Werbung
Bislang finanzierten große Verlage ihre Online-Angebote meist über das Printgeschäft quer, da dort in den letzten Jahren deutlich höhere Werbeumsätze generiert werden konnten, während die Werbeindustrie im Internet trotz teils deutlich größerer Reichweiten weitaus weniger bezahlte. Die Querfinanzierung wird jedoch nicht auf Dauer bestehen bleiben können, schließlich sind die Budgets der Werbetreibenden für das Internet in den letzten Jahren kräftig angestiegen, wohingegen die Printtitel mit stetig fallenden Auflagen- und Umsatzzahlen zu kämpfen haben.
Deutschlands größtes Medienhaus Axel Springer hat den Wandel der Medienlandschaft unlängst erkannt und wird sich langsam aber sicher komplett aus dem Geschäft der gedruckten Inhalte zurückziehen, zumindest hatte sich der Verlag im Juli 2013 für satte 920 Millionen Euro von zahlreichen, durchaus umsatzstarken Print-Titeln verabschiedet. Inzwischen macht der Konzern fast die Hälfte seines Umsatzes im Digital-Geschäft. Obwohl Axel Springer in den letzten Monaten auch mit Paid-Content im Internet experimentierte und das Geschäftsmodell durchaus rentabel verfolgt, ist man bei der Tageszeitung taz noch ein wenig experimentierfreudiger.
Während die meisten Medienhäuser in Sachen Paid-Content im Internet auf das Metered- oder Freemium-Modell setzen, führte die überregionale Tageszeitung im November 2012 eine „Pay-Wahl“ ein, bei der man seine Leser lediglich bittet, aber nicht verpflichtet, für die angebotenen Inhalte zu bezahlen. Seitdem wird beim ersten Aufruf eines Artikels auf taz.de ein Layer über den Text gelegt, der zunächst am Weiterlesen hindert. Darin wird der Leser gefragt, ob ihm der Artikel wert sei, ein paar Euro oder Cent zu bezahlen. Wird die Frage mit einem „Ja“ beantwortet, kann ein selbst definierter Betrag wahlweise per Überweisung, Kreditkarte, PayPal, Lastschrift oder dem Handy bezahlt werden. Die andere Alternative wäre, die Frage mit einem „Nein“ zu beantworten. Dann schließt sich der Layer und der Leser kann trotzdem den Artikel lesen.
Diese freiwilligen Zahlungen sollen der Tageszeitung im März fast 10.500 Euro eingebracht haben, womit die Zahlungen seit der Einführung der „Pay Wahl“ auf einem stabilen Niveau blieben. Insgesamt konnte die taz damit knapp 230.000 Euro einnehmen. Ein Großteil dieser Summe stammt von freiwilligen Zahlern, die monatlich, vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich einen festen Betrag für den Online-Auftritt der Taz bezahlen. Im März sollen das immerhin etwa 7.600 Euro gewesen sein.
[figure image=http://www.hardwareluxx.de/community/images/stories/newsbilder/astegmueller/2012/taz_pay_wahl_k.png link=http://www.hardwareluxx.de/community/images/stories/newsbilder/astegmueller/2012/taz_pay_wahl.png alt=onlineshop_km_elektronik_insolvenz]Die„Pay-Wahl“ auf taz.de.[/figure]
Neben traditionellen Anzeigen setzt die Tageszeitung bei ihrem Online-Auftritt aber auch auf Flattr. Dieser Dienst ermöglicht es Internet-Nutzern ebenfalls freiwillig für Online-Inhalte zu bezahlen. Hierbei muss lediglich ein Account bei Flattr erstellt werden, auf das monatlich eine feste Summe eingezahlt wird. Dieses Geld wird dann an alle Websites, die der Nutzer im Laufe eines Monats über den Flattr-Button direkt unter den Artikeln unterstützt hat, aufgeteilt. Welcher Betrag dabei am Ende bei den Seitenbetreibern ankommt, hängt davon ab, wie oft diese im Monat geflattert wurden. Zudem fließen zehn Prozent der Monatssumme an den Dienstleister selbst.
Hier zieht die taz eine bittere Bilanz. Zwar konnte die Tageszeitung damit im letzten Monat fast 780 Euro netto einnehmen, doch sind die Erlöse in den letzten Monaten immer weiter gesunken, über 1.150 Euro konnten innerhalb eines Monats über Flattr schon eingenommen werden. Ein Klick wurde damit in den letzten Jahren immer mehr wert. Pro Klick verdient die taz aktuell etwa 30 Cent. Im April 2011 war ein Klick nur die Hälfte wert. Allerdings klickten zuletzt nur noch etwa 1.270 Flattr-Nutzer auf den Button, während es damals noch fast 4.850 Unterstützer waren.
Geflattert wird zudem nicht das, was der Redaktion einen großen Recherche-Aufwand beschert und die Redakteure viel Arbeit kostet, sondern eher auf die Artikel, die gegen die „Lieblingsfeinde unserer Leser“ gehen, schreibt man im hauseigenen taz-Blog. Je deftiger das Blatt austeilen würde, desto häufiger würden die Leser auf den Flattr-Button drücken. Kolumnen und Kommentare, die sich gegen Uli Hoeneß oder gegen Raubkopierer innerhalb der SPD richteten, wurden im März am häufigsten unterstützt.
Auf taz.de ist Flattr damit kein Butten, mit dem Leser die journalistische Arbeit der Redakteure unterstützen, sondern ein Button „für Häme und Schadenfreude“, resümiert man. Doch selbst wenn die Flattr-Einnahmen kontinuierlich auf dem Höchststand liegen würden, würden sie nicht ausreichen, um die Kosten für Server, Traffic, Webseite und vor allem für die Redaktion zu tragen. Flattr ist ein gutes Zubrot, aber längst keine Alternative für Werbebanner.