Jeder argumentiert, besonders die alten Menschen müssten geschützt werden. Deren Versorgung zu hause oder auch in Pflegeheimen ist zurzeit aber wesentlich schlechter.
- so ziemlich alle teilstationären einrichtungen (wie Tagesstätten für Menschen mit Behinderung oder auch alten Tagesstätten (nennt sich meist Tagespflege) haben sehr früh geschlossen. Die Tagespflege für ältere Menschen wird aber nicht nur von Bewohnern der Pflegeheime besucht sondern auch von Menschen die noch zu hause leben. Diese bleiben nun zu Hause, zum Teil auch völlig isoliert, weil es keine Angehörigen gibt oder weil der abgebrochen ist oder weil die Angehörigen weiter wegwohnen
- Pflegedienste haben ihre Leistungen deutlich eingeschränkt. Zum einen weil sie ihren Dienst umstrukturiert haben, und Personal zu hause bleibt um infektionsbedingte Ausfälle zu kompensieren, oder weil deren Personaldecke ohnehin schon sehr ausgedünnt ist. Das liegt aber daran, dass dort ein enormer Konkurrenzkampf herrscht. Die großen Pflegedienste von AWO und Diakonie, Caritas usw sind enorm in Schieflage geraten, weil sie entweder nach TVÖD zahlen oder in Anlehnung. Die vielen kleinen privaten Anbieter tun das aber nicht. Die Pflegesätze sind aber mittlerweile so gering bzw. berücksichtigen die Lohnsteigerungen nicht, dass es dort zu einem Problem geworden ist. Siehe hier:
https://www.neuepresse.de/Nachricht...drohen-mit-Ausstieg-aus-ambulanter-Versorgung. Noch schwieriger wird es wenn von den Pflegediensten Personal zwangsrekrutiert wird, falls es in den Krankenhäusern eng wird. Das führt aber auch dazu, dass niemand Professionelles mehr die Vorerkrankungen richtig im Blick haben kann. Je länger das andauert, desto problematischer wird es.
- viele Pflegeheime lassen im Zuge von Corona ebenfalls ein Teil des Personals zu hause um noch einen Puffer zu haben, ähnlich wie die Pflegedienste. Dort war man aber vorher schon am Limit. Zudem kommen ja auch keine angehörigen mehr, die vorher ja auch einiges abgenommen haben. Als mein Schwiegervater mal zur Kurzzeitpflege war, bin ich auch mit ihm zur Toilette gegangen, habe ihm beim Essen geholfen oder auch mal beim Duschen.Als angehöriger, ist man dann auch mal mit demenigen nach draußen gegangen. Das tun andere Angehörige auch und entlastet das Personal auch im Alltag. Man kann jetzt nicht davon ausgehen, dass hier noch richtig versorgt und gepflegt werden kann. Wahrscheinlich reicht es kaum noch für "satt und sauber".
Das alles soll einfach aufzeigen, dass der pure Aktionismus und die Beschränkung der Perspektive auf Corona dazu führt, dass die Situation derer für die wir Solidarität zeigen sollen schlechter ist wie je zuvor. Und sie wird zunehmend schlechter je länger wir so weitermachen. Wie sich das auf die Menschen auswirkt, dir meine Kollegen und ich begleiten, habe ich bereits ausführlich geschildert. Und die Frage ob es Menschenleben nicht wegen Corona sondern aufgrund der durch die Maßnahmen verursachten dramatischen Versorgungslage für die Schwächsten der der Gesellschaft (alte Menschen, menschen mit Behinderung, arme Menschen, Kinder die in Problemfamilien leben usw) kosten wird, stellt sich nicht. Denn die wird es geben, die Frage ist wieviele es sein werden. Und auch hier ist klar je länger desto mehr werden es sein. Je länger es andauert, desto mehr medizinische Notfälle entstehen daraus und desto mehr wird es dann auch medizinische Kapazitäten binden.