Mit der Veröffentlichung des Sockel AM5 im Jahr 2022 vollzog AMD gleichzeitig auch den Wechsel auf den modernen DDR5-Speicher, der für die Inbetriebnahme dieser Plattform obligatorisch ist. Doch gerade mit Taktraten, die weit oberhalb von 2.600 MHz für DDR5-5200 angesiedelt sind, nimmt der POST (Power-On Self-Test) in der Regel jedes Mal deutlich mehr Zeit in Anspruch, das von den meisten Anwendern als störend empfunden wird. Grund hierfür ist das DRAM-Training, das bei jedem POST durchgeführt wird. Doch es gibt eine sehr nützliche Abhile, um diese Zeit ernorm zu reduzieren.
Der Memory-Controller der Ryzen-7000- und Ryzen-8000G-Prozesoren arbeitet mit einer nativen Geschwindigkeit bis 5.200 MT/s (DDR5-5200), der real anliegende Speichertakt (MCLK) beträgt somit die bereits erwähnten 2.600 MHz. Multipliziert mit der Zahl Zwei aufgrund der Double-Data-Rate-Funktionsweise, werden aus den realen 2.600 MHz effektiv 5.200 MHz respektive 5.200 MT/s (Megatransfers). Wird das AM5-System mit diesem Speichertakt in Betrieb genommen, muss in den meisten Fällen keine lange Bootzeit befürchtet werden.
Für die AM5-Prozessoren hat AMD die DDR5-6000-Module beziehungsweise den Speichertakt von 3.000 MHz als Sweetspot deklariert und hierbei ist anzumerken, dass alles oberhalb von DDR5-5200 dem RAM-Overclocking entspricht. Wichtig ist allerdings, dass auch der Memory-Controller (UCLK) selbst mit 3.000 MHz arbeitet, was dann als 1:1-Betrieb und damit synchronisiert bezeichnet wird. Bis etwa DDR5-6200 oder auch DDR5-6400 ist ein 1:1-Betrieb möglich. Soll es hingegen in Richtung DDR5-8000 gehen, spielt der Memory-Controller nicht mehr synchron mit und es muss stattdessen der 1:2-Modus gewählt werden. Der RAM-Takt liegt dann bei 4.000 MHz, der Takt des Memory-Controllers hingegen halbiert bei 2.000 MHz. Der hohe Speichertakt kann das durch den 1:2-Modus entstehende Leistungsdefizit wieder ausgleichen.
Für die Leistung ist also gesorgt, aber es entsteht ein weiteres Problem. Und zwar wird der Memory-Controller in der AM5-CPU durch die erhöhten Speichertaktraten und womöglich angezogenen Latenzen durch das aktivierte XMP (Extreme Memory Profile) oder EXPO (Extended Profiles for Overclocking) ziemlich unter Stress gesetzt. Die Folge: Der POST dauert ziemlich lange. Je nach Speicherausbau dauert der POST in etwa 50 Sekunden bis über eine Minute, da jedes Mal ein ausgiebiges DRAM-Training absolviert wird. Auf dem Mainboard wird dies aufgrund der leuchtenden DRAM-LED und/oder durch den Debug-Code 15 ersichtlich. Es gibt natürlich Anwender, die sich daran nicht stören, aber der Großteil sicherlich schon. Gibt es für dieses Problem eine Lösung? Ja, die gibt es!
MCR verkürzt den POST enorm
AMD hat in das AGESA (AMD Generic Encapsulated Software Architecture) für die AM5-Systeme die Funktion Memory Context Restore (kurz: MCR) ins Leben gerufen, die für eine deutlich kürzere POST-Dauer sorgen kann. Anstatt bei jedem POST ein vollständiges DRAM-Training durchzuführen, lädt das BIOS schlicht ein Abbild der lauffähigen DRAM-Settings ohne ein zeitfressendes DRAM-Training zu durchlaufen. Hierdurch wird der POST im Regelfall deutlich beschleunigt, da der POST-Teil des DRAM-Trainings schlicht und ergreifend wegfällt.
Wie wird MCR aktiviert?
Um das MCR-Feature zu aktivieren, muss sich der Anwender ins BIOS vom Mainboard begeben und die Advanced-Ansicht aufrufen. In den Overclocking-Settings sind auch die DRAM-Timing-Einstellungen verortet und dort ist im Regelfall auch das MCR-Feature zu finden. Wichtig bei der Verwendung von MCR ist, dass auch Power Down mit aktiviert sein sollte/muss, da es unter Windows ansonsten einen Bluescreen geben kann. Bei einigen Mainboards wird Power Down automatisch mit aktiviert, wenn MCR aktiviert wird. In der Praxis ergibt sich mit aktiviertem MCR kein spürbarer Unterschied oder Nachteil im Betrieb. Die Latenz des Speichers steigt lediglich um 2-3 ns an, was kein Mensch bemerken kann.
Mit einem ASUS-Mainboard (wie hier am Beispiel des ROG Strix B650E-E Gaming WiFi) ist die MCR-Funktion wie folgt zu finden:
Advanced-Ansicht -> AI Tweaker (bei ROG-Crosshair-Modellen ist es Extreme Tweaker) -> DRAM Timing Control -> weiter runterscrollen
Wichtige Hinweise:
1. Sobald MCR im BIOS aktiviert wird, erfolgt direkt anschließend nochmals ein langes DRAM-Training. Anschließend sollte das System bei weiteren Systemstarts deutlich zügiger durchstarten. Nach einigen schnellen POSTs dank MCR kann einmalig ein weiteres, langes DRAM-Training erfolgen. Im Anschluss hat der Anwender dann wieder Ruhe und das System bootet für zahlreiche Male wieder sehr schnell.
2. Wenn das System nach dem Ausschalten vom Strom getrennt wird (Steckdose mit Ein- und Ausschalter), kann es passieren, dass die hinterlegten MCR-Konfigurationsdaten nicht mehr vorhanden sind. Die Folge ist, dass beim Einschalten des Stroms und des PC-Systems ein erneuter, langer POST mit komplettem DRAM-Training notwendig ist.
Stabile DRAM-Settings sind wichtig
Bevor das MCR-Feature zusammen mit Power Down im BIOS aktiviert wird, sollte darauf geachtet werden, dass die Wunsch-DRAM-Einstellungen auch wirklich stabil laufen. Dies gilt gerade dann, wenn Einstellungen gewählt wurden, die vom hinterlegten XMP/EXPO abweichen. Doch selbst wenn die Settings dem XMP/EXPO entsprechen, bedeutet es nicht automatisch, dass diese Einstellungen mit dem eigenen System stabil laufen.
Mit 3DMark TimeSpy oder auch mit Prime95 im Blend-Test sowie anderen Tests kann der Arbeitsspeicher auf Stabilität hin überprüft werden.
MCR an und aus: Der (große) Unterschied
Mit folgendem System haben wir den Unterschied zwischen aktiviertem und deaktiviertem MCR festhalten:
- AMD Ryzen 7 7800X3D
- ASUS ROG Strix B650E-E Gaming WiFi (BIOS: 2412)
- 2x 32 GB DDR5-6000 G.Skill Ripjaws S5 (F5-6000J3636F32GX2-RS5K) bei CL32-36-36-84-1T und 1,35 V VDIMM
- MSI GeForce RTX 4080 VENTUS 3X OC
- Seasonic Prime TX-850
Werbung
Anhand der beiden Balken wird ersichtlich, wie groß der Unterschied ausfällt. Während MCR im BIOS deaktiviert ist, wird für den kompletten POST inklusive dem langen DRAM-Training 64,30 Sekunden und damit mehr als eine Minute in Anspruch genommen. Wird MCR hingegen aktiviert, ist das System in 15,69 Sekunden mit dem POST fertig und beginnt mit dem Ladevorgang von Windows 11.
Fazit: MCR an oder aus?
Ob MCR aktiviert werden sollte, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wie bereits erwähnt, wird sich nicht jeder Anwender über einen POST von etwa einer Minute stören. Doch für all die Anwender, die ein schnell startendes System bevorzugen, bietet sich mit Memory Context Restore ein sehr interessantes und nützliches Feature an, das den POST deutlich verkürzen kann.