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Vor zwei Jahren in Europa noch nahezu unbekannt, hat Huawei mittlerweile nicht nur an Bekanntheit zugelegt, sondern auch den dritten Platz in Sachen weltweiter Smartphone-Absatz erobert. Dabei geholfen hat nicht nur ein meist gutes Preis-Leistungsverhältnis, sondern auch eine konkurrenzfähige Ausstattung sowie das ein oder andere interessante Detail. Mit dem Ascend Mate 7 steht nun das jüngste Modell in den Startlöchern, dessen Test so manche Überraschung offenbart.
Dabei machen sich die Chinesen gar nicht erst die Mühe, diese zu verstecken, sondern bewerben sie teils offensiv. Wohlwissend, dass nur ein guter Preis nicht mehr ausreicht, um den etablierten Anbietern das Leben schwer zu machen. Denn auch Samsung und Co. verspüren den Druck, den Huawei - und auch andere bislang eher unbekannte Hersteller - ausüben. Denn in Zeiten, in denen aktuelle Komponenten auch kleineren Anbietern zur Verfügung stehen, kann sich niemand Stillstand gönnen und nur auf vergangene Erfolge verweisen.
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Hardware
Die erste Überraschung offenbart sich möglicherweise schon unmittelbar nach dem Auspacken des Ascend Mate 7. Denn wo die Konkurrenz mit jedem Generationswechsel das Display ein paar Zehntel Zoll größer macht, geht Huawei den umgekehrten Weg. Kamen die beiden Vorgänger noch mit 6,1 Zoll großen Anzeigen daher, bringt es das neue Modell auf „nur noch“ 6,0 Zoll. Gleichzeitig hat man jedoch die Auflösung auf 1.920 x 1.080 Pixel angehoben, womit eine Pixel-Dichte von 368 ppi erreicht wird. Damit befindet man sich auf einem Niveau mit gleichgroßen Konkurrenten wie dem ASUS FonePad Note 6 oder Nokia Lumia 1520, mit einem Galaxy Note 3 (386 ppi) oder Galaxy Note 4 (515 ppi) kann man aber nicht mithalten. Aber: Bei normaler Entfernung zwischen Smartphone und Auge ist ein Unterschied nicht zu erkennen.
Wichtiger sind die Messwerte, die beinahe allesamt sehr gut ausfallen. So erreicht die Hintergrundbeleuchtung bei maximaler Einstellung bis zu 427 cd/m2, selbst an der dunkelsten Stelle werden noch 393 cd/m2 geboten, was eine sehr gleichmäßige Ausleuchtung - die Homogenität liegt bei 92 Prozent - bedeutet. Dabei bietet die Anzeige bei weißen Flächen eine Farbtemperatur von durchschnittlich etwa 7.200 Kelvin, was zwar oberhalb des Ideals (6.500 Kelvin) liegt, ein Farbstich ist aber nicht zu erkennen; in den Geräteeinstellungen lassen sich auf Wunsch andere Farbtemperaturen wählen. Dadurch und durch den Kontrast von 1.348:1 lassen sich Display-Inhalte auch in sehr hellen Umgebungen problemlos ablesen, erst bei direkter Sonneneinstrahlung geht die Erkennbarkeit deutlich zurück.
Einen großen Schritt hat Huawei beim SoC getätigt. Setzte man beim 5-Zoll-Flaggschiff Ascend P7, das im Mai in den Handel kam, noch auf die veraltete Eigenentwicklung Kirin 910T mit ihren vier CPU-Kernen, kommt im Ascend Mate 7 die ebenfalls aus dem eigenen Hause stammende Lösung Kirin 925 zum Einsatz. Der neue Chip setzt auf gleich acht CPU-Kerne plus einem Co-Prozessor, der sich unter anderem um das Erfassen und Vorverarbeiten von Sensordaten kümmert. Aufgebaut ist der SoC entsprechend ARMs Big.Little-Architektur: Vier bis zu 1,3 GHz schnelle Cortex-A7-Kerne übernehmen weniger fordernde Aufgaben, vier Cortex-A-15-Kerne kümmern sich hingegen mit bis zu 1,8 GHz um anspruchsvolle Dinge. Gefertigt wird der SoC im mittlerweile üblichen 28-nm-Verfahren. Ihm zur Seite stellt Huawei 2 oder 3 GB GB Arbeitsspeicher, den größeren RAM gibt es jedoch nur in Kombination mit 32 GB internem Speicher; das Grundmodell, das auch für den Test zur Verfügung stand, kommt mit 2 und erweiterbaren 16 GB aus.
Während man hinsichtlich des grundlegenden SoC-Aufbaus auf Augenhöhe mit Qualcomm und anderen Herstellern liegt, kann Huawei beim Mobilfunkmodem seine ganze Erfahrung als Netzwerkausrüster einbringen. Denn während die meisten Konkurrenten derzeit allenfalls LTE nach Cat 4 und somit mit bis zu 150 Mbit im Downstream bieten kann, versteht sich das Ascend Mate 7 bereits auf Cat 6. Damit können Nutzer mit bis zu 300 Mbit pro Sekunde im Internet surfen und Daten übertragen. Aber nicht nur hinsichtlich der maximalen Datenraten bietet Cat 6 Vorteile, auch die Durchschnittsgeschwindigkeiten profitieren davon. Denn der Standard sieht vor, dass per Carrier Aggregation mehrere Frequenzblöcke und Sendemasten gleichzeitig genutzt werden können. Zwar bietet derzeit noch kein deutscher Mobilfunk-Provider LTE nach Cat 6 an, grundsätzlich unterstützt das Ascend Mate 7 jedoch alle hierzulande genutzten LTE-Bänder (3, 7 und 20 / 1.800, 2.600 und 800 MHz).
Befindet man sich in einer Region ohne LTE-Ausbau, stehen via HSPA+ immerhin noch bis zu 42 Mbit pro Sekunde zur Verfügung. Wenig überraschend: Sowohl bei Telefonaten als auch bei Datenübertragungen kam es im Test zu keinen Problemen, selbst unter schwierigen Bedingungen konnte LTE genutzt werden. Nicht ganz so überzeugend, aber immer noch ausreichend, arbeitet die Unterdrückung von Nebengeräuschen beim Telefonieren. Wer andere Übertragungsmöglichkeiten nutzen will, kann auf Dual-Band-WLAN nach n-Standard, Bluetooth 4.0 und NFC zurückgreifen; per Kabel wird Micro-USB 2.0 geboten.
Auf den ersten Blick keine wirkliche Besonderheit ist der auf der Rückseite unterhalb der Kamera untergebrachte Fingerabdrucksensor. Zwar bietet die Masse der Smartphones keine derartige Komponente, mit dem iPhone 5s und Galaxy S5 bieten aber zumindest zwei weitverbreitete Modelle einen derartigen Schutzmechanismus. Dort wie auch beim Ascend Mate 7 soll vor allem das Sichern des Geräts komfortabler werden, indem das Entsperren nicht nur per Code, sondern auch per Fingerabdruck möglich ist.
Ähnlich wie bei Samsungs Flaggschiff kann der Sensor aber auch mehr: Persönliche Daten können in einen gesondert geschützten und nur per Fingerabdruck erreichbaren Bereich verschoben werden, darüber hinaus können auch einzelne Applikationen derart gesichert werden - ohne passenden Finger erfolgt kein Start. In puncto Komfort kann sich das Ascend Mate 7 jedoch von allen Konkurrenten absetzen. Denn so einfach und zuverlässig hat bislang noch kein in einem Smartphones verbauter Fingerabdrucksensor gearbeitet. Ähnlich wie beim iPhone 5s muss der entsprechende Finger lediglich aufgelegt werden, ein Wischen wie beim Galaxy S5 ist nicht nötig.
Dabei hat Huawei jedoch darauf geachtet, dass der Finger in nahezu jedem Winkel aufgelegt und erkannt werden kann. Möglich wird dies durch die Erfassung von Tiefendaten beim erstmaligen Hinterlegen des Abdrucks. Im Eifer des Gefechts ist eine exakte Ausrichtung dementsprechend nicht nötig, was im Test immer wieder bestätigt werden konnte. Dieser Komfort geht allerdings nicht zu Lasten der Sicherheit, mit dem falschen Finger konnte das Gerät nicht entsperrt werden.
Ein weiterer Pluspunkt: Für das Entsperren per Finger muss zuvor nicht das Display eingeschaltet werden, allein das Auflegen auf den Sensor aktiviert die Anzeige und gibt das Smartphone frei. Beim Thema Datenschutz geht der Hersteller nach eigenen Angaben auf Nummer sicher. Denn die erfassten Abdrücke - bis zu fünf können verwaltet werden - werden in einem speziell geschützten Bereich des Speichers abgelegt und verlassen das Smartphone nicht.
Beim Design bewies Huawei zuletzt ein glückliches Händchen. Die sogenannte Doppel-C-Optik, die beim Ascend P7 und Ascend G6 verwendet wird, sorgt trotz einiger Parallelen zu Apple und Co. für ein am Ende doch eigenständiges Erscheinungsbild mit hohem Wiedererkennungswert. Davon muss man sich beim Ascend Mate 7 aber verabschieden. Denn die Chinesen setzen auf eine neue Linie, die - rein subjektiv - nicht so gut wie die alte gefällt. Würden Herstellername und -logo nicht auf der Vorder- und Rückseite prangen, könnte man das Smartphones auch für ein Modelle eines anderen Anbieters halten. Besondere Designelemente gibt es nicht, sieht man einmal von der silbrigen Einfassung des Fingerabdrucksensors auf der Rückseite ab.
Insgesamt setzt Huawei auf klare Formen, die Ecken sind von vorn betrachtet abgerundet, die Rückseite geht mit einer Fase und leichten Rundung in die Seite über. Das auffälligste Merkmal ist noch die Dreiteilung der Rückseite. Auf einen Unibody wurde verzichtet, vor allem aufgrund der Empfangs- und Sendeeigenschaften der Antennen. Denn während weite Teile des Gehäuses aus Metall gefertigt sind, setzt Huawei am oberen und unteren Ende auf Kunststoff. Während dies in Hinblick auf die Verbindungsqualität Vorteile hat, offenbart es sich in Sachen Verarbeitungsqualität als Problem. Die Übergänge zwischen beide Materialien sind nicht nur erkenn-, sondern auch tastbar. Davon abgesehen ist das Smartphone gut verarbeitet. Die am rechten Rand untergebrachten Tasten für Standby und Lautstärke sind gut eingepasst und haben kein überflüssiges Spiel, die Verwindungssteife fällt sehr gut aus. Ein nettes Detail sind die Einschübe für Micro-SIM- und microSD-Karte an der linken Seite. Die jeweiligen Träger bestehen ebenfalls aus Metall und sind passgenau im Gehäuse versenkt; die Möglichkeit, in beiden Slots SIM-Karten unterzubringen, wird es in Deutschland nicht geben.
Einen neuen Rekord stellt das Ascend Mate 7 in Sachen Flächennutzung auf. Denn das Display nimmt ganz 83 Prozent der Front ein, auch weil Huawei es geschafft hat, die seitlich Ränder auf ein Minimum zu reduzieren. Daraus resultieren für ein Smartphone der 6-Zoll-Klasse überraschend geringe Maße. Denn das Gerät bringt es auf gerade einmal 157,0 x 81,0 x 7,9 mm. Die ebenfalls mit einem 6 Zoll großen Display ausgestatteten Konkurrenten ASUS FonePad Note 6, Acer Liquid S2 und Nokia Lumia 1520 fallen teils deutlich größer aus. Und selbst ein Galaxy Note 3, dessen Anzeige 0,3 Zoll kleiner ist, ist nur minimal kompakter. Den Versuch, das Ascend Mate 7 mit nur einer Hand bedienen zu wollen, muss man dennoch nicht starten. Zwar bietet das Smartphone einen Einhand-Modus, in dem Tastatur und einige Bedienelemente nach rechts unten verschoben werden, aber selbst dann muss häufiger auf die zweite Hand zurückgegriffen werden. Dafür liegt das Handy aber gut in der Hand - vorausgesetzt, diese ist groß genug und das hohe Gewicht (185 g) stört nicht.