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Bundesregierung wartet bei Vorratsdatenspeicherung nicht auf Luxemburg

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Bundesregierung wartet bei Vorratsdatenspeicherung nicht auf Luxemburg
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Die Bundesregierung erhöht beim Thema Vorratsdatenspeicherung das Tempo. Hieß es aus dem Bundesjustizministerium zunächst, dass man das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg (EuGH) abwarten wolle, war davon schon Mitte Januar nicht mehr viel übrig. Ein Referentenentwurf solle in den kommenden Tagen entstehen, so die vor knapp vier Wochen geäußerte Feststellung, mit einem Regierungsentwurf als Basis für Kabinettsberatungen und Abstimmungen in Bundestag und Bundesrat würde es jedoch erst nach einem Votum aus Luxemburg geben.

Lange Bestand hat aber auch dies nicht gehabt. Denn wie die Linken-Abgeordnete Halina Wawzyniak in ihrem Blog schreibt, vertritt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) nun erneut eine andere Meinung. Denn im Rechtsausschuss des Bundestags erklärte der Politiker, dass man das Urteil des EuGH nun doch nicht abwarten wolle. Auf Nachfrage Wawzyniaks sei geantwortet worden, dass man davon ausgehe, „dass möglicherweise die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vom EuGH für unzulässig erklärt wird, nicht aber das Instrument Vorratsdatenspeicherung. Es sei deshalb angestrebt “präventiv” zu handeln und nicht auf eine neue Richtlinie zu warten“, so die Worte der Abgeordneten.

Begründet wurde die neue Haltung der Bundesregierung gegenüber diesem Thema mit den Möglichkeiten, die das baldige erarbeiten eines Gesetzesentwurfs bieten würde. Denn eine strenge deutsche Regelung könnte „auf die neue EU-Richtlinie Einfluss nehmen“.

Unabhängig von der eigenen Meinung birgt dieser Schritt die Gefahr, dass ein vorab erarbeiteter Gesetzesentwurf in einigen Punkten mit einer neuen Richtlinie kollidieren würde. Denn noch ist völlig unklar, ob und welche Punkte der derzeitigen Fassung 2006/24/EG der Europäische Gerichtshof als unzulässig einstufen wird. Dem Gutachten von Generalanwalt Cruz Villalón zufolge verstossen zumindest die Punkte Dauer der Speicherung und Zugriff auf gespeicherte Daten in der jetzigen Form gegen die Grundrechte-Charta der EU. Denkbar ist jedoch, dass die zuständigen Richter nur diese einzelnen Abschnitte für ungültig erklären, sondern die gesamte Richtlinie. In einem solchen Fall, der von der Bundesregierung jedoch als unwahrscheinlich eingestuft wird, hätte ein deutscher Gesetzesentwurf keinerlei europäische Grundlage mehr.

Warum man das Tempo in dieser Angelegenheit erhöhen will, wurde nicht erläutert. Ein Motiv könnten jedoch die im Spätherbst bevorstehenden Landtagswahlen in Brandburg, Sachsen und Thüringen sein. Veränderte Machtverhältnisse in diesen drei Bundesländern  hätten Einfluss auf die Mehrheiten im Bundesrat. Somit könnte die derzeit schon nur mit Mühe erreichbare Mehrheit für die Politik der großen Koalition noch schwerer zu erreichen sein - denn in letzter Instanz muss die Länderkammer der Vorratsdatenspeicherung zustimmen.

Quellen und weitere Links

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