Bei uns geht es munter weiter...
Ich denke, längerfristig gesehen, ist ein Betriebsrat das einzig vernünftige - bloß muss man erst einmal einen zusammenbekommen.
Der Spruch "jeder ist sich selbst der Nächste" bewahrheitet sich leider immer wieder.
Überraschenderweise gibt es dieses Jahr bei uns doch eine Lohnerhöhung - soweit so gut, das Negative daran ist, dass die Firma einen Prozentsatz vorgibt, sagen wir mal 3%, die gezahlt werden müssen, zusätzliche Prozente liegen aber im Ermessen des Prozessleiters.
Jetzt, da die Lohnrunde bevor steht, sind plötzlich fast alle Kollegen sehr zufrieden mit unserem PL, gestern wurde ich und ein paar andere gemeinsam zu einem Gespräch zitiert, gemeinsam wohlgemerkt, alleine hätte ich es weiterhin abgelehnt, dort wurde uns mitgeteilt, dass das Klima in unserer Abteilung als sehr harmonisch beschrieben wurde - WTF?
Ab einem gewissen Alter fängt man an zu denken, man hat schon alles gesehen, bzw. erlebt, dann kommen aber doch immer wieder - für mich zumindest - neue Erfahrungen dazu.
Heute steht dem AG Post vom Anwalt ins Haus, mal sehen wie es danach weiter geht.
Bis vor einigen Jahren war der Firmengründer selbst aktiv am täglichen Geschäft beteiligt, und obwohl Multimillionär, ist er immer Mensch geblieben, und seine Arbeiter waren wie seine Familie - seit dem Tod des guten Mannes wird es immer schwieriger bei uns, der Mensch rückt in den Hintergrund, die Produktion, bzw. das Erfüllen eines Zieles steht über allem, ohne Rücksicht auf Verluste, auch wenn das Ziel noch so unrealsitsich ist!
Im Monat Mai haben wir so viele Geräte produziert, wie nie zuvor in der Geschichte der Firma, und das zu Zeiten von Corona.
Unser "Endprodukt" setzt sich aus vielen Arbeitsschritten zusammen, meine Abteilung steht beinahe am Ende der Kette - die Abteilung nach uns wurde nun dazu verdonnert, 10 Stunden Schichten zu fahren, sowie Samstags zu arbeiten, festgesetzt auf 3 Monate, soweit ich das Verstanden habe - Wahnsinn.
Die Abteilung vor uns ebenfalls, Samstags noch nicht, aber 10 Stunden Schichten, wobei es bei denen noch geht, da sie nicht körperlich arbeiten müssen.
Die Arbeitsleistung wird bei uns in Prozent gemessen, alles ab 95% ist normalerweise Top, 100% sieht man eher selten.
Die oben genannte Abteilung hat es nun aufgrund der 10 Stunden Schicht auf 115% gebracht, man will aber 120%.
Keine Ahnung wie die obersten sich das vorstellen, zumal es ja auch nur noch eine Frage der Zeit ist, bis dann unserer Abteilung auch mehr Stunde fahren muss, sonst haben die nach uns ja nichts mehr zum Arbeiten.
Per Gesetz darf man eine ganze Weile 10 Stunden arbeiten, aber ab einem gewissen Alter wird es natürlich immer schwerer, und natürlich sinkt die Leitung, was ja völlig klar ist.
Wenn bei uns ebenfalls eine 6-Tage-Woche und 10 Stunden angeordnet werden, bin ich beim Arzt, eine andere Wahl hat man ja heutzutage beinahe nicht mehr.
Brückentage sind auch so ein Thema "früher" war da die Firma generell zu, den Tag gab es in der Regel vom AG geschenkt - heute fahren wir selbst am Brückentag 3 Schicht, wobei die Nachtschicht ja schon am Feiertag wieder reinkommt, ab 22 Uhr.
So langsam aber sicher bin ich an dem Punkt angekommen, wo ich mich frage, ob es das alles noch wert ist!
Ja, ich verdiene überdurchschnittlich gut, bräuchte soviel aber nicht, sondern hätte lieber meine Ruhe.
Der letzte Mann der "alten Garde" geht zum 31.12.2021 nach 45 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand - der Mann hat als Lehrling angefangen, und sich bis ganz nach oben gearbeitet, wenn der dann auch noch weg ist, dann sehe ich da düstere Zeiten auf uns zukommen
Gleich beginnt die Schicht, und ganz ehrlich, große Lust habe ich nicht, selbst mein Mittagessen steht noch unangetastet da.
Ich glaube wirklich, es wird mal Zeit, für eine richtige Auszeit!