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Seit dem 13. September sperrt der Axel-Springer-Verlag seine Leser mit aktiviertem Adblocker auf Bild.de aus. Wer die Webseite der Boulevardzeitung mit einem eingeschalteten Werbeblocker besucht, bekommt seit drei Wochen anstatt der Inhalte nur noch einen Warnhinweis angezeigt. Darin heißt es, dass die Webseite mit aktiviertem Adblocker nicht zu besuchen sei und man diesen wahlweise für Bild.de abstellen oder aber ein kostenpflichtiges Abo abschließen solle. Dieses schlägt monatlich mit 2,99 Euro zu Buche und soll „bis zu 90 % weniger Werbung“ enthalten und gleichzeitig bis zu 50 % kürzere Ladezeiten ermöglichen.
Schnell kursierten im Netz zahlreiche Anleitungen, um die Werbeblockersperre von Bild.de zu umgehen. Autoren solcher Hinweise wurden allerdings durch die Kanzlei Lubberger Lehment im Auftrag der Bild GmbH abgemahnt und aufgefordert, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen sowie die Anwaltskosten in Höhe von fast 1.800 Euro zu übernehmen.
Dabei stützten sich Verlag und Kanzlei auf den Paragraf 95a des Urheberrechtsgesetzes. Dieser besagt, dass wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines urheberrechtlich geschützten Werkes nicht ohne Zustimmung des Rechtsinhabers umgangen werden dürfen. Rechtsexperten bezweifeln allerdings, ob die Umgehung einer Werbeblockersperre eine technisch wirksame Maßnahme für den Schutz eines Werkes sei. Abgemahnt wurde auch ein YouTube-Nutzer, welcher ein Video veröffentlichte, in dem aufzeigt wurde, wie man Bild.de weiterhin mit aktiviertem Werbeblocker benutzen kann. Er wehrt sich nun gegen die Abmahnung. Die Entwickler des populären, aber auch umstrittenen Werbeblockers Adblock Plus wurden zwar ebenfalls abgemahnt, wollen aber von der Aktion auch profitiert haben. Wenige Stunden nach Scharfschalten der Werbeblockersperre auf Bild.de habe man überdurchschnittlich viele Spenden von Nutzern erhalten.
Über 2/3 sollen Werbeblocker abgestellt haben
Im Rahmen der Bekanntgabe seiner neusten Geschäftszahlen zog der Axel-Springer-Verlag heute eine erste Bilanz seiner Werbeblockersperre. Wie man auf Twitter bekannt gab, hätten in den ersten drei Wochen zwei Drittel der Adblock-Nutzer ihren Blocker für den Online-Auftritt der Bild-Zeitung abgestellt. Dies entspräche insgesamt drei Millionen vermarktbaren Visits, die Adblocker-Rate läge auf Bild.de nun im einstelligen Bereich. Zuvor habe mit 23 % knapp jeder Vierte Bild.de-Leser einen Adblocker eingesetzt.
Wie man bei Golem.de allerdings nachrechnet, erscheinen diese Zahlen nicht plausibel. Bei den rund 180 Millionen Visits, die Bild.de im September erreichte, wären dem Verlag bei einer Adblocker-Quote von 23 % etwa 40 Millionen vermarktbare Visits verloren gegangen. Sollten davon tatsächlich zwei Drittel ihren Adblocker deaktiviert haben, wären das statt 3 Millionen rund 27 Millionen im Visits im Monat. Ungeachtet davon aber bleibt, wie viele der Adblock-Nutzer ein entsprechendes Bildsmart-Abonnement abgeschlossen und ihren Blocker weiterhin aktiv haben. Ein Sprecher des Verlages war für eine Stellungnahme jedenfalls nicht zu erreichen.
Inwieweit das Onlineportal an Reichweite verloren hat, werden die IVW-Zahlen für Oktober 2015 zeigen, die Ende dieser Woche veröffentlicht werden. Sollte Bild.de durch seine Maßnahmen seine Einnahmen tatsächlich deutlich gesteigert haben, dürften demnächst andere Verlage nachziehen. Stern.de, Sueddeutsche.de und Spiegel Online könnten dem Vorbild schon bald folgen.