Vielleicht könnt ihr ja noch einen kleinen Guide schreiben wie ihr die solid caps auswählt. Immerhin gibts beim Umstieg von Elkos auf solid caps nicht immer ne Größe die Ripple, Kapazität und Innenwiderstand abdeckt. Zumindest ich hatte das Problem am A7N8X und bin deshalb bei Elkos geblieben. Wobei den alten Boards für eine bessere Spannungsversorgung sicher ein Satz neue Kondensatoren gut tun würde.
Aus meiner bisherigen Erfahrung ist es eigentlich fast anders herum. Ein Solid Cap ist dem normalen Cap in ESR und Ripple meist deutlich überlegen, Ripple ist tlw. um den Faktor 2-3 besser, da sind 4-8A keine Seltenheit und beim ESR sieht es auch meist besser aus, da reden wir oft von einstelligen Werten. Hier kommt es eher darauf an, dass man auf ein möglichst großes Sortiment zurück greifen kann und nicht an Reichelt und Conrad gebunden ist, denn dann sieht es oft mau aus.
Das Problem bei "normalen" Caps ist halt einfach, dass ein Ersatz mit ebenfalls "normalen" Caps rein physisch vom Platz her kaum möglich wäre. Beispiel:
Rubycon MBZ 3300µF, 6.3V (häufig im CPU VRM Bereich zu finden, gilt analog für KZG 3300er, Nichicon HM etc pp...)
ESR von dem Cap liegt lt. Datenblatt bei 13
Ripple bei 2800mA
Temperatur bis 105°C
Dimension: 10x23mm, 5mm Rastermaß
Den kannst du z.B. ersetzen mit einem Panasonic FR, allerdings brauchst du wegen dem ESR hier schon mindestens die 16V Version des Caps, die kommt aber in 12,5mm Durchmesser statt 10mm und ist fast 1cm höher als der Ruby MBZ. Meist stehen die Caps aber dicht an dicht, also bekommst du die rein vom Platz her schon gar nicht unter. Alle Caps, die von den Dimensionen her passen würden, passen dann aber von ESR oder Ripple her nicht. Auch die zweite Alternative, ein Nichicon UHW – hier muss es sogar die 25V Version sein – kommt in 12,5mm Durchmesser.
Selbst wenn ich in der Kapazität runter gehe, z.B. auf einen 2200er Pana FR, komme ich von dem Problem nicht weg, denn ich brauche den niedrigen ESR und den erkaufe ich mir bei normalen Caps leider immer mit über die Größe und das heißt in diesem Fall 12,5mm Durchmesser. Dazu kommt noch das Problem, je nach Position der Caps, dass ein Cap, der mal eben 1cm höher ist, durchaus in Konflikte mit Kühlern kommen kann (insbesondere z.B. auch im AGP/PCI Slot Bereich).
Gehe ich hier hingegen auf einen Solid Cap, z.B. aus der Nichicon PLG Serie, so bekomme ich einen ESR von 8, max Ripple von knapp 7A und bleibe bei 10mm Durchmesser und gleichzeitig nur 13mm Höhe. Es stellt sich also meist bei den großen Caps im VRM Bereich gar nicht die Frage ob Alu-Elektrolyt oder organischer Polymer Cap, alleine schon aus den baulichen Gegebenheiten des Boards und den gleichzeitig technischen Anforderungen an den Kondensator.
Im VRM Bereich ist der ESR Wert, neben dem Ripple, auch ein wirklich sehr relevanter Wert, denn schon kleine Abweichungen nach oben hin können bewirken, dass das Board gar nicht mehr anläuft. Das sieht man auch immer wieder gut an Boards, die während der Produktion umgestellt wurden. Ich habe z.B. einige Boards in meiner Sammlung, die im VRM Bereich sowohl mit normalen Caps vom Hersteller kamen, als auch zum Ende der Produktion mit Solid Caps ausgerüstet wurden. Vergleicht man nun mal die Datenblätter, so stellt man ausnahmslos fest, dass es immer der ESR ist, der in jedem Falle gleich oder besser sein musste, ebenso wie max. Ripple. Die Kapazität bei den verbauten Solid Caps auf diesen Boards ist tlw. nur halb so groß und auch bzgl. der Spannung sind da oftmals 4V oder gar 2.5V Caps eingesetzt. D.h. im Umkehrschluss, dass die Hersteller z.B. keine 3300er Caps verbaut haben, weil man unbedingt die Kapazität brauchte, sondern hier waren ESR und Ripple viel mehr ausschlaggebend und die Werte bekam man nur gleichzeitig mit den hohen Kapazitäten. Das soll jetzt nicht heißen, dass man wahllos die Kapazitäten variieren sollte – ich sage nach wie vor: je näher am Original, desto besser – aber es gibt einem tlw. etwas Spielraum, wenn ich z.B. statt einem 3300er Alu-Elektrolyt einen 2700er Poly verbaue, dann ist das a) innerhalb der 20% Toleranz eines jeden Caps und b) kein Beinbruch, denn hier zählen die anderen Werte viel mehr.
Im Grunde ist daher jeder Tauschprozess auf jedem Mainboard in erster Linie eine Analyse und ein Vergleich mit Boards, mit welchen man bereits Erfahrungen hat und eine genaue Recherche zu allen Daten der verbauten Caps um ein Gefühl dafür zu bekommen, warum dort halt verbaut ist, was verbaut ist. Man sollte in jedem Falle davon Abstand nehmen, Caps nur auf die Kapazität und maximale Spannung zu reduzieren, denn wenn ich danach gehen würde, hätte ich über 800 Caps zur Auswahl, mit denen ich einen 3300er MBZ ersetzen "könnte". Das Board würde damit aber schlicht im besten Falle keinen Mucks machen, im schlimmsten Falle bei nicht passender max. Ripple des Caps, nachgelagerte Komponenten eventuell zerstören. Die Bandbreite der Schadensbilder ist also groß. Nehme ich aber die anderen Werte (ESR + Ripple) mit rein in die Betrachtung, bleiben nur noch eine Hand voll Caps übrig, die es dann zusätzlich zu meinen baulichen Möglichkeiten je Mainboard zu selektieren gilt.
Und ganz wichtig ist es am Ende immer noch, sich sicher zu sein, dass man die Aufgabe des Tauschs handwerklich sicher bewältigen kann ohne das Board zu zerstören, z.B. durch abgelöste Pads, zerstörte Leiterbahnen oder einfach zu viel Hitze an Stellen, wo sie nicht hin sollte. Auch gilt es die Unterschiede zwischen den Herstellern zu kennen, wenn es um die Markierungen der Cap-Positionen auf dem Board geht. Wer z.B. die Markierungen für +/- auf einigen ASUS Boards genau so liest, wie z.B. auf ABIT, DFI oder Gigabyte Boards, der wird – sofern es nicht kontrolliert wird – beim Einschalten sein blaues oder sagen wir besser "stinkendes" Wunder erleben. (Siehe nachfolgende Fotos zum Vergleich. Man beachte die weißen Flächen auf dem Board und die Markierungen auf den Caps im Vergleich z.B. von ASUS - DFI - ABIT). Die Caps auf dem ASUS Board sind nicht falsch rum drin, ASUS Markierungsschema ist invertiert. Solche Gefahren gilt es natürlich, neben der o.g. Auswahl der Caps, ebenso zu kennen.