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Smartphones, Tablets, VR-Brillen, Windows-Rechner und mehr: Für den neuen Snapdragon 835 rechnet Qualcomm mit einem sehr viel breiteren Einsatzbereich als bei den Vorgängern. Das erhöht natürlich die Anforderungen, die der Chip erfüllen muss, gleichzeitig stellt sich aber auch die Frage, wie genau man dem gerecht werden will. Konkrete Antworten gibt es aber nur wenige.
Fest steht immerhin, dass der Snapdragon 835 die Modelle 820 und 821 ablösen wird. Letzterer wurde erst Mitte Juli angekündigt und bislang in vergleichsweise wenigen Geräten verbaut, darunter das Google Pixel XL. Aber auch der Snapdragon 820 ist erst rund ein Jahr alt, anzutreffen in diversen Oberklasse-Smartphones wie dem HTC 10 oder Moto Z. In welcher Form der neue SoC erstmals erhältlich sein wird, ist noch ungewiss. Für Verbraucher soll es im ersten Halbjahr 2017 losgehen, spätestens auf dem MWC dürften entsprechend bestückte Endgeräte zu sehen sein.
Der auf den ersten Blick größte Unterschied zwischen Snapdragon 835 und Snapdragon 820/821 betrifft die Zahl der CPU-Kerne. Verließ Qualcomm sich hier zuletzt auf zwei Cluster mit je zwei Kernen, sind es nun zweimal vier. Aber auch die Taktraten steigen. Waren es im Performance-Cluster bislang maximal 2,35 GHz, können nun 2,45 GHz erreicht werden. Größer fällt die Steigerung im Efficiency-Cluster aus, aus 1,6 werden 1,9 GHz. Leider verrät das Unternehmen nicht, wie die Taktung des etwa 3 Milliarden starken SoCs im Detail aussieht. Können alle Kerne eines Clusters das maximale Tempo gleichzeitig erreichen? Oder nur zwei? Sind vier völlig unterschiedliche Taktraten parallel vorgesehen? Antworten dürften erst die entsprechenden Testgeräte liefern.
Mit Blick auf die technischen Details der Kerne selbst ist man hingegen auf Qualcomm angewiesen. Die hören nun auf den Namen Kryo 280 und sollen effizienter als der Vorgänger Kryo arbeiten. Was konkret verändert wurde, behält man für sich, bezüglich der Kern-Performance oder des Caches kann nur spekuliert werden. In diesem Zusammenhang verwundert es auch, dass es keinerlei Angaben zur CPU-Leistung gibt – auf das übliche „x % schneller als der Vorgänger“ verzichtet Qualcomm vollständig. Immerhin: Überwiegend soll lediglich das Efficiency-Cluster zum Einsatz kommen, nähere Angaben fehlen aber auch hier.
Dafür verrät man in Bezug auf die GPU einen Wert. Gleich 25 % schneller soll die neue Adreno 540 Grafiken rendern können, ebenso ist von 60-mal mehr Display-Farben die Rede. Da OpenGL ES 3.2, OpenCL 2.0, DirectX 12 und Vulkan unterstützt werden, dürfte es sich bei der Grafiklösung lediglich um eine leicht angepasste Variante der Adreno 530 aus dem Snapdragon 820/821 handeln. Takt- oder Füllraten werden nicht verraten, auch zur Zahl der Shader-Einheiten äußert man sich nicht. Nur grobe Auskünfte gibt es in Richtung Immersion. So werden nach eigenen Angaben die Vorgaben diverse AR- und VR-Systeme in Bezug auf Leistung, Abwärme und Effizienz eingehalten, konkret genannt wird aber nur Google Daydream. Darüber hinaus soll der SoC dank der neuen GPU keine Probleme mit 4K-Premium-Material (HDR10) und im Umgang mit 10-Bit-Displays haben. Die Unterstützung der für Motion Tracking wichtigen sogenannten „six degrees of freedom“ (6DoF) erreicht man ebenfalls.
Auch zum DSP und ISP äußert man sich – nicht ohne Grund. Schließlich sind die Rollen der beiden Komponenten in den vergangenen Jahren nicht nur bei Qualcomm wichtiger geworden. Der ISP – Spectra 180 – kann mit entweder einem 32-Megapixel-Sensor oder zwei 16-Megapixel-Sensoren umgehen und bietet entsprechend die Unterstützung für Dual-Kamera-Smartphones wie dem Huawei Mate 9 oder iPhone 7 Plus. Ebenfalls kann der Spectre 180 mit optischen Zoom-Systemen und schnellen sowie Hybrid-Autofokus-Lösungen umgehen und unterstützt das Kodieren von HDR-Videos sowie die Hardware-seitig beschleunigte Gesichtserkennung für schnelleres Fokussieren. Videos können maximal mit UHD-Auflösung und 30 Bildern aufgenommen werden, bei der Wiedergabe sind 60 Bilder pro Sekunde möglich; H.264 und H.265 werden unterstützt. Zum DSP – Hexagon 682 – verrät Qualcomm, dass die Fortschritte gegenüber früheren Modellen vor allem beim Machine Learning eine wichtige Rolle spielen sollen. Das soll beim Fotografieren ebenso eine Rolle spielen wie in den Bereichen Smart Automobiles, Datenschutz und AR/VR. Hier können unter anderem die Frameworks TensorFlow und Halide von den Verbesserungen profitieren.
Ebenfalls Bestandteil des neuen SoCs sind die unter dem Begriff iZat zusammengefassten Lokalisierungsfunktionen wie GPS und Galileo sowie die Sicherheits-Engine Haven. Letzteren unterstützt die Authentifizierung mittels Fingerabdruck, Augen- und Gesichtserkennung. Sie kann aber auch zur Legitimierung des Geräts selbst verwendet werden, als weitere Einsatzbereiche nennt Qualcomm Bezahlen mit dem Smartphone oder die Sicherung sensibler Daten.
Für Europa eher nebensächlich ist das neue X16-Modem. Das entspricht beim Download nun Cat 16, beim Upload immerhin noch Cat 13, was Geschwindigkeiten von einem Gbit/s respektive 150 Mbit/s bedeutet; beim Vorgänger X12 waren die Limits bei 600 und 150 Mbit/s erreicht. Hiesige Netze werden derartige Übertragungsraten auf absehbare Zeit nicht bieten. Profitieren kann man hingegen vom integrierten WLAN-Modul. Dank 2x2-MU-MIMO-Architektur und ac-Standard soll es nicht nur hohe, sondern auch stabile Übertragungsraten ermöglichen – ein entsprechendes Gegenstück im Netz vorausgesetzt. Gegenüber dem Snapdragon 820, bzw. dessen WLAN-Modul, soll das neue Modell etwa 50 % kompakter ausfallen und bis zu 60 % sparsamer arbeiten. Optional bietet der Snapdragon 835 auch den ad-Standard, der auf kurze Entfernungen bis zu 4,6 Gbit/s ermöglichen soll und in erster für drahtlose Docking-Lösungen interessant ist. Aber auch in puncto Bluetooth gibt es eine Veränderung, geboten wird hier erstmals Version 5.0, die vor allem mit ihren höheren Datenraten überzeugen soll.
Zu den weiteren Eckdaten des neuen SoCs gehören unter anderem die Unterstützung von Dual-Channel-LPDDR4-Speicher mit bis zu 1.866 MHz, Quick Charge 4.0 mit bis zu 20 % kürzeren Ladezeiten im Vergleich zu Quick Charge 3.0 und einer verbesserten Effizienz sowie ein DAC mit 32-Bit/384-kHz-Support; für Bluetooth-Audio stehen die Protokolle aptX und aptX HD bereit. Gefertigt wird der Snapdragon 835 als erster SoC des Unternehmens im 10-nm-FinFET-Verfahren. Auch deshalb soll der Chip effizienter als seine Vorgänger arbeiten, die Ersparnis gibt man mit bis zu 25 % an. Durch fehlende, konkrete Angaben zur Leistung, ist eine Einschätzung des Potentials schwierig.
Der Sprung von vier zu acht CPU-Kernen dürfte für den Spitzenplatz bei Multi-Thread-Anwendungen helfen, die höheren Taktraten hingegen in Single-Thread-Szenarien. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie sich der SoC außerhalb von Versuchsträgern schlägt – Skepsis ist nicht erst seit dem Snapdragon 810 angebracht. Und zu guter Letzt heißt es abwarten, was den Einsatz in Windows-Geräten angeht. Denn durch die notwendige Emulierung von Win32-Software dürfte eine hohe Leistung gefordert sein, der von Qualcomm versprochene überwiegende Betrieb im Schongang dürfte diesbezüglich nicht stattfinden – was wiederum den Energiebedarf in Höhe treiben würde.
Update:
Auf der Pressekonferenz zur CES 2017 äußerte sich Qualcomm noch einmal zu den Einsatzbereichen des Snapdragon 835 und auch zu den weiteren Betätigungsfeldern. Der Snapdragon 835 soll nicht nur in ähnlich vielen Smartphones zum Einsatz kommen, die der Vorgänger 820/821, sondern ebenfalls in VR-Hardware, Kameras und auch kompletten PCs, was dank der neuen x86-Emulation von Windows 10 auch technisch keine Hürde mehr darstellt. Die ODG R-8 ist eine erste AR/VR-Brille, die auf den Snapdragon 835 setzt.
Außerdem gib es einige Informationen zur Entwicklung der 5G- und IoT-Sparte. Unter anderem gehört dazu die Ankündigung, dass Volkswagen in Zukunft verstärkt Prozessoren und Modems aus dem Hause Qualcomm einsetzen wird. Im April will Swarowski eine erste Smartwatch vorstellen, die einen Snapdragon als SoC einsetzt.