@Matschgo: Bei der Durchflussdiskussion gibt es nur eine physikalische Wahrheit, aber x verschiedene Perspektiven unter der man sie für bestimmte Zielsetzungen oder Vorlieben bewerten kann. Diese Perspektiven ändern aber nichts am physikalischen Sachverhalt - ich glaube das wird am liebsten missverstanden bei diesen Diskussionen
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Die Aussage, dass hoher Durchfluss nichts bringt ist z.B. nur richtig, wenn man sie relativiert und sagt: "Höherer Durchfluss bringt ab einem Wert von XY nichts Nennenswertes mehr in Punkto Kühlleistung". Was aber für den einzelnen nennenswert ist, hängt wiederum von seinem Verständnis ab, wie stark sich z.B. Temperaturen in Punkto OC, Stromverbrauch etc. tatsächlich auswirken. Hinzu kommt die Problematik, dass das was im PC-Bereich allgemein und speziell auch im Wakü-Bereich unter "messen" von physikalischen Größen verstanden wird, in aller Regel sehr wenig mit dem zu tun hat, was messen tatsächlich bedeutet. Zur Bewertung von Ergebnissen kommt deshalb meistens noch dazu, dass nur allzu gern übersehen wird, mit welchen teilweise monströsen Messunsicherheiten viele Werte korrekter Weise betrachtet werden müssten. Fehlinterpretationen sind auch deshalb leider eher die Regel als die Ausnahme.
Eine Wakü ist an sich ja ein einfaches System, was man eigentlich relativ leicht korrekt beschreiben kann, aber sobald es um die Zusammenhänge geht, welche Größen sich auf andere in welchem Maße und mit welcher Konsequenz auswirken, schalten meiner Erfahrung nach selbst alte Hasen manchmal leider das Hirn aus.
Im Übrigen unterschreibe ich die Aussage jederzeit, dass sich selbst in der Praxis angeeignetes, also experimentelles Wissen grundlegend vorteilhafter ist, als reines theoretisches (also angelesenes) Wissen. Da bin ich ganz bei dir, auch wenn Erfahrungen aus der Praxis im Detail naturgemäß oft nicht ganz reichen, um die Gründe für bestimmte Zusammenhänge wirklich zu begreifen. Vieles was mir persönlich z.B. immer wieder als lexikalisches Wissen angedichtet wird, hat damit absolut nichts zu tun. Da ich insgesamt nun auch schon etwa 15 Jahre im Wakü-Bereich unterwegs bin, habe ich bei den meisten Dingen auch selbst die nötigen Erfahrungen in der Praxis gesammelt - auch wenn ich nicht so eifrig bei der Dokumentation solcher Errungenschaften bin wie viele User hier und weniger Wert auf Hochglanz-Modding o Ä. lege. Die Erkenntnisse die man aus eigenen Projekten zieht, sind aber auch davon abhängig wie präzise man arbeitet und wie intensiv man sich mit der Fragestellung beschäftigt, was man da denn nun eigentlich gemessen oder festgestellt hat. Ein großes Problem des reinen learning by doing ist nämlich leider häufig, dass punktuell schlüssige Ergebnisse zu Fehlinterpretationen führen, wenn man sie unhinterfragt für allgemeingültig erklärt. Auch so kann "Halbwissen" entstehen und in Umlauf gebracht werden - der HighFlow-Wahn der vor vielen Jahren grassierte und sehr schnell aus anfänglichen nicht ganz falschen Erkenntnissen in groben Unfug umschlug, war das beste Beispiel dafür. Gegen derartige Fehlentwicklungen gilt es meiner Ansicht nach immer wieder vorzugehen, denn allzu schnell werden die gleichen Fehler wieder gemacht die man schon vor Jahren für überwunden gehalten hatte. Man muss nur mal in Foren schauen, in denen das durchschnittliche Wakü-Wissen noch auf einen Stand ist, der an frühere Jahre auch hier im Luxx erinnert (und da nehme ich mich selbst keineswegs davon aus). An der Technik und an der Physik/Thermodynamik dahinter hat sich von Anfang an nichts geändert, aber immer wieder - fast wellenartig - machen sich Halbwahrheiten breit die dann z.B. so weit führen wie zu den schlimmsten Zeiten des HighFlow-Wahns. Der Punkt an dem ein simpler phsikalischer Zusammenhang missinterpretiert wird und zu negativen Entwicklungen führt, ist erfahrungsgemäß sehr schnell überschritten. Von daher ist es imho gerade an altgedienten Usern, die aus eigener Erfahrung und dem nötigen Hintergrundwissen gewonnenen Ergebnisse richtig zu deuten und Fehler zu erkennen. Das ist genauso wichtig wie eh und je.
Praxisgerechte Faustregeln, die es auch Einsteigern ermöglichen ohne große Überraschungen und ohne praktische Erfahrung oder Hintergrundwissen ins Thema einzusteigen, um ihre ersten Setups zu bauen, stehen auf einem ganz anderen Blatt. Hier geht es darum einfache und leicht verständliche bzw. nachvollziehbare Regeln zu finden, die unter der Perspektive mit der die überwiegende Mehrheit sich dem Thema Wakü nähert, Gültigkeit haben und in der Praxis nicht zu Frust führen. Wenn es darum geht bestimmte Optima zu erreichen in dem man den Fokus auf bestimmte Aspekte legt, während man andere absichtlich vernachlässigt, kommt man mit solchen Regeln freilich nicht weiter.
Was aber für die üblichen Ambitionen zur Zeit so als Faustregeln kursiert, steht erfreulicher Weise auf einem relativ soliden Fundament. Damit meine ich Regeln wie: "Ca. 60 l/h Durchfluss reichen für jeden einigermaßen normalen Kreislauf, um gute Wärmeübergänge in den Kühlern zu erzielen", oder "Die Radi-Eintrittsfläche eines 120er Radiators pro 100W elektrischer Leistung der zu kühlenden Komponenten genügt um besser und/oder leiser als mit Luft zu kühlen". Solche Faustregeln decken bestimmte Ausnahmen natürlich nicht ab und sind auch in keiner Weise für spezielle Zielsetzungen oder irgendwelche Extremvorhaben gültig, aber sie haben für Einsteiger ohne Background fraglos ihre Richtigkeit. Wer aber nicht nur vor hat ein funktionierendes Setup zu basteln, das ihn mit möglichst wenig Überraschungen konfrontiert, sondern direkt irgendeine von der Norm abweichende Zielsetzung zu erreichen, kommt nicht umhin sich entweder mit der Theorie zu beschäftigen (denn praktische Erfahrungen brauchen Zeit und kosten leider auch Geld), oder sich an den Rat alter Hasen zu halten ohne dabei aber das Organ zwischen den Ohren auf Durchzug zu schalten.
Dass ein umfassendes Verständnis nicht von jetzt auf gleich da sein kann, sollte auf jeden Fall klar sein. Mir sind jedenfalls wenige User bekannt die ohne langjährige Erfahrung im Wakü-Bereich und/oder ohne entsprechenden theoretischen Hintergrund in der Lage wären, selbst einfach erscheinende Dinge wie z.B. den Zusammenhang von Durchfluss und Kühlleistung in all seinen praxisrelevanten auch auch in seinen nicht relevanten Auswirkungen und Einflüssen auf andere Zielgrößen im Zusammenspiel mit verschiedenen Wakü-Bauteilen zu begreifen. Und selbst unter denjenigen die sich schon lange mit dem Thema Wakü befassen, gibt es viele die nicht wirklich verstanden haben warum Theorie und Praxis alles anderes als Gegensätze sind. Die Praxis bestätigt die Theorie lediglich - das tut sie immer, auch wenn es Fälle gibt wo es auf den ersten Blick anders erscheint. Wer mal professionell im Experimentalbereich gearbeitet hat, wird euch jederzeit alte Weisheiten wie den schönen Satz "Wer viel misst, misst Mist!" bestätigen. Praxiserfahrung ist immer nur so gut wie die Ergebnisse hinterfragt und die Fehlereinflüsse bestimmt sind. Dass es mitunter komplex werden kann, wenn man versucht die theoretische Erklärung zu finden ist eine Tatsache, aber nur weil etwas komplex ist, ist es nicht falsch
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Weicht die Praxiserfahrung von dem ab was die Theorie vorhersagt, ist es aller Erfahrung nach jedenfalls der falsche Weg die Theorie anzuzweifeln, sondern man muss sich die Frage stellen, wo der Fehler in der praktischen Ausführung oder vor allem in der Interpretation der Ergebnisse lag. Wenn jetzt einer meint, dass sei ihm zu wissenschaftlich oder andersherum, dass Wissenschaft nur funktioniert, wenn die Theorien stets hinterfragt werden, dann sollte man sich mal vor Augen führen, über was für einfache Dinge wie hier im Grunde genommen sprechen. Eine Wakü ist per se nichts Kompliziertes und alles was darin passiert ist bestens bekannt. Die gesamte verwendete Technik enthält keinerlei unbekannte oder wirklich komplizierte Phänomene und die Zusammenhänge erscheinen auch nur kompliziert, wenn man sie ohne Hintergrundwissen betrachtet. Was anderes wäre das wenn eine Wakü sich an irgendeiner Stelle in wissenschaftlich unerforschten Grauzonen bewegen würde, aber das ist nun wirklich alles andere als der Fall.