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Warum AMD die Ryzen-Threadripper-Prozessor gar nicht mehr braucht

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Warum AMD die Ryzen-Threadripper-Prozessor gar nicht mehr braucht
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Im Rahmen der Investoren-Präsentation im Mai veröffentlichte AMD ein Update seiner Prozessoren-Roadmap für das Jahr 2019. Das Fehlen der Ryzen-Threadripper-Prozessoren der 3. Generation sorgt aber für einigen Wirbel. Hat AMD tatsächlich kein Interesse mehr die Ryzen-Threadripper-Prozessoren fortzusetzen oder erscheinen diese einfach nur viel später als erwartet? Haben die Ryzen-Threadripper-Prozessoren überhaupt noch eine Daseinsberechtigung?

Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass AMD auch auf dem Sockel AM4 Ryzen-Prozessoren mit bis zu 16 Kernen plant und diese offenbar auch auf den Markt bringen wird. Damit lägen die Ryzen-Prozessoren auf Niveau der ersten Generation der Ryzen-Threadripper-Prozessoren. Die aktuelle Generation der HEDT-CPUs von AMD kommt im Falle des Ryzen Threadripper 2990WX auf 32 Kerne. Die nächste Generation der EPYC-Prozessoren kommt auf bis zu 64 Kerne, entsprechend wurde dies auch für die Ryzen-Threadripper-Prozessoren erwartet.

Doch der Tests des Ryzen Threadripper 2990WX und 2950X sowie der HCC- und XCC-Prozessoren von Intel, namentlich Core i9-9980XE und Xeon W-3175X haben gezeigt, dass es nur sehr wenige Anwendungsfelder gibt, in denen mehr als 16 Kerne überhaupt sinnvoll sind. Mit einem Ryzen-Prozessor der 3000-Serie mit 12 und 16 Kernen deckt AMD zukünftig bereits einen sehr großen Bereich von Anwendern ab, die von vielen Kernen profitieren können und ihre CPU nicht nur für Spiele verwenden.

Die Frage, ob es für AMD Sinn macht, die Ryzen-Threadripper-Prozessoren fortzusetzen, hängt sicherlich von vielen Faktoren ab. Wie hoch sind die Verkaufszahlen - und lohnt es sich demnach die Plattform am Leben zu halten? Ist die Lücke für eine Enthusiasten-Plattform noch groß genug, um diese zu bedienen oder reicht eine Neuausrichtung der EPYC-Prozessoren?

Bisher hat AMD nach eigener Aussage immer die besten Chips für die Ryzen-Threadripper-Prozessoren verwendet. Für diese und die EPYC-Prozessoren wird AMD sicherlich eine Gewichtung vornehmen müssen und in diesem Jahr scheint klar die Serversparte im Fokus zu stehen. Insofern wäre es nicht verwunderlich, wenn sich AMD zunächst einmal auf den Servermarkt konzentriert.

Doch es gibt womöglich auch technische Gründe, die gegen einen Ryzen-Threadripper-Prozessor mit bis zu 64 Kernen sprechen: So verfügt die TR4-Plattform über nur vier Speicherkanäle. Die EPYC-Prozessoren bieten aber bis zu acht Speicherkanäle und dies wird bei bis zu 64 Kernen wohl auch notwendig sein, um die doppelte Anzahl an Kernen mit Daten füttern zu können. Ohne Änderungen in der Plattform wird es AMD nicht möglich sein, die Anzahl der Speicherkanäle zu erhöhen. Die Vorteile der TR4-Plattform bleiben die hohe Anzahl an PCI-Express-Lanes und die dennoch gegenüber den Ryzen-Prozessoren mindestens doppelt so hohe Anzahl an Kernen.

Zudem ist es bereits heute möglich, eines der EPYC-Modelle als Workstation-CPU zu verwenden, auch wenn die Auswahl an entsprechenden Mainboards eher gering ist. Wer aber ernsthaft eine Alternative zu den Xeon-Prozessoren bei AMD im Workstation-Bereich sucht, wird eine Lösung finden und dies mindert einmal mehr die Daseinberechtigung der Ryzen-Threadripper-Prozessoren. AMD könnte mit einer Neupositionierung einiger EPYC-Modelle sicherlich auch eine gute Alternative bieten – im Zusammenspiel mit dem Angebot entsprechender Workstation-Mainboards über seine Partner.

Schlussendlich gibt es auch aus dem Umfeld der Mainboardhersteller deutliche Anzeichen, dass die TR4-Plattform bzw. die Mainboards mit X399-Chipsatz kein echter Verkaufsschlager sind. Das Interesse die Plattform fortzuführen hält sich daher sicherlich auch aus dieser Ecke in Grenzen.

Die Ryzen- und EPYC-Prozessoren sind der aktuelle Fokus von AMD und die Ryzen-Threadripper-Prozessoren waren wohl von Beginn an nur als "Spezialprojekt" geplant und hatten keinen längerfristigen Zeitplan. Dennoch haben sie AMD dabei geholfen, die eigene Marke zu stärken und den blauen Riesen aufzuwecken. Ohne die Ryzen- und Ryzen-Threadripper-Prozessoren hätten wir heute womöglich noch keine Desktop-Prozessoren mit acht Kernen – von der Perspektive bald 12 oder gar 16 Kerne in diesem Segment zu haben, einmal ganz abgesehen.

Womöglich werden wir auf der Computex Ende Mai genaueres über die Pläne von AMD mit den Ryzen-Threadripper-Prozessoren erfahren.