Die Kontakte habe ich beruflich bedingt.Das klang aber Anders. Wenn es nicht so sein sollte, dann sorry.
Vielleicht sollte ich einmal erklären wie es gerade in meinem Berufsalltag so aussieht. Ich leite in unserer Einrichtung den Fachbereich Ambulant Betreutes Wohnen für Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Wir unterstützen in unserem Versorgungsgebiet ca 220 Menschen und sind auch nicht der einzige Anbieter gehren aber zu den größten für diesen Personenkreis. Ich selbst arbeite mit einem kleinen teil selbst noch in der Praxis um den Blick nicht dafür zu verlieren, womit meine Mitarbeiter täglich konfrontiert sind, um ein Verständnis dafür zu behalten was für die Praxis wichtig ist.
In der jetzigen Situation arbeiten wir mehr oder weniger im Blindflug und haben mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen.
Ich muss einerseits die Arbeit komplett umstrukturieren. Maßnahmen ergreifen die das Weiterarbeiten ermöglichen und gleichzeitig alle Beteiligten so gut wie möglich schützen. Maßnahmen zu ergreifen Mitarbeiter und klienten soweit zu separieren, dass im Falle einer Infektion nicht der ganze Fachbereich unter Quarantäne gestellt wird. Das heißt aber auch kreative Wege der Leistungserbringung zu entwickeln. Das habe ich mit meinem Team auch getan. Das Problem was wir haben ist folgendes. Vieles steht so nicht im Leistungskatalog oder in der Zielvereinbarung der Klienten. Ich weiß nicht was ich von dem was wir aktuell tun auch refinanziert wird. Der Kostenträger das Land Niedersachsen (seit 2020 vorher war es die Kommune).
Zudem wird es so langsam schwierig meine Mitarbeiter ausreichend zu schützen. Das Desinfektionsmittel reicht noch bis Mitte nächster Woche. und wir gehören laut Behörde nicht zu der systemrelevanten Berufsgruppe. Das heißt ich werde wohl nichts nachbekommen.
Das bringt auch noch andere Probleme mit sich. Ich habe mit der zuständigen Gesundheitsaufsicht gesprochen, wie es sich mit einer Entschädigung verhält, wenn ein Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt wird und ausfällt. Da gibt es auch noch strenge Auflagen. Ich muss nachweisen, dass er bei der Ausübung ausreichend geschützt war, das Risiko durch den Arbeitgeber minimiert wurde. Mitte nächster Woche stehe ich vor dem Dillemma. Lasse ich weiter arbeiten oder schicke ich alle nach hause. 220 Menschen wären dann unversorgt. Unsere Einrichtung kann dann eigentlich komplett dicht machen. Denn ohne behördliche Anordnung den Betrieb einzustellen gibt es dann auch wiederum keine Entschädigung. Anspruch auf Schutzmasken oder einem Test bei einem Verdacht haben wir auch nicht. Unsere Klienten denen es fast allen sehr schlecht geht haben auch keine Möglichkeit zur krisenintervention ins Krankenhaus zu gehen. Nur die akuten Notfälle, die nach PsychKG zwangseingewiesen werden, bekommen noch ein Bett. Den ersten Suizid hatten wir schon, weil jemand mit den Ängsten und der Situation nicht zurecht kam. Wir hatten zwar noch versucht ihn zur Krisenintervention ins Krankenhaus zu bekommen, wurden aber abgewiesen, weil es für die Situation zurzeit nicht akut genug war. Nun hat die Sparkasse angekündigt nächste Woche ihre schalter zu schließen. wir haben aber einige Klienten, die können sich das Geld nur am Schalter abholen. wie das für die weiter geht wissen wir auch nicht. Die Tafeln haben ebenfalls geschlossen. Ich habe für unsere Klienten schon ein Krisentelefon eingerichtet um auch Nachts und am Wochenende dazu sein. Wir wechseln uns im Kollegenkreis ab. Ob ich das finanziert bekomme, weiß ich nicht. Der Sozialpsychiatrische Dienst der Kommune hat sich auch weitgehend abgeschottet. Ist nur telefonisch zu erreichen und mach nur in gut begründeten Fällen eine Ausnahme.
Aber auch andere Einrichtungen mit denen wir kooperieren haben schier unlösbare Probleme. Der Tagesaufenthalt für Obdachlose fährt nur noch ein Notprogramm für eine begrenzte Anzahl an Obdachlosen (nach Anordnung der Behörden). Viele fallen daraus. Da dort aber viele Obdachlose postalisch gemeldet sind und diese sich um ALG II oder Grundsicherungsleistungen zu erhalten besteht folgendes Problem. Um die existenssichernden Leistungen vom Amt zu erhalten müssen sie sich drei mal pro woche im Tagesaufenthalt melden und eine Unterschrift zu leisten. Tun sie das nicht werden sie abgemeldet und erhalten keine Leistungen mehr. Zurzeit können das viele also nicht mehr. Die Behörden haben aber noch keine Antwort auf die frage gegeben, ob diese Menschen denn nun weiter ihr Geld bekommen. Wir bekommen einfach keine Antwort.
Das ist zurzeit mein beruflicher Alltag.