehr zum ersten Hersteller werden, dem die Umsetzung eines solchen Features anwenderfreundlich gelingt.

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-7-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-7.jpg alt=Apple Touch-ID]Apple Touch-ID[/figure]

Apple setzt einen kapazitiven Sensor ein, um die Strukturen der Haut auf dem Finger zu lesen. In einem dünnen Smartphone ist das nur möglich, da diese Sensoren inzwischen nur noch 170 µm dick sind und dabei eine Auflösung von 550 ppi aufweisen. Haut und Sensor bilden die beiden Elektroden des kapazitiven Sensors, während die Epidermalschicht der Haut mit ihren Linien das Dielektrikum ist. Jeder Pixel des Sensors erkennt die Kapazität zwischen den beiden "Elektrode", wobei die Täler und Linien der Haut Unterschiede in der Kapazität aufweisen und somit erkannt werden können.

Saphireglas schützt den Sensor und dient gleichzeitig als eine Art Linse für den darunterliegenden Sensor. Ein Ring aus Stahl um den Homebutton erkennt den aufgelegten Finger und aktiviert den Sensor. Dieser wiederum erkennt den Fingerabdruck und bestimmt über spezielle Algorithmen die wichtigsten Merkmale des Abdrucks. Bis zu fünf Abdrücke können auf dem neuen iPhone 5S gespeichert werden.

Das erstmalige Ablegen eines Abdruckes dauert einige Sekunden. Die spätere Erkennung ist dann deutlich schneller und sogar wenig zeitaufwendig als die Eingabe eines vierstelligen Kennwortes.

Verständlich ist die Sorge rund um die Sicherheit des gespeicherten Fingerabdrucks. Generell gilt für alle Daten auf dem iPhone: Wer eine Codesperre verwendet, verschlüsselt seine Daten auf Hardware-Ebene. Der öffentliche Schlüssel ist in jedem SoC individuell abgespeichert, jedes Gerät besitzt also einen anderen. Angeblich kennt auch Apple diesen nicht, doch theoretisch wäre es möglich, dass dieser bei der Fertigung des iPhones im Zusammenhang mit der Seriennummer irgendwo gespeichert wird oder eine Art Master-Key vorhanden ist. So lange Apple seine Verschlüsselung nicht offenlegt, wird man diese Frage auch nicht letztendlich klären können.

[figure image=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-6-rs.jpg link=images/stories/newsbilder/aschilling/2013/iphone5s-hardware-6.jpg alt=Apple Touch-ID]Apple Touch-ID[/figure]

Apple gibt an, dass die bis zu fünf Fingerabdrücke im iPhone selbst, in einem gesicherten Bereich, abgespeichert werden. Eine Übertragung auf einen Server bei Apple soll nicht stattfinden. Auch hier muss ein gewisses Vertrauen an Apple herangetragen werden, ansonsten sollte man seinen Fingerabdruck nicht dem iPhone anvertrauen. Vermutlich wird auch nicht der Fingerabdruck, sondern dessen Charakteristik gespeichert. Ein spezieller Algorithmus analysiert diese und verschlüsselt die Daten dann. Über ein "Salt" wird ein weiterer Zufallsvektor hinzugefügt. Jedes mal, wenn ein Fingerabdruck abgeglichen werden soll, wird diese Methodik wiederholt - direkt Daten des Fingerabdruckes fallen also nicht an. Inzwischen hat ein Apple-Mitarbeiter dieses Verfahren bestätigt.

Wird der Fingerabdruck genutzt, um die Eingabe des iTunes-Kennwortes zu vereinfachen, verbleibt das Kennwort in der iOS-Keychain. Die Fingerabdruck öffnet diese und sendet dann das Kennwort an Apple. All diese Überlegungen basieren darauf, dass Apple, wie versprochen, die Daten des Fingerabdrucks nicht das Gerät verlassen lässt.

Das iPhone 5S und teilweise auch das iPhone 5C besitzen noch weitere technische Neuerungen, die wir bisher unerwähnt ließen. Dazu gehören die verbesserte Kamera mit größerem Sensor und die Unterstützung für weitere LTE-Bänder, mit denen schlussendlich auch iPhones im Vodafone-Netz sowie bei der Deutschen Telekom im 1.800-MHz- (bereits beim iPhone 5 vorhanden) und 800-MHz-Band arbeiten können. Alles keine bahnbrechenden Neuerungen, aber Technologien und Features, die das Gesamtbild schlüssiger erscheinen lassen.

Update:

Ein Sprecher von Apple äußerte sich gegenüber dem Wall Street Journal zu einigen Details von Touch-ID. So würden auf dem gesicherten Speicherbereich des A7-SoC nicht die Fingerabdrücke selbst, sondern nur die dazugehörigen Analysedaten gespeichert. Diese Daten würden nicht an Apple übertragen oder anderweitig gespeichert, auch nicht als Backup auf der iCloud oder kabelgebunden in iTunes.

Weiterhin sei es notwendig nach einem Neustart des Gerätes zunächst einmal wieder den Zahlen- oder Zeichencode zu verwenden. Ebenso nach 48 Stunden in denen das iPhone nicht via Fingerabdruck entsperrt worden ist. Damit wolle man möglichen Angreifern das Umgehen des Schutzes erschweren. Ein weiteres Sicherheitsmerkmal sei, das zur erfolgreichen Entsperrung ein lebendiger Finger verwendet werden müsse. Unter Umständen könne es zu Fehler bei nassen Fingern oder solchen mit Narben und Wunden kommen, da in diesen Fällen keine zweifelsfreie Authentifizierung möglich sei bzw. nicht genügend Merkmale des Abdruckes vorhanden sind.

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