Wochen vor der vermuteten Premiere des Galaxy S9 hat Samsung bereits heute eine wichtige Komponente vorgestellt. Der auf den Namen Exynos 9810 getaufte neue SoC soll nicht nur mehr Leistung als sein Vorgänger liefern, sondern in zwei Punkten zur Konkurrenz aufschließen. Einige technische Details verrät Samsung nicht, stattdessen verliert man sich in Allgemeinplätzen.
Auffallend ist, wie ähnlich der Exynos 9810 Qualcomms Snapdragon 845 ist. Das betrifft nicht nur den grundlegenden Aufbau mit zwei CPU-Clustern, das bis zu 1,2 GBit/s schnelle LTE-Modem oder die Unterstützung der gleiche neuen Kodier- und Dekodierfunktionen. Auch das 16 Bit breite Quad-Channel-Speicher-Interface für LPDDR4X-RAM kennt man bereits vom neuen Snapdragon. Gleiches gilt für die Fertigung im 10-nm-LPP-Verfahren.
Das es sich aber nicht einfach nur um einen umgelabelten und dann minimal veränderten Chip handelt, zeigen die Abweichungen. So kann der Exynos 9810 beispielsweise einzelne Kameras mit bis zu 24 Megapixel ansteuern, Dual-Kamera-Systeme können jeweils bis zu 16 Megapixel bieten. Beim Snapdragon 845 liegen die Grenzen bei 32 und zweimal 16 Megapixeln.
Davon abgesehen verwendet Samsung in wichtigen Bereichen aber teils andere Komponenten. Zwar greift man für das Efficiency Cluster wie auch Qualcomm auf ARMs Cortex-A55 zurück, das Performance Cluster bildet hingegen aber Samsungs Eigenentwicklung Exynos M3. Beide Cluster bestehen aus jeweils vier CPU-Kernen, die allerdings entsprechend der DynamiQ-Technik aufgebaut sind. Die ermöglicht einen flexiblen Aufbau, auch mit gemischter CPU-Bestückung innerhalb eines Clusters, Gebrauch scheint Samsung davon aber nicht zu machen.
Apples Vorsprung dürfte kleiner werden
Details zum Exynos M3 verrät man nicht, auch Angaben zum Cache fehlen. Verraten wird hingegen, dass die Taktraten höher ausfallen, als beim Exynos 8895, der unter anderem im Galaxy S8 (Test) und Galaxy Note 8 (Test) steckt. Das Efficiency Cluster erreicht in der Spitze nun 1,9 statt 1,7 GHz, im Performance Cluster liegt das Limit nun bei 2,9 statt 2,3 GHz. Zusammen mit den nicht näher genannten Architekturveränderungen soll das gegenüber dem Exynos 8895 zu einer Verdoppelung der Single-Core-Leistung führen, die Multi-Core-Leistung soll 40 % höher ausfallen. Orientiert man sich an den Geekbench-4.1-Werten des Galaxy Note 8, dürfte der Exynos 9810 in der Single-Core-Wertung auf dem Niveau des iPhone 8 Plus (Test) mit seinem A11 Bionic liegen. Für die Multi-Core-Wertung gilt das hingegen nicht, hier dürfte eine größere Lücke bleiben. Das deutet darauf hin, dass das Performance Cluster hohe Taktraten nur auf einem, maximal auf zwei Kernen gleichzeitig nutzen kann.
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Noch weniger Daten gibt Samsung mit Blick auf die GPU preis. Fest steht, dass es sich um eine Mali-G72 MP18 handelt. Das sind zwei Shader-Einheiten weniger als bei der im Exynos 8895 verbauten Mali-G71 MP20, die Leistung dürfte aber dennoch höher ausfallen. Zumindest dann, wenn man sich am Huawei Mate 10 Pro (Test) orientiert. Der dort verbaute Kirin 970 nutzt ebenfalls eine Mali-G72, allerdings nur in der Ausbaustufe MP12. Die allein erreicht jedoch bereits das GPU-Performance-Niveau des Exynos 8895.
Einen kleinen, aber dennoch wichtigen Unterschied zwischen Exynos 9810 und Snapdragon 845 gibt es beim LTE-Modem. Zwar soll das im neuen Samsung-SoC verbaute Modem mit 1,2 GBit/s (LTE Cat 18, 3GPP Release 13) zwar die gleiche Geschwindigkeit wie das X20-Modem erreichen, der Weg dorthin ist jedoch ein etwas anderer. Während Qualcomm dies mit fünffacher Carrier Aggregation mit jeweils 20 MHz breitem Spektrum schafft, spricht Samsung von sechsfacher Carrier Aggregation bei gleicher Breite. Die Unterstützung von 256-QAM ist bei beiden Modems vorhanden, ebenso das 4x4-MIMO-Design. Ob letzteres im Exynos 9810 ebenfalls bei bis zu drei Carriern der Fall ist, ist nicht bekannt. Ein Fragezeichen steht hinter der Upload-Geschwindigkeit. Samsung spricht diesbezüglich von bis zu 200 MBit/s, technische möglichen wären aber nur 150 MBit/s (LTE Cat 13, 3GPP Release 12) oder 225 MBit/s (LTE Cat 15, 3GPP Release 13). In beiden Fällen beträgt die maximale Modulationsstufe 64-QAM.
Durch Änderungen an DSP, ISP und anderen Komponenten soll der Exynos 9810 unter anderem eine höher Leistung bei der Bildverarbeitung liefern, die sich unter anderem durch Echtzeit-Tiefenschärfe, eine verbesserte Video-Stabilisierung und höherer Bildqualität bei schlechten Lichtverhältnissen bemerkbar machen soll. Videos können maximal in 2160p120 aufgenommen werden, neu sind die Unterstützung von HEVC mit 10 Bit sowie VP9.
Darüber hinaus verspricht Samsung Deep-Learning-Fähigkeiten, die auf einem neuralen Netzwerk basieren sollen. Das macht nach eigenen Angaben das schnelle und präzise Erkennen von Objekten und Personen möglich, die 3D-Gesichtserkennung wird explizit als mögliche Funktion genannt. Auch hier dürfte das Ziel - ähnlich wie bei der CPU-Leistung - Apple heißen. An anderer Stelle werden dann aber doch auch wieder Erinnerungen an den Snapdragon 845 geweckt. Denn auch der Exynos 9810 soll über eine sogenannte Secure Processing Unit verfügen. Diese soll in erster Linie für den sicheren Umgang mit biometrischen und Gesundheitsdaten zuständig sein. Ob es sich dabei wie im Qualcomm-SoC um einen eigenen, in den SoC integrierten Prozessor mit mehreren Sicherheitsebenen handelt, ist unklar.
Dass der Exynos 9810 Ende Februar in Form des Galaxy S9 auf dem MWC in Barcelona vorgestellt wird, verspricht Samsung zwar nicht. Allerdings verrät das Unternehmen, dass der neuen SoC bereits in Serie gefertigt wird.