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Wer in den vergangenen Tagen und Wochen die Prospekte der üblichen Elektronikmärkte durchblättert hat, kam an Werbung für neue Fernseher kaum vorbei. Mit aller Macht wollen Händler und Hersteller ihre Geräte in den Markt drücken, der Zeitpunkt ist dabei jedoch alles andere als zufällig gewählt. Denn vor allem die Wochen vor einer Fußball-WM oder -EM gelten als die erträglichsten in Sachen TV-Verkauf - schließlich will, oder eher soll der Zuschauer sein favorisiertes Team nicht nur auf einem großen, sondern möglichst auch modernen Fernseher verfolgen können.
Und glaubt man den Aussagen mancher Hersteller, folgen zumindest die Deutschen diesem Aufruf.
Anspruch und Realität
Doch hinter den bunten Bildchen der Verkaufsprospekte wartet eine Realität, die weitaus weniger scharf als versprochen ausfällt. Denn auch wenn Industrie und Handel dem Verbraucher einreden, ohne 4K- oder UHD-Fernseher würde man lediglich mittelmäßige Bilder erleben, selbst mit einem entsprechenden Gerät wird die Enttäuschung groß sein: Nur drei von insgesamt 64 Spielen, die im Rahmen der WM in Brasilien ausgetragen werden, werden überhaupt in 4K-Auflösung gefilmt. Und selbst diese werden in Deutschland nicht empfangbar sein, weder der Pay-TV-Sender Sky noch die Öffentlich-rechtlichen Anstalten wollen oder können derart hochaufgelöste Spiele zeigen.
Dabei dürfte der Begriff „können“ der weitaus wichtigere sein. Denn während die Infrastruktur in den Stadien grundsätzlich vorhanden ist oder mit vergleichsweise geringem Aufwand geschaffen werden könnte, fehlt die ganze daran anschließend Kette. Abgesehen von einigen Testdurchläufen, beispielsweise im Rahmen von Olympia oder der Fußball-Bundesliga, hat es noch keine nennenswerte öffentliche Ausstrahlung in 4K gegeben.
Übertragung noch immer das Problem
Wie groß das Problem ist, zeigt eine gestern veröffentlichte Meldung der BBC. In dieser heißt es, dass man die Übertragung von UHD-Material im Rahmen der WM testet. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob sich die Streams problemlos per Satellit von Brasilien aus nach Großbritannien übertragen und dann parallel auf verschiedenen Wegen - terrestrisch und per Internet - zu den Empfängern verteilen lassen.
Die Tatsache, dass man hierbei aber nur einige wenige Geräte in ausgewählten Versuchseinrichtungen versorgen will, macht das Dilemma noch deutlicher. Während der Verbraucher im Wohnzimmer vor seinem 4K-Fernseher sitzt, weiß niemand, wie er das passende Material erhalten soll.
Die Mär vom gewünschten 3D
Hier jedoch vom Henne-Ei-Problem zu sprechen, wäre zu einfach und würde die TV-Hersteller ihrer Verantwortung berauben. Denn diese sind seit Jahren nicht mehr daran interessiert, praxisgerechte Lösungen zu entwickeln und anzubieten, sondern Kunden durch Pseudo-Versprechungen zu locken. Ein noch recht junges Beispiel hierfür ist die 3D-Technik. In den Jahren 2010 bis 2012 wurde vor allem die CES in Las Vegas als Plattform für derart ausgestattete Fernseher genutzt. Mit immer leichteren Brillen, höherer 3D-Bildqualität und sinkenden Preisen wurden Kunden gelockt. Doch spätestens seit diesem Jahr, in dem die ersten großen Hersteller komplett auf 3D verzichten, ist klar: Niemand wollte und will 3D im eigenen Heim. Denn abgesehen von teuren 3D-Blu-rays gab es kaum eine Möglichkeit, die Technik wirklich zu nutzen, selbst das vermeintliche Zugpferd Fußball versagte - auch, weil sich später herausstellte, dass der Rasensport denkbar ungeeignet für 3D-Übertragungen ist.
Das gleiche Schicksal wird auch 4K ereilen. Denn bei allen Vorteilen, die hohe Pixeldichten bis zu einem gewissen Maß bieten, im durchschnittlichen europäischen Wohnzimmer ist nur selten Platz für Fernseher jenseits der 55 oder 60 Zoll; bei kleineren Fernsehern machen derart hohe Auflösungen keinen Sinn. Die bereits erwähnte Versorgungsproblematik wird sich aber auch eine größere Verbreitung von UHD-Fernsehern nicht lösen lassen. Denn wer sich einmal in Erinnerung ruft, wie lange es in Deutschland und Europa gedauert hat, bis die ersten HD-Fernseher auf entsprechendes TV-Material zurückgreifen konnten, und dabei ist nicht einmal von Full HD die Rede, dürfte an einer Investition in 4K-Technik zweifeln.
Schnellschüsse
Auch hier war und ist schon die verfügbare Bandbreite in Kabel und Internet das große Problem, einzig bei der Ausstrahlung via Satellit ist hier noch Spielraum vorhanden. Doch wenn schon Full HD ein Problem ist, wie will man dann 4K übertragen, vor allem in Hinblick auf die wachsende Zahl an Haushalten, die ihren Fernseher via Internet und IPTV befeuern? Selbst der als sehr effizient geltende HEVC-Standard (H.265) benötigt für 4K-Material eine Mindestbandbreite von 15 bis etwa 20 Mbit pro Sekunde, was herkömmliche DSL-Anschlüsse somit beispielsweise ausschliesst. Eine der bekanntesten Pilotprojekte zu diesem Thema läuft derzeit in den USA. Dort bietet der Streaming-Dienst Netflix Besitzern von Sony-4K-Fernseher die Serie „House of Cards“ hochauflösend an.
Doch nicht alle 4K-Modelle der Japaner kommen dafür in Frage, denn ältere Modelle sind nicht HEVC-tauglich - auch hier haben Fernsehhersteller, Inhalteanbieter und weitere nicht Hand in Hand gearbeitet.
Doch nicht alles, was von der Industrie beworben wird, wird auch vom Verbraucher angenommen. Zwei dieser seltenen Ausnahmen sind OLED-Geräte und Curved-Modelle. Erste stießen bislang auf eine so geringe Akzeptanz, dass nicht nur Sony und Panasonic sich - offiziell nur vorerst - vom Einsatz der Technik in Fernsehern verabschiedet haben, auch das OLED-Schwergewicht Samsung hat entsprechende Pläne auf Eis gelegt. Letztere hingegen liegen verschiedenen Quellen zufolge wie Blei in den Regalen der Händler, auch, weil sie bislang mit der teuren OLED-Technik gekoppelt sind. Toshiba hat hierauf bereits reagiert und auf einen Verkaufsstart seiner Curved-TVs bislang verzichtet; erst bei generell steigender Nachfrage will man nachziehen, so die Japaner im März.
Und während niemand weiß, welchen Vorteil Curved-Fernseher in der Praxis wirklich bieten sollen und wie 4K alltagstauglich wird, testet die Industrie bereits 8K.