Vor einigen Tagen machte ein Video auf sich aufmerksam, welches inzwischen jedoch wieder gelöscht wurde. Thema dieses war das Undervolting eines neuen Ryzen-Prozessors, der mit niedrigeren Spannungen sogar höhere Taktraten erreichen sollte. Allerdings stellte sich später heraus, dass zwar der Boost-Takt kurzzeitig höher war, die Leistung aber fast linear ebenfalls sank.
Auch im Rahmen unserer Artikel zum Ryzen 9 3900X, Ryzen 7 3700X und natürlich dem Ryzen 5 3600X kam immer die Frage nach dem Undervolting der neuen Ryzen-Prozessoren. In Anbetracht des Videos und auch einiger Nutzererfahrungen haben wir uns das Verhalten eines Ryzen 5 3600X einmal genauer angeschaut. An dieser Stelle auch ein Dankeschön an den Nutzer Krustovsky, der uns mit Werten eines AMD Ryzen 7 3700X auf einem ASUS ROG Strix B450I mit dem BIOS 2406 und der AGESA-Version 1.0.0.2 versorgt hat. Wir haben unsere Tests mit einem ASUS ROG Crosshair VIII Hero und dem BIOS mit AGESA 1.0.0.3 AB durchgeführt.
Doch nun zu den Ergebnissen des AMD Ryzen 5 3600X, ASUS ROG Crosshair VIII Hero, BIOS 0702, AGESA 1.0.0.3 AB:
CPU VID (BIOS) | CPU VID (CPU-Z) | Boost-Takt (max) | Cinebench R20 nT (Punkte) |
Auto | 1,344 V | 4.242 MHz | 3.684 |
Offset -0,05 V | 1,304 V | 4.167 MHz | 3.624 |
Offset -0,075 V | 1,280 V | 4.117 MHz | 3.596 |
Offset -0,0875 V | 1,264 V | 4.117 MHz | 3.567 |
Offset -0,1 V | 1,256 V | 4.242 MHz | 3.425 |
Manuell 1,05 V | 1,048 V | 4.192 MHz | 2.992 |
Hier deutlich zu erkennen ist, dass bei reduzierter Spannung zwar die Boost-Taktraten stabil bleiben oder gar steigen, die Leistung im Cinebench R20 aber sinkt. Ähnlich verhält sich die Leistung für andere Multi-Threaded-Anwendungen. Nur in einem extrem schmalen Fenster von wenigen mV bleibt die Leistung noch weitestgehend erhalten. Beim Ryzen 7 3700X, dessen Ergebnisse wir uns noch anschauen werden, haben wir außerdem die Leistungsaufnahme mit aufgenommen.
Hier treten gleich mehrere Probleme auf, die zum einen mit dem Design der Ryzen-Prozessoren zusammenhängen, zum anderen aber mit dem Auslesen falscher Werte begründet sind. Dies kennen wir bereits von den fehlerhaft ausgelesenen Idle- und Deep-Sleep-Stati der neuen Ryzen-Prozessoren. So sorgt eine Verringerung der VID mitnichten auch direkt zur einer Reduzierung der Spannung am Prozessor, sondern dieser versucht über die VRMs mehr Spannung zu bekommen. Liegt die Spannung unter Last beispielsweise bei 1,3125 V und wird via Offset um -25 mV reduziert, kommt es dazu, dass die Spannung eigentlich auf 1,33125 V erhöht wird. Wird der Offset erhöht, erhöht sich meist auch die Spannung bis zu einem Maximum. Hier kommt es dann zu einem weiteren Effekt.
Auf der anderen Seite greift ein Mechanismus namens Clock Stretching. Wird eine zu geringe Spannung detektiert, wird der Takt des Prozessors schlagartig reduziert. Genau wie das kurzzeitige Anheben der Spannung wird auch diese eigentliche Reduzierung des Taktes von den Programmen nicht erfasst und stattdessen werden die kurzzeitigen Takt-Spitzen als Boost-Takt interpretiert. Das Clock Stretching ist eigentlich eine Sicherheitsmaßnahme, die einen Absturz des Systems aufgrund zu geringer Spannung verhindern soll. Im Falle eines gewünschten Undervoltings arbeitet die Maßnahme aber natürlich entgegen des eigentlichen Wunsches des Nutzers.
Ausgelesen werden aber eine reduzierte Spannung (die aufgrund des Clock Stretching zu Stande kommt) und eine meist höhere Taktrate der CPU-Kerne. Die Benchmark-Ergebnisse sind aufgrund des Clock Stretching aber geringer.
Wir haben außerdem die Werte für einen Ryzen 7 3700X und einen Ryzen 9 3900X ermittelt:
CPU VID (BIOS) | CPU VID (CPU-Z) | Boost-Takt (max) | Cinebench R20 nT (Punkte) |
Auto | 1,320 V | 4.142 MHz | 4.836 |
Offset -0,05 V | 1,288 V | 4.242 MHz | 4.840 |
Offset -0,075 V | 1,264 V | 4.167 MHz | 4.822 |
Offset -0,0875 V | 1,256 V | 4.217 MHz | 4.838 |
Offset -0,1 V | 1,240 V | 4.367 MHz | 4.770 |
Manuell 1,05 V | 1,048 V | 4.217 MHz | 4.024 |
Der Ryzen 7 3700X verhält sich bei uns etwas anders. Hier wird die Leistung nicht derart stark reduziert – zumindest nicht bis zu einem gewissen Bereich der Spannung. Zugleich stellt sich natürlich die Frage, ob sich hier nicht zumindest in der Leistungsaufnahme größere Veränderungen durch das Undervolting zeigen. Dem ist leider nicht so. Wir sprechen hier von Änderungen im Bereich von wegen W.
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Es besteht also ein kleines Fenster für ein Undervolting, viel Spielraum ist aber nicht vorhanden und die Einsparungen sind auch immer mit einer Beobachtung der Leistung zu kombinieren. So verbraucht der Ryzen 7 3700X nur noch etwas mehr als 60 W und bringt es noch auf knapp über 4.000 Punkte. Dies bedeutet eine Reduzierung der Leistung um 17 %, aber der Stromverbrauch wird um 40 % gedrückt.
CPU VID (BIOS) | CPU VID (CPU-Z) | Boost-Takt (max) | Cinebench R20 nT (Punkte) |
Auto | 1,288 V | 4.142 MHz | 7.225 |
Offset -0,05 V | 1,256 V | 4.117 MHz | 7.226 |
Offset -0,075 V | 1,240 V | 4.491 MHz | 7.122 |
Offset -0,0875 V | 1,224 V | 4.541 MHz | 7.119 |
Offset -0,1 V | 1,216 V | 4.451 MHz | 7.167 |
Manuell 1,05 V | 1,048 V | 4.466 MHz | 5.871 |
Dem Ryzen 9 3900X ergeht es wie die übrigen beiden Testkandidaten. Auf dem Papier steigt der Takt teilweise deutlich an, an der Leistung tut sich aber wenig. Ebenso auch bei der Leistungsaufnahme, so dass ein Undervolting auch hier in dieser Form wenig sinnvoll ist.
Ryzen-Nutzer machen ähnliche Erfahrungen
Zudem gibt es noch die Ergebnisse mit einer alten AGESA-Version, da hier vielleicht ein anderes Verhalten zu vermuten ist. Diese Tests fanden mit einem AMD Ryzen 7 3700X, ASUS ROG Strix B450I, BIOS 2406, AGESA 1.0.0.2 statt:
CPU VID (BIOS) | CPU VID (CPU-Z) | Boost-Takt | Cinebench R20 nT (Punkte) |
Auto | 1,352 V | 4.091 MHz | 4.901 |
Offset -0,05 V | 1,308 V | 4.091 MHz | 4.859 |
Offset -0,075 V | 1,297 V | 4.116 MHz | 4.769 |
Offset -0,0875 V | 1,286 V | 4.141 MHz | 4.568 |
Offset -0,1 V | 1,275 V | 4.141 MHz | 4.346 |
Manuell 1,05 V | 1,046 V | 4.241 MHz | 4.039 |
Hier besonders auffällig ist der Anstieg des Boost-Taktes – mehr Takt bei geringerer Spannung und damit auch geringerer Leistungsaufnahme sind das eigentliche Ziel eines effektives Undervoltings. Der Undervolting-Test der AMD Radeon RX Vega 56 und Vega 64 ist hier besonders auffällig. Bei der Radeon RX 5700 und Radeon RX 5700 XT haben wir dies ebenfalls getestet, auch wenn das Undervolting weitaus weniger effektiv ist.
AMD scheint aber für den Standard-Betrieb aufgrund eines ausgeklügelten Systems aus Spannungs-, Takt- und Temperaturüberwachung bereits das Maximum aus den Prozessoren herauszuholen. Dies gilt sowohl für den Boost, als auch für den möglichst effektiven Betrieb mit den dazu passenden Spannungen. Der Spielraum für ein Overclocking und Undervolting ist also gering. Wer die Leistungsaufnahme seines Ryzen-Prozessors reduzieren möchte, muss auch immer eine reduzierte Leistung in Kauf nehmen. Die Frage ist nun, ob eine weitestgehend manuelle Steuerung des Prozessors, ohne die vielen automatischen Funktionen, hier etwas mehr Spielraum gewährt.
Beim Overclocking ist mit einer guten Kühlung noch vieles möglich. Eine Custom-Wasserkühlung oder exotischere Kühlmethoden haben wir in diesem Zusammenhang aber noch nicht beleuchten können.