Ich überlege mir Fluglotse zu werden. Ich weiß, dass man gut Englisch können muss. Das kann ich auch. Meines Erachtens braucht man aber auch Physik und Mathe, oder? Das ist nicht meine Stärke, aber der Beruf interessiert mich. Vor allem machen mir Wochenenddienste und Nachtschichten nichts aus und das Gehalt ist sehr gut. Vielleicht kannst du da ein wenig erzählen.
(Meinetwegen aich PN, falls es die anderen nichts angeht)
Also in erster Linie brauchst du: Räumliches Vorstellungsvermögen, Merkfähigkeit (visuell und akustisch, Langzeit- und Kurzzeitgedächtnis), logisches Denken, Probleme schnell erfassen und Lösung parat haben, Langzeitkonzentration, Teamfähigkeit, Kopfrechnen, physikalische Grundkenntnisse und Englisch. Kann auch sein, dass ich ein bis zwei Dinge vergessen habe.
Physik ist gar nicht einmal so wichtig, letztendlich reicht ein gewisses Grundverständnis für Aerodynamik und eine Grundidee, warum ein Flugzeug fliegt.
Wird dann auch alles in der Akademie in Langen gelehrt.
Die Auswahlverfahren finden in Hamburg statt und da werden dann die anderen Dinge getestet. Du kannst dich so gut wie gar nicht darauf vorbereiten (sollst du auch nicht), da die meisten Sachen einfach Dinge sind, die man entweder kann oder nicht kann. Fluglotsen sind keine Übermenschen mit 1,0 Abi und IQs von 140, aber wir haben eine gewisse Kombination von Fähigkeiten, die einfach nicht so häufig ist. Und nur wenn du bei allen dieser Tests mindestens durchschnittlich bist, kommst du eine Runde weiter.
Englisch kannst du als einziges "Fach" wiederholen, sofern du den Rest bestanden hast. Dann hast du nach einem halben Jahr oder so nochmal einen Test.
Aktuell ist aber eh Bewerbungsstopp, weil die Ausbildung runtergefahren worden ist. Ich weiß auch nicht, wann wieder neue Bewerber zugelassen werden, aber für dieses Jahr sind wohl schon alle Kurse an der Akademie belegt. Am besten immer mal wieder auf die Website (
DFS Deutsche Flugsicherung GmbH - www.dfs.de) gucken. Oder vielleicht zur Bundeswehr gehen, die bilden ja auch Lotsen aus. Nur weiß ich da weniger Bescheid, wie da aktuell der Bedarf ist.
Englisch, Physik und Mathe und der Wunsch nach dicker Knete und fertig ist der geborene Fluglotse
Lies dich mal zum Thema Bewerbungsverfahren und die Durchfaller-Quote ein und du wirst merken das es da auch ein paar andere gewichtige Schwerpunkte gibt. Von 100% die vorne reingehen kommen 5% hinten raus.
Eigentlich sind es weniger die Schwerpunkte, es ist das Gesamtpaket. Wie gesagt, die Anforderung ist, dass man in allen Tests mindestens durchschnittlich ist.
In etwa das habe ich mir auch gedacht
Ich war in Hamburg beim Einstellungstest und bin nicht weiter gekommen. Man muss einfach der Typ sein dafür. Man kann nicht "lernen" Fluglotse zu werden (Im Sinne der geforderten Anforderungen).
Wenn man kein Typ ist, der sich eine Stunde 100% auf 3 Dinge zeitgleich konzentrieren kann, dann ist das einfach nichts.
Ich war auch super traurig, als ich nicht weiter gekommen bin, aber letztendlich ist es gut so. Wenn man sich auf die Tests vorbereitet (was man machen kann, ich aber nicht empfehlen würde) dann kommt man bei den Tests vielleicht so gerade durch, aber man macht das nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung jahrelang täglich. Täglich potentiell enorm viel Stress.
Ich sage nicht, dass ein Lotse immer bei 120% ist, die meiste Zeit ist - denke ich (was ich aus 2-3 Besuchen im Center in Bremen mitbekommen konnte - sogar recht entspannt, aber wenn man in Stresssituationen (was schon während einer normal Rush-Hour der Fall sein kann) keinen kühlen Kopf bewahrt kann das gefährlich sein.
Und das Geld sollte wirklich die letzte Motivation sein diesen Job zu machen, imo.
Hachja, der Langzeitkonzentrationstest.
Zur Erklärung für die anderen. Die ersten Tests in Hamburg finden alle am PC statt, ein Test dabei ist der Langzeitkonzentrationstest. Man hat einen Kopfhörer auf und bekommt eine durchgehende Buchstabenfolge vorgelesen, immer so eine Sekunde Abstand zwischen den Buchstaben. Wenn dreimal nacheinander ein Buchstabe mit einem "e-Laut" vorgelesen wird, muss man eine Taste drücken. Also z.B. "p, g, w". So richtig häufig ist das aber nicht und regelmäßig verteilt erst recht nicht. Nur das "j" bleibt allen im Gedächtnis, die den Test mal gemacht habem, weil es so extrem markant klingt (und natürlich keinen e-Laut enthält).
Parallel dazu werden auf dem Bildschirm drei Lampen angezeigt (glaube zumindest, dass es drei waren, korrigiere mich, wenn das falsch ist), von denen immer zwei zugleich Leuchten. Das wechselt auch im Sekundentakt. Und immer wenn zweimal die gleiche Lampenkombination nacheinander geleuchtet hat, musste man eine andere Taste drücken.
Das ganze geht dann eine Stunde lang, also je 3600 akustische und visuelle Signale. Und fieser Weise ist der Test direkt nach der Mittagspause, d.h. wer sich da den Bauch bei Burger King um die Ecke vollgestopft hat, fällt auch schnell in eine gewisse Müdigkeit, was auch nicht wirklich hilfreich ist.
Ein paar andere Tests vor allem bei der Merkfähigkeit haben es auch in sich, aber der war echt der gemeinste, finde ich. Man verliert auch jegliches Zeitgefühl. Am Ende kommt es dir vor wie fünf Minuten oder wie fünf Stunden. Zeitgleich.
Und eben sowas ist halt auch etwas, was man nicht lernen kann. Würfelsummentests kann man bis zu einem gewissen Punkt üben, aber das nicht. Es gibt zwar auch für solche Tests spezielle Software, die man kaufen kann, aber die Prüfer wollen auch immer eine Steigerung bei mehreren Durchläufen sehen. Und wenn das nicht sichtbar wird, weil man die Übung schon zu Hause traininert hat, fällt das auch ganz schnell (negativ) auf. Denn dann kann nicht bewertet werden, wie man sich auf neue Situationen und Probleme einstellt und wie flexibel man reagiert. Und das ist einer der wichtigsten Aspekte in unserem Beruf.
Vieles ist zwar Routine, aber es kommen auch nach dreißig Jahren noch neue Situationen, die selbst alteingesessene Seniorlotsen so noch nicht hatten. Man hat zwar sein gewisses Repertoire an möglichen Lösungen, aber wenn davon keine greift, muss man halt kreativ werden. Und das ist auch das, was den Job so spannend macht.
Es ist zwar nicht immer so stressig, wie es oft in den Medien dargestellt wird (nicht mehr, früher war das noch anders), aber wenn doch mal was ernstes ist, dann verdienen wir auch das Geld, dass wir bekommen. *g* Denn auch eine richtige heftige Rush Hour kann man noch einigermaßen planen. Aber wenn dann durch Unwetter oder Schnee auf einmal bestimmte Flugplätze zumachen oder die Flieger wegen Gewitterzellen nicht mehr ihre normale Route fliegen können, dann ist wieder die Flexibilität gefragt, die in Hamburg getestet wird. Das sind aber auch die Tage, die ich persönlich am liebsten arbeite. Es ist zwar stressig, aber es macht auch höllisch viel Spaß.