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Ende September stellte AMD auf Hawaii nicht nur die gleichnamige GPU-Architektur vor, die aktuell noch immer nur in den beiden Modellen Radeon R9 290 und 290X Verwendung findet, sondern startete mit Mantle auch das Rennen nach einer neuen Low-Level-API. Offensichtlich war und ist man nicht der einzige Hersteller, der die Software-Schicht zwischen Engine und der eigentlichen Hardware reduzieren will. Nach mehreren Jahren Entwicklung will Microsoft mit DirectX 12 im kommenden Jahr mit einem ähnlichen Ansatz an den Start gehen. Apple stellte kürzlich auf der WWDC Metal vor, ebenfalls eine Low-Level-API welche direkteren Zugriff auf der Shader einer GPU erlaubt. DirectX 12 und Metal sind dabei keinesfalls eine Folge von Mantle - alle drei Konzepte befinden sich wie gesagt bereits seit einigen Jahren in der Entwicklung. Im Falle von AMD hat man an gleich zweien dieser Konzepte, nämlich Mantle und DirectX 12, mitgearbeitet. NVIDIA hält sich aus dem aktuellen Geschehen noch heraus. Man verweist gerne auf den eigenen "Wundertreiber", der die Performance unter DirectX 11 gesteigert hat sowie das baldige Erscheinen von DirectX 12.
[h3]Die Geschichte von Mantle - damals und heute[/h3]
Aber noch einmal zurück in den Herbst des vergangenen Jahres. Damals sprach AMD erstmals von Mantle, doch neben dem Fakt, dass man mit dieser API deutlich weiter als mit TressFX oder PhysX gehen wolle, herrschte zunächst einmal nur großes Rätselraten. Läuft Mantle nur auf AMD-GPUs mit "Graphics Core Next"-Architektur? Wie offen ist Mantle für Entwickler? Warum hat AMD überhaupt Interesse daran eine solche API auf den Markt zu bringen und wie will man Entwickler davon überzeugen extra Arbeit dafür aufzuwenden?
Auf dem Event wurden zahlreiche vermeintliche Partner auf die Bühne gezerrt, die neben ihren Spiele-Neuvorstellungen auch meist den Support von Mantle ankündigten. Zugpferd sollte Battlefield 4 werden. Johan Andersson, Chefentwickler bei DICE und dort verantwortlich für die Entwicklung der aktuellen Frostbite-Engine, ist Kopf und treibender Motor hinter der Entwicklung von Mantle, insofern war Battlefield 4 nur die logische Konsequenz für einen ersten Release. Doch schnell wurde klar, dass Mantle kein Selbstläufer werden würde. AMD würde viel Überzeugungsarbeit bei den Entwicklern leisten müssen, damit diese den Mehraufwand einer Mantle-Umsetzung auch in Kauf nehmen. AMD argumentiert gerne mit der Tatsache, dass eine Portierung kein größerer Aufwand sei und dass neben dem PC als Plattform auch die Konsolen, die aktuell allesamt Hardware aus dem Hause AMD einsetzen, davon profitieren würden. An dieser Stelle sei die persönliche Einschätzung des Redakteurs erlaubt, der sich sehr skeptisch gegenüber Mantle zeigte - doch damit war er nicht alleine und bald fühlten sich die Skeptiker auch bestätigt.
Aus dem geplanten Mantle-Patch für Battlefield 4 noch im November sollte nichts werden. Zunächst auf Dezember vor Weihnachten, dann auf Ende Dezember verschoben, sollte es bis zum 1. Februar dauern, bis zumindest die Presse Zugriff auf den Patch für Battlefield 4 und den dazugehörigen Treiber erhielt. Battlefield 4 war also für den Release von Mantle kein Paradebeispiel, wohl aber für die Darlegung der Vorteile von Mantle. Unsere Benchmarks konnten aufzeigen, dass Mantle genau an der richtigen Stelle ansetzt und ein Performance-Plus von bis zu 37 Prozent in Alltags-Settings im Battlefield-4-Multiplayer bereitstellt. Maßgeblich dafür verantwortlich sind die sogenannten "Draw Calls", also Befehle, die an die GPU gesendet werden ein bestimmtes Objekt zu rendern. Ein Frame, der am Ende die Render-Pipeline verlässt, benötigt mehrere hundert dieser "Draw Calls". An diesem Punkt setzt Mantle ein und erlaubt bis zu 9x mehr "Draw Calls" als Direct3D. Doch was war da zum Start los? War die Umsetzung von Mantle für DICE doch nicht so einfach wie angekündigt? Auch AMD hatte offensichtlich so seine Probleme den Treiber fertig und nahegehend fehlerfrei zu bekommen. So ließen sich die Skeptiker auf jeden Fall nicht überzeugen.
Zweiter Titel mit Mantle-Support und erstes Spiel, welches auch vom zweiten groß angekündigten Feature der überarbeiteten GCN-Architektur namens TrueAudio profitieren sollte, war Thief. Allerdings sprechen wir hier schon von Mitte März. Die Benchmarks konnten zwar in bestimmten Settings ein Performance-Plus darlegen, doch aufgrund der Single-Play-Anforderungen konnte Mantle seine Vorteile nicht derart ausspielen, wie dies bei Battlefield 4 der Fall ist. TrueAudio lag vielmehr im Fokus für Thief.
Eigentlich nicht näher eingehen wollen wir auf die Tech-Demo Star Swarm. Sie dient AMD seit Anfang des Jahres zur Demonstration der Fähigkeiten von Mantle im Unterschied zu Direct3D. Gerade der Einsatz der eigenen APUs wird mit Star Swarm gerne in den Fokus gerückt, doch da es sich dabei nicht um ein Spiel handelt, lassen wir Star Swarm auch einmal außen vor.
Dritter, bisher mit Mantle-Support erschienener Titel, ist Plants vs. Zombies: Garden Warfare. Allerdings ist die Unterstützung durch die Verwendung der Frostbite-Engine mehr oder weniger Beiwerk. Bisher ist das Spiel ohnehin erst für die Konsolen Xbox One, Xbox 360 sowie Playstation 3 und Playstation 4 erschienen. Ein Release für den PC ist für den 26. Juni geplant. Erst dann ließe sich ein eventueller Performance-Vorteil belegen. Allerdings dürften die Hardware-Anforderungen für ein solches Spiel kaum den Einsatz von Mantle rechtfertigen - letztendlich belegen lässt sich dies aber erst nach dem Erscheinen des Spiels.
[h3]Mantle in der Zukunft[/h3]
Wie geht es nun weiter nach Battlefield 4 und Thief? Auf der E3 kündigten einige Entwickler-Studios den Support von Mantle an. Darunter sind unter anderem das offensichtliche Battlefield Hardline und Dragon Age: Inquisition. Diese beiden haben mit dem 23. bzw. 9 Oktober zumindest schon einen konkreten Release-Termin. Ebenfalls bereits angekündigt und noch dieses Jahr erscheinen sollen Star Citizen, Sniper Elite 3 und Civilization: Beyond Earth. Damit wären wir im Jahre 2014 immerhin schon bei acht Spielen - DirectX 11 wurden im ersten Jahr nach Erscheinen von weniger Spielen vollständig unterstützt. Besonders gespannt darf man dabei auf Civilization sein, denn hier wird Mantle erstmals in einem RTS-Titel zum Einsatz kommen und aufgrund der Komplexität der Spieleszenen könnte Mantle seine Vorteile hier besonders gut ausspielen.
Grundsätzlich bleibt es aber bei drei Basis-Bausteinen für Mantle: Die Frostbite-Engine, Spiele der Star-Swarm-Macher von Oxide Games sowie Titel der kommenden CryEngine, die ebenfalls Mantle unterstützen soll. Einige der geplanten Spiele werden schon mit konkreten Titeln wie Mass Effect, Mirror's Edge 2, Star Control und Star Wars: Battlefront geführt. Andere sind bisher nur unter ihren Codenamen "Havanna", "Mars" und weiteren, teils noch unbekannten Projektnamen, bekannt. Um Mantle weiteren Entwicklern zugänglich zu machen, hat AMD im Mai ein privates Beta-Programm gestartet. Interessierte Entwickler können sich dort anmelden und finden dort alle nötigen Informationen und auch das Software-Developer-Kit (SDK). Laut AMD haben sich bereits 40 unabhängige Entwicklerstudios gemeldet, die alle die Mantle-API verwenden oder zumindest testen wollen. Mit weiteren Entwicklern ist AMD direkt in Kontakt getreten und diese Zusammenarbeit soll auch weiter ausgebaut werden.
Die für das kommende Jahr erwarteten Steamboxen bringen auch neuen Schwung in das Thema Mantle auf Linux. Gegenüber PCWorld äußerte sich Richard Huddy von AMD (mehr zu seiner Person im kommenden Abschnitt) nun etwas konkreter. Demzufolge will AMD eigene Ressourcen für diese Umsetzung bereitstellen. Zahlreiche Entwickler hätten laut Huddy bereits konkrete Anfragen an AMD gestellt. Dies dürfte auch Steam freuen, die mit Hilfe der Steamboxen das Gaming auf Linux etablieren wollen. Ob dies gelingt, wird sich aber erst im kommenden Jahr zeigen und ist sicherlich nur zu einem geringen Teil von einem Mantle-Port auf Linux abhängig. Hier spielen andere Faktoren eine weitaus entscheidender Rolle.
[h3]Rückkehr von Richard Huddy[/h3]
Pünktlich zur Computex vermeldete AMD eine Personalie, die besonders das Zusammenspiel zwischen AMD als Hardware-Hersteller und als Anbieter von Mantle in Schwung bringen soll. Richard Huddy, der bereits mehrere Jahre als Leiter des ISV-Engeneering-Teams (Independent Software Vendor) bei AMD tätig war, kehrt zu AMD zurück. Bei Intel war er maßgeblich für die dortige Auslegung und Roadmap der integrierten Grafikeinheiten verantwortlich. Vor dem ersten Engagement bei AMD machte er sich bereits einen Namen bei NVIDIA, vormals ATI und 3DLabs. Welche Aufgaben er bei AMD verfolgt wird unter anderem durch seinen Job-Titel deutlich: Gaming Scientist.
Wir hatten vor einigen Tagen die Gelegenheit mit Richard Huddy ein Gespräch zu führen und dabei spielte natürlich auch Mantle eine wichtige Rolle. Mehrfach betonte Huddy dabei den offenen Ansatz von Mantle als API, die jedem Software- und Hardware-Hersteller zugänglich gemacht werden kann. Dabei spielte er natürlich auf die vermeintliche Behinderung einer Treiber-Optimierung seitens AMD für Watch Dogs an. Ähnliches könnte auch für weitere zukünftige Titel mit Gameworks-API gelten - konkret beweisen lässt sich derzeit noch nichts. Wir kennen nun zwar die Argumente von AMD und NVIDIA, aber wem man dabei nun Glauben schenken möchte, ist eine weiterhin offene Frage. Wir haben uns in den vergangenen Tagen etwas mit diesem Thema beschäftigt und versucht herauszufinden, wie sich NVIDIAs Gameworks z.B. im Vergleich zu TressFX von AMD verhält. Allerdings sind Optimierungen bzw. verhinderte Optimierungen oder gar Fallstricke für den einen oder anderen Hersteller bisher nicht zu beweisen. Zu groß sind die Einflüsse weiterer Elemente der Engine, z.B. durch Tesselation. Wir bleiben aber an diesem Thema dran.
Als Schlusswort lässt sich festhalten, dass die Mantle-API einen Unterschied auszumachen weiß. Fraglich ist, ob dieser groß genug sein wird, um bei Erscheinen der ersten DirectX-12-Titel noch ein Argument für den zusätzlichen Entwicklungsaufwand - sei er noch so klein - zu sein. AMD muss versuchen Mantle über andere Punkte zu differenzieren. Bis dahin wird es aber noch einige Zeit dauern. Noch in diesem Jahr will Microsoft zwar die erste Preview von DirectX 12 veröffentlichen und damit werden wohl auch die Hardware-Features bekannt sein, doch darauf werden sowohl AMD als auch NVIDIA vorbereitet sein. Bis erste Titel erscheinen, die DirectX 12 vollständig unterstützen, wird man wohl auf das Ende von 2015 zählen dürfen.
Uns würde noch interessieren, was ihr von Mantle haltet? Konnte AMD liefern was versprochen wurde? Wie seht ihr die Zukunft von Mantle - gerade im Hinblick auf DirectX 12? Würdet ihr Grafikkarten in Benchmarks mit Mantle-Support auch gerne mit dieser API getestet sehen?