Mit den Ryzen-Threadripper-Pro-Prozessoren schließt AMD die Lücke zwischen den EPYC-und den bestehenden Threadripper-Modellen. AMD dürfte dies gemacht haben, weil es entsprechende Anfragen aus dem Workstation-Segment gegeben hat. Die Speicheranbindung über acht Speicherkanäle sowie der maximale Ausbau von bis zu 2 TB dürfte die Hauptrolle in der Ausrichtung der Plattform gespielt haben.
Bewusst haben wir auf einen direkten Vergleich zwischen dem Ryzen Threadripper 3990WX und dem Ryzen Threadripper Pro 3995WX verzichtet. Die 64 Zen-2-Kerne haben beide gemein und somit beschränkt sich der Hauptunterschied auf das Angebot an PCI-Express-Lanes (128 vs 64) und eben das Speicherinterface. Aber kommen wir nun zur Beurteilung der Benchmarkergebnisse:
Vergleicht man die Leistung des Ryzen Threadripper 3990WX mit dem, was Intel in diesem Segment zu bieten hat, dann fällt das Urteil für Intel verheerend aus. Egal ob der von uns getestete Xeon W-3175X oder dessen nomineller Nachfolger Xeon W-3275 – Intel sieht hier kein Land mehr. Die 28 Skylake-Kerne sind einfach nicht in der Lage, gegen AMDs 64 Zen-2-Kerne auch nur annähernd etwas auszurichten. Mit der Vorstellung der 3. EPYC-Generation alias Milan auf Basis der Zen-3-Architektur und der damit erwarteten Vorstellung der nächsten Ryzen-Threadripper-Generation wird dieser Abstand noch einmal anwachsen. Intel hat das High-End-Desktop- und teilweise auch das Workstation-Segment in den vergangenen Jahren komplett ignoriert und seinem Konkurrenten überlassen. AMD dominiert hier alles – sei es in der Leistung oder aber auch hinsichtlich der gesamten Plattform. 128 PCI-Express-4.0-Lanes sind für so manchen Nutzer ein ausschlaggebendes Argument und werden hier eben mit starken 64 Kernen kombiniert, während Intel in fast allen Bereichen das Nachsehen hat.
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Wenn Intel mithalten will, dann muss man sich schon auf hochspezialisierte Anwendungen verlassen. Solche mit AVX512-Unterstützung seien hier genannt. Unsere DL-Boost/INT8-Benchmarks beim Xeon W-3275 zeigten dies ebenfalls auf. Aber dies schränkt das Einsatzgebiet solcher Prozessoren natürlich stark ein.
Mit in Betracht gezogen werden muss auch: Während sich der Xeon W-3175X bis zu 356 W unter Last genehmigt, kommt der Ryzen Threadripper Pro 3995WX mit 280 W aus. Diese 280 W unter Dauerlast sind natürlich noch immer nicht sparsam, dafür aber bekommt man auch 64 Kerne, die gleichzeitig arbeiten können, was dann wiederum nur 4,375 W pro Kern entspricht. Bei Intel sprechen wir von 9,14 W pro Kern - ein großer Unterschied also. Diese Zahlenspiele lassen sich auch auf weitere Bereiche ausweiten. Beim Arbeitsspeicher ermöglicht der Xeon W-3175X 18,3 GB pro Kern (512 GB / 28 Kerne), beim Ryzen Threadripper Pro 3995WX sind es theoretisch 32 GB pro Kern (2.048 GB / 64 Kerne). Etwas besser ist das Bild bei der Speicherbandbreite pro Kern. Hier kommt AMD mit seinem Workstation-Monster auf rund 2,2 GB/s pro Kern, während es bei Intel 3,2 GB/s pro Kern sind. Diesen Vorteil kann Intel aber nur selten ausspielen.
Die Frage wer aktuell die bessere Workstation-Plattform bietet, ist eigentlich schnell beantwortet. AMD liefert mehr Kerne, die im Zweifel im 1:1-Vergleich auch noch mindestens gleich schnell sind. Die Single-Threaded-Vorteil hat Intel mit den vergleichsweise alten Skylake-Kernen längst verloren. Hinzu kommt bei AMD die Unterstützung von PCI-Express 4.0 und davon bietet man gleich auch noch 128 Lanes an. Den Speicherausbau haben wir bereits angesprochen. Es gibt also wenig, was noch für Intel in diesem Bereich spricht, es sei denn man legt es wirklich auf AVX512 und DL-Boost/INT8 an.
AMD wird seinen Weg weitergehen. Auf Basis der neuen EPYC-Prozessoren sind auch wieder neue Ryzen-Threadripper-Modelle zu erwarten. Ob es dann auch gleich wieder Pro-Modelle geben wird, bleibt abzuwarten. Bei Intel muss zunächst einmal ein Umdenken stattfinden. Lange hat man den HEDT- und Workstation-Bereich einfach laufen lassen, doch inzwischen ist der Rückstand eklatant und eigentlich dürfte kaum noch ein Kunde in der Lage sein, sich dies schönreden zu können. Vereinzelt mag es noch Sinn machen auf einen Xeon-W zu setzen, aber von diesen Einzelfällen wird Intel keine Produktpalette aufrechterhalten können. Die Ice-Lake-Prozessoren mit ihren bis zu 40 Kernen könnten für Intel die Möglichkeit sein, hier einen Neuanfang zu starten.
Ansonsten bleibt festzuhalten, dass AMD mit den Ryzen-Threadripper-Prozessoren und exemplarisch mit dem 3995WX aktuell die Speerspitze in diesem Bereich darstellt. Wer als Content Creator nicht nur möglichst viele Kerne in Verwendung hat, der ist hier genau richtig aufgehoben und bekommt mit der Speicheranbindung und den 128 PCI-Express-Lanes die passende Plattform geliefert. Das ASUS Pro WS WRX80E-SAGE SE WIFI bildet dabei eine sehr gute Basis und lässt kaum Wünsche offen. Viel mehr an Ausstattung lässt sich hier derzeit sicherlich auch nicht auf einem Mainboard umsetzen.
Preislich ist man hier mit 868 Euro sogar in einem Bereich, was aktuell die teuersten Z590-Boards für Rocket Lake-S kosten sollen. Der Ryzen Threadripper Pro 3995WX ist dazu im Gegensatz mit 5.230 Euro natürlich kein Schnäppchen und muss seine Kerne einige Zeit rechnen lassen, bis sich diese bezahlt gemacht haben. In diesem Bereich wird allerdings knallhart gerechnet und wenn ein Rendering oder eine bestimmte Aufgabe um 50 % schneller berechnet werden kann, dann lohnt sich eine solche Anschaffung recht schnell.