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Wo andere Hersteller darauf hoffen, dass Details zu einem neuen Gerät möglichst lange nicht öffentlich bekannt werden, geht Huawei einen anderen Weg. Denn erste Informationen verteilte man bereits auf der IFA und somit Wochen vor der Ankündigung des Mate 10 Pro. Vielleicht auch deshalb bleiben große Überraschungen aus. Denn sowohl die lokale KI als auch das rahmenlose Display waren bekannt.
Wobei letzteres ebenso wie zuletzt beim Google Pixel 2 XL oder auch LG V30 nicht wirklich rahmenlos ist - weder an den Seiten noch oben oder unten. Dennoch wirkt das Smartphone aufgrund der schmaleren Ränder als zuletzt moderner. Interessant ist, dass das 6 Zoll große OLED-Panel lediglich 2.160 x 1.080 Pixel bietet. Damit bleibt Huawei wieder unter dem, was Samsung und Co. in ihren Topmodellen bieten.
Das soll die Ausstattung allerdings wettmachen. Herzstück ist der auf der IFA vorgestellte Kirin 970. Der bietet im wesentlichen je vier CPU-Kerne vom Typ ARM Cortex-A53 und -A73 mit maximalen Taktraten von 1,8 und 2,36 GHz sowie eine GPU vom Typ Mali-G72 MP12. Vor allem die GPU bedeutet einen deutlichen Sprung gegenüber dem Kirin 960 und damit auch gegenüber dem Mate 9; den CPU-Part hat man hingegen unangetastet gelassen. Neu sind die spezielle Recheneinheit für die künstliche Intelligenz sowie die Fertigung in 10 nm. Das deutet angesichts des 4.000 mAh fassenden Akkus auf sehr gute Laufzeiten hin - auch aufgrund der sparsamen OLED-Technik des Displays. Ebenfalls geboten werden ac-WLAN, schnelles LTE, NFC und Bluetooth, das allerdings nur in Version 4.2. Für Kabel gibt es nur einen einzelnen Anschluss in Form von USB Typ-C mit USB 3.1 Gen 1 dahinter; eine Audio-Buchse fehlt. Ebenso verzichtet Huawei auf einen microSD-Slot. Das verwundert, da dank Dual-SIM-Funktionalität zwei Kartenplätze vorhanden wären.
Mit einer leichten Überarbeitung muss die Kamera-Hardware auskommen. Auf der Rückseite gibt es erneut zwei Sensoren: 20 Megapixel als Monochrom-Sensor und 12 Megapixel in RGB-Ausführung. Neu ist die nun größere Blende, f/1,6 versprechen vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen eine hohe Aufnahmequalität. Entwickelt wurde das System erneut gemeinsam mit Leica, die vom Mate 9 (zum Test) her bekannte Aufnahmefunktionen sind wieder mit dabei, darunter dedizierte Schwarz-Weiß-Fotos und die Simulation von Bokeh. Scharfgestellt wird situationsbedingt entweder per Laser oder Phasenvergleich.
Beim 154,2 x 74,5 x 7,9 mm großen und 178 g schweren Gehäuse setzt man auf Aluminium und die Rückseite bedeckendes Glas. Die Grundform erinnert an das Mate 9, optisch eigenständig ist das Mate 10 Pro aber dennoch. Das gilt vor allem für die optische Unterteilung der Rückseite, die die Kameras umfasst und somit vom darunterliegenden Fingerabdrucksensor abgrenzt. Unsichtbar, aber für viele inzwischen wichtig: Das Mate 10 Pro ist gemäß IP67 vor dem Eindringen von Wasser und Staub geschützt.
Ausgeliefert wird das Mate 10 Pro mit Android 8.0 sowie EMUI 8.0 ab November. Zur Wahl stehen dann die Farbvarianten Grau, Blau und Schwarz. Die unverbindliche Preisempfehlung beträgt in allen Fällen 799 Euro.
Der erste Kontakt ist durchwachsen
Vieles von dem, was das Mate 10 Pro laut Huawei besonders machen soll, bleibt im ersten kurzen Test verborgen. Denn gerade die KI wollte nicht so, wie das Unternehmen es anpreist: Ein Beispiel: Die Kamera soll dank KI-Unterstützung erkennen, was fotografiert werden soll und entsprechend die Einstellungen optimieren. Während des ersten Ausprobierens lag die Trefferquote allerdings nur bei etwas mehr als 50 %. Wenn ein Objekt - unterschieden wird beispielsweise zwischen Katze, Hund, Essen, Sonnenuntergang und anderem - dann aber erkannt wurde, waren die Auswirkungen nicht zu übersehen. In anderen Bereichen wie dem Übersetzen von Text, könnte die KI, bzw. der entsprechende Part des Kirin 970 völlig überzeugen. Nicht nur, dass die Übersetzungen sehr schnell erfolgten, sie waren auch qualitativ überraschend gut.
Deutlich positiver fällt der erste Eindruck bezügllich der Kamera aus. Erste Aufnahmen wirken sehr detailliert und farbintensiv, auch wenn die Zahl der Optionen innerhalb der Kamera-App zunächst unüberschaubar wirkt. Ebenfalls schnell zu gefallen weiß das Laden des Akkus per SuperCharge. Innerhalb von nur 15 Minuten konnte der Akku von etwa 30 auf 75 % geladen werden - allerdings verbunden mit einer spürbaren Erwärmung des Gehäuses.
Letzteres spiegelt im Übrigen des Gesamteindruck am besten wieder. Während die Verarbeitung hochwertig wirkt, dürfte das Design polarisieren. Denn gerade die gläserne Rückseite ist eine Geschmacksfrage, insbesondere beim blauen und braunen Modell. Finerabdrücke und ähnliches sammeln sich hier schnell an und machen das Smartphone unansehnlich. Die Wahl des Materials überrascht allerdings auch mit Blick auf eine fehlende Funktion: Wireless Charging wäre bei Glas kein Problem gewesen.
Das weitaus beste Argument, warum das erste Fazit durchwachsen ausfällt, liefert aber ausgerechnet das Mate 9. Denn im direkten Vergleich fällt auf, dass das Letzjahresmodell zwar insgesamt größer ausfällt, dafür aber kaum breitere Display-Ränder als das Mate 10 Pro bietet. Ein echter Fortschritt sieht anders aus.
Ein vollständiges Urteils sollten bislang Interessierte allerdings abwarten, bevor zu einem anderen Smartphone gegriffen wird. Denn vor allem Leistung und Laufzeit dürften Punkte sein, bei denen das Mate 10 Pro punktet.