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Das dritte Netzteil im Test könnte man fast als alten Bekannten bezeichnen. Die X-Series von Seasonic hatten wir bereits in verschiedenen Varianten und Revisionen im Test und somit wirkt auch das 850 Watt starke X-850 auf den ersten Blick vertraut. Die klassische X-Series ist noch in Varianten von 560, 660, 760 und 850 Watt erhältlich, wobei sich alle Modelle auch aufgrund des kompakten Gehäuses sehr ähnlich sehen. Eine neue Revision ist aber angekündigt, welche wieder die ursprüngliche Abstufung in x50W-Stufen erhalten wird. Auch wird das "550W-Modell" dann durch ein Modell der bald erscheinenden G-Serie ersetzt.
Ergänzt wurde die klassische X-Series durch zwei später erschienene Modelle mit 1050 und 1250 Watt, die sich aber im Bereich des Kabelmanagements unterscheiden. An den wesentlichen Features der X-Series hat sich nichts geändert: 80PLUS Gold, voll-modulares Kabelmanagement, semi-passive Lüftersteuerung, hohe Leistungsfähigkeit und sehr stabile Ausgangsspannungen.
Zwar sind Modelle der X-Series schon eine ganze Zeit auf dem Markt, aber zwischenzeitlich hat Seasonic die Platinum-Reihe als neue High-Linie vorgestellt und die Konkurrenz hatte auch erst einmal den Vorsprung der X-Series aufzuarbeiten. Daher sollte auch das X-850 immer noch sehr konkurrenzfähig sein. So hat z.B. der Ansatz von Seasonic, die Buchsen für stark belastete Verbindungen von der Tochterplatine auf die Hauptplatine zu verlagern, andere Hersteller zu ähnlichen Lösungen inspiriert.
Vor der X-Series waren voll-modulare Netzteile eine Ausnahmeerscheinung, nur Silverstone hatte einmal im High-End-Bereich ein entsprechendes Modell im Portfolio. Seasonic hat seine Version des voll-modularen Kabelmanagements von Beginn an gut umgesetzt und mittlerweile gibt es voll-modulare Modelle auch von anderen Herstellern, auch wenn manche den Nutzen eines abnehmbaren ATX-Hauptstromkabels angesichts der potentiellen Nachteile bezweifeln.
Gut gepolstert in Schaumstoff-Formelementen liefert Seasonic das X-850 zusammen mit seinem Zubehör aus. Die Anschlußkabel sind in einer Doppeltasche untergebracht und werden durch die üblichen Beilagen wie Handbuch, Kabelbinder und Schrauben ergänzt. Das Netzteil ist mit einer Banderole versehen, die den User auf das semi-passive Lüfterverhalten hinweist, damit niemand das Netzteil für kaputt hält, weil der Lüfter nicht gleich anläuft.
Das X-850 ist ein klassisches Single-Rail-Netzteil, dessen 12V-Schiene mit 70 Ampere ausgelegt, was einer nominalen Leistung von 840 Watt entspricht. Die Nebenspannungen, die wie üblich über VRM, also per DC-DC-Wandlern generiert werden, sind zusammen mit bis zu 125 Watt belastbar.
Seasonic setzt bei den X-Series-Modellen einen hochwertigen 120-mm-Lüfter ein, welcher aber dank der semi-passiven Lüftersteuerung nur selten zum Einsatz kommen muss. Im Test arbeitet das X-850 bis hin zu einer Last von ca. 40 Prozent im passiven Modus. Die Drehzahl steigerte sich im Testverlauf von 530 U/min bei 50 Prozent Last, über 560 U/min bei 60 Prozent und 1350 U/min bei 80 Prozent, bis hin zu knapp 1900 U/min bei Volllast. Bei niedriger Drehzahl arbeitet der Lüfter sehr leise und auch seine Kugellagerung macht sich nicht akustisch bemerkbar. Aus etwas Abstand ist das X-850 nicht wahrzunehmen. Bei 80 Prozent machen sich Lüfterrrauschen und -lagerung etwas bemerkbar, wohingegen das Lüfterrauschen bei Volllast deutlich wahrnehmbar ist, aber noch nicht als laut bezeichnet werden kann. Bis hin zu mittelhoher Last kann sich das X-850 also als angenehm leises Netzteil präsentieren.
Neben dem voll-modularen Kabelmanagement und dem semi-passiven Betrieb war beim Erscheinen des ersten X-Series-Modell die Effizienz nach 80PLUS Gold ein Novum. Diese Effizienz ist mittlerweile im High-End-Segment zum Standard geworden, was vermutlich einer der Gründe dafür war, dass Seasonic die Platinum-Modellreihe als Weiterentwicklung der X-Series herausgebracht hat. In der Praxis ist der Unterschied zwischen Gold und Platinum meist aber nur gering, zumal manches Gold-Netzteil mittlerweile die Platinum-Anforderungen in zwei von drei Punkten erfüllt. Wer also auf meist nur einen einzigen Prozentpunkt an Effizienz verzichten kann, ist auch weiterhin mit einem guten 80PLUS-Gold-Netzteil bestens bedient.
Die Aufteilung des ATX-Kabels auf Netzteilseite auf zwei Steckanschlüsse war bei Einführung zwar gewöhnungsbedürftig, aber mittlerweile dürften viele den Hintergrund verstanden haben. Stark belastete Leitungen, also +12V und Masse, werden über die untere Buchse (siehe Bild: untere Reihe links) geführt, die zwecks möglichst kurzer Leitungswege direkt auf der Hauptplatine des Netzteils angebracht ist. Weniger wichtige Spannungsschienen und Signalleitungen werden über die größere Buchse (obere Reihe links) geführt. So sind dann auch die 8-Pin-CPU-Stromversorgung und zwei Kombibuchsen für PCI-Express-Anschlüsse in der unteren Reihe zu finden. Vorteile in Sachen Komfort bietet Seasonics voll-modulares Kabelmanagementsystem nicht, aber in der Praxis ist es gut zu nutzen.
Eine Schwäche hat das Layout, das Seasonic fast unverändert seit Erscheinen der X-Series verwendet, aber doch: Bei höherwattigen Modellen ist die Anzahl an anschließbaren Kabel begrenzt und insbesondere beim 850W-Modell nur als durchschnittlich zu bezeichnen. Es lassen sich vier PCI-Express- und ein 8-Pin-EPS-Stecker gleichzeitig verwenden, aber wenn man zwei 8-Pin-EPS-Stecker benötigen würde, müsste man auf zwei PCI-Express-Anschlüsse verzichten. Im Vergleich bietet die Konkurrenz teilweise sechs PCI-Express- und zwei 8-Pin-EPS-Stecker gleichzeitig. Bei den neueren Modellen X-1050, X-1250 und den Platinum-Varianten hat Seasonic noch zwei zusätzliche 12-Pin-Kombi-Buchsen untergebracht, was diese Modelle deutlich besser stellt.
Das Seasonic X-Series 850W erscheint natürlich nicht mehr so revolutionär wie zum Start vor knapp zwei Jahren, aber Technik, Ausstattung und der insgesamt leise Betrieb machen es immer noch zu einem sehr guten Netzteil, wobei sich zwischenzeitlich die X-Series auch insgesamt einen sehr guten Ruf erarbeitet hat.