Jetzt bitte eine spannende Story und nichts langweiliges wie "Waren nach einer gemütlichen Feierabendrunde Eisessen in der Stammeisdiele und auf dem Heimweg hat sich der Motor beim Anfahren an der Ampel bei etwa 30 km/h in die ewigen Jagdgründe begeben."
Spannender: "Es geschah an einem Sonntag. Genauer gesagt dem 18.07.2020 während dem Herausbeschleunigen aus der berüchtigten Donnerbalkenkurve am Ende des Hochgeschwidigkeitsabschnittes der B280. In der Linkskurve davor sah bzw. hörte sich noch alles an wie die letzten 28 Jahren davor auch. Doch dieses Mal war irgendwas anders. Geschunden von den Beschleunigungsorgie aus der vorherigen Doppelrechts und 850m langen Vollstreckergerade vorbei am alten Bunkerwerk gab in diesem Moment irgendwas nach - und es war nicht der routinierte 58jährige Uwe R. aus Landau sondern Zylinder drei im Ungetüm unter ihm. Der letzte Happen Feuerwasser, bestehend aus sauerstoffreicher pfälzer Luft und fein zerstäubten 0,2 ml 98 Oktan Superbenzin, war unheilbringend um eine tödliche Zutat angereichert. Das vollständige Öffnen der Drosselklappen ging tausende Male gut, doch diesmal sollten den Ventilfedern kein neuer Jahresring am Ende der Saison wachsen. Der enorme Unterdruck ließ das Ansauggummi zwischen Vergaser und Brennraum just in diesem Moment kollabieren und Fliegenschiss in den Brennraum eindringen. Dem rechten Einlassventil gelang noch ein elegantes Ausweichmanöver, doch der erste Kolbenring kratzte den Kotklumpen mit 18,6 m/s von der Zylinderwand in Neuzustand ab und ruinierte in den folgenden 3 Auf- und Abwärtsbewegungen den Stolz der japanischen Motorbauer aus dem Jahre 1985. Die Zylinderbeschichtung, ein altes Familienrezept aus dem Hause Sunjongi aus Jatichimi, war den Belastungen nicht gewachsen. Auf der vierten Aufärtsbewegung löste sich das Mückenexkrement endlich vom Kolbenring und trat seinen Heimweg in die Natur durch die auf Hochglanz polierte 4 in 1 Yoshimura Komplettanlage an. Es hinterließ unwiederrufbare Zerstörung im Zauberkessel. Der Kolben hatte sich durch die enorme Reibung in letzten 23 ms so stark erwärmt, dass es zu einem Kolbenklemmer höchster Güte kam. Das Pleullager hatte schon länger vom Ruhestand geträumt und kapitulierte daraufhin kampflos. Das Pleul jedoch wollte hoch hinaus und war vom plötzlichen Stopp seines Weggefährten so sehr überrascht, dass es den Aufprall nicht mehr verhindern konnte und zwischen Kurbelwelle und feststeckenden Zylinder sprichwörtlich die Biege machte und sich in Einzelteilen in einem lauten Knall in die Ölwanne verabschiedete.
Uwe wollte unbedingt am Heck der R1200GS von seinem Kumpel Rainer kleben bleiben und ihm Mal wieder zeigen, wie kräftig die alte Dame noch mit den Flügeln schlagen konnte. Doch außer einem lauten Rück ging dieses Mal gar nichts vorwärts. Wieder eine RC29 kaputt schon der die Schuld auf die Technik, als er am Straßenrand Kopfschütteln das Resultat der letzten selbstständigen Fahrt seiner geliebten Maschine betrachtete. Im dämmerte, dass daheim so langsam der Platz knapp werden würde - gut, dass sein Sohn die alten Schrottkisten im hinteren Teil des Gartenhäuschen nicht störten. Aber trotzdem kamen erstmals Zweifel auf - woher die nächste RC29 herbekommen? Wäre es vielleicht doch an der Zeit, über ein Markenwechsel nachzudenken?
In diesem Moment rollte eine mit Karbonschmuck beplankte B-King vorbei. Der Fahrer nickte anerkennend und zog den Ehrensalut in Form eines Wheelies - aus 3500 U/min im 5. Gang. Uwe verdrückte sich eine Freudenträne."