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Die Kombination aus Core m7-6Y75 und 8 GB RAM konnten wir in den vergangenen Wochen schon zweimal testen - sowohl im Dell XPS 12 als auch im Lenovo Yoga 900S. Schon zwischen diesen beiden Geräten gab es teils spürbare Leistungsunterschiede. Das ThinkPad X1 Tablet setzt aber noch einen drauf, was daran liegt, dass Lenovo von der Möglichkeit „cTDP up“ Gebrauch macht.
Das ThinkPad X1 Tablet ist gedopt
Damit kann die maximale Verlustleistung von den üblichen 4,5 auf 7 W angehoben, was im Alltag das längere Halten hoher Taktraten erlaubt. An den restlichen Eckdaten ändert das aber nichts. Zur Verfügung stehen zwei CPU-Kerne nebst Hyper-Threading, eine Geschwindigkeit von 1,2 bis 3,1 GHz sowie - gerade für den Business-Bereich wichtig - vPro. In den 16-nm-Chip integriert ist eine HD Graphics 515 mit 300 bis 1.000 MHz, die wie üblich ohne eigenen Speicher und Cache auskommen muss; vom 4 MB großen L3-Cache sowie den 8 GB DDR3-Arbeitsspeicher wird also etwas abgezwackt.
In nackten Zahlen ausgedrückt ermöglicht die Konfiguration auch dank der flotten NVMe-SSD (maximal 1.674 und 733 MB beim Lesen und Schreiben) rund 4.600 und 2.300 Punkte in PCMark 7 und 8 sowie 2,57 und 228 Punkte in Cinebench 11 und 15. Gegenüber dem Yoga 900S bedeutet das ein CPU-Leistungsplus von gut 30 bis 50 %. Ähnlich sieht es im für diese Gerätekategorie weniger wichtigen 3DMark aus. Für den Alltag bedeutet das mehr als genügend Leistung für Office und Browser-Betrieb, selbst Bildbearbeitung ist problemlos möglich. Allerdings sollte eine hohe Auslastung nicht über einen längeren Zeitraum vorliegen.
Denn trotz „cTDP up“ und den sich daraus ergebenden 7 W Verlustleistung drosselt der Prozessor. Schon nach nur einer Minute lagen Taktraten im Test bei Volllauslastung bei 700 und 450 MHz (CPU/GPU). Wird nur eine der beiden Komponenten gefordert, wird deutlich schneller gearbeitet - in der Praxis ist ein solches Szenario weitaus wahrscheinlicher.
Aber dennoch: Ein Allrounder ist das ThinkPad X1 Tablet ebenso wenig wie vergleichbar bestückte Geräte. Auch wenn so mancher Hersteller etwas anderes verspricht.
Heißes Gehäuse
Die Kehrseite der höher gewählten TDP ist die Temperaturentwicklung. Während die Core-m-Prozessoren mit gewöhnlichen 4,5 W in Tests in der Spitze zwischen 60 und 70 °C landeten, erwärmt sich der Chip im Lenovo-Tablet auf bis zu 83 °C. Das ist kein kritischer Wert, er zeigt jedoch die Grenzen der passiven Kühlung auf. Viel mehr Leistung können die Prozessoren nicht liefern, ohne dass die Hersteller auf eine aufwendigere Kühlung setzen müssen - das Acer Switch Alpha 12 lässt grüßen. Aber nicht nur im Chip geht es heiß her, auch am Gehäuse zeigen sich die Spuren der hohen Verlustleistung. Werden auf der Rückseite im Leerlauf durchschnittlich knapp 28 °C erreicht, sind es nach längeren Volllastphasen schon 45°C. Dieser Wert alleingenommen ist schon kein Ruhmesblatt, kritisch wird es, wenn man sich einzelne Punkte anschaut. Denn in der Spitze konnten im Test knapp 55 °C gemessen werden. Bei längerem direkten Hautkontakt drohen hier ernsthafte Verletzungen.
Zu hungrig
Seine liebe Mühe mit der Technik hat der 37 Wh fassende Akku. Zwar präsentiert sich der Core m7-6Y75 bei geringer und mittlerer Last als ausgesprochen sparsam, die vergleichsweise hohe Display-Auflösung macht sich aber bemerkbar. Während das ThinkPad X1 Tablet im Leerlauf mit rund 4 W auskommt und damit zu den besten seiner Art gehört, werden unter voller Last mehr als 21 W und damit 50 % mehr als im Yoga 900S benötigt. Auf den Prozessor entfallen dabei jeweils knapp 0,4 und 8 W.
Mehr als durchschnittliche Resultate sind in den Benchmarks deshalb nicht möglich. Battery Eater spricht von nicht ganz 10 und 2,5 Stunden bei geringer und hoher Last, im PCMark 8 reicht es für 3 Stunden. Fernab einer Steckdose lassen sich komplette Arbeitstage dementsprechend nicht überbrücken. Abhilfe verspricht das Productivity-Modul für 190 Euro, das laut Lenovo für 50 % mehr Laufzeit sorgen soll. Geladen wird das Gerät über die USB-Typ-C-Buchse, das Netzteil liefert bis zu 45 W.
Display zwischen gut und Mittelmaß
So ungewöhnlich das Display mit seinen 12 Zoll und 2.160 x 1.440 Pixeln auch wirken mag: In den vergangenen Wochen durchliefen mit dem Samsung Galaxy TabPro S und Acer Switch Alpha 12 schon zwei andere Tablets mit den gleichen Eckdaten den Testparcours. In allen drei Fällen handelt es sich aber um unterschiedliche Panels. Im Falle des ThinkPad X1 Tablet kommt dies aus - laut Analyse-Software - eigener Fertigung, tatsächlich dürfte sich aber einer der üblichen Zulieferer dahinter verbergen. Zum Einsatz kommt die IPS-Technik, was sich in einer guten Farbdarstellung und großzügigen Betrachtungswinkeln bemerkbar macht.
Die maximale Helligkeit beträgt 406 cd/m², die Homogenität gute 83 %. Mit bloßem Auge sind Unterschiede nicht zu erkennen, auch in erster Linie das untere Drittel dunkler ausfällt. Während das Kontrastverhältnis von 1.150:1 ebenfalls gut gefällt, gibt es hinsichtlich der Farbneutralität Nachholbedarf. Durchschnittlich rund 7.000 Kelvin sorgen für einen erkennbaren Blaustich. Besser sieht es bezüglich der Farbraumabdeckung aus: Bei sRGB werden 91 % erreicht, bei AdobeRGB sind es 52 %.
Fazit
Mehr Leistung als die direkten Konkurrenten, ein gut umgesetzter Standfuß, volle Einsatzbereitschaft auch unterwegs dank LTE-Modem und eine Tastatur mit hohem Schreibkomfort - und dennoch will der Funke nicht so richtig überspringen. Dass das ThinkPad X1 Tablet am Ende keine klare Empfehlung verdient, liegt im Wesentlichen nur an zwei Punkten. Zum einen stört schon nach kurzer Zeit das wenig verwindungssteife Tastatur-Dock, zum anderen kosten die unter Umständen hohen Gehäusetemperaturen Punkte. Die Drosselung des Prozessors überrascht hingegen ebenso wenig wie die nur durchschnittlichen Laufzeiten - mehr Akku ist in einem solchen Gehäuse nicht unterzubekommen und die vergleichsweise hohe Leistung hat eben ihre Schattenseiten; gegensteuern kann man immerhin mit dem passenden Zusatzmodul.
Davon abgesehen gefällt das ThinkPad X1 Tablet grundsätzlich durch die zahlreichen möglichen Konfigurationen, die eine große Bandbreite an Einsatz- und Preisspannen abdecken. Schon die zweitkleinste Zusammenstellung für knapp 1.700 Euro bietet ein hohes Maß an Mobilität.
Ob und wie viele Mitbewerber es gibt, hängt von den eigenen Bedürfnissen ab. Microsofts Surface Pro 4 ist beispielsweise nur dann ein Konkurrent, wenn man entweder einen stärkeren Prozessor und dadurch schlechtere Laufzeiten oder aber weniger RAM und eine kleinere SSD in Kauf nimmt. Aus dem Hause Lenovo kommen unter Umständen das Miix 700 ab knapp 1.200 Euro sowie das ThinkPad Helix 2nd Gen für 1.700 Euro in Frage. Kann auf einen Stift verzichtet werden, kommen das HP Elite x2 1012 G1 und Fujitsus Stylistic-Reihe hinzu.
Positive Aspekte des Lenovo ThinkPad X1 Tablet (20GH-0030GE):
- für ein Core-m-System hohe Leistung
- gut verarbeitetes Gehäuse
- überzeugender Standfuß
- sehr gute Tastatur
- integriertes LTE-Modem
Negative Aspekte des Lenovo ThinkPad X1 Tablet (20GH-0030GE):
- Tastatur-Dock mit geringer Verwindungssteife
- Prozessor wird unter Volllast gedrosselt
- Gehäuse wird unter Volllast zu warm