Kamera
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Der anfängliche Verweis auf das Mate 9 ist nicht grundlos. Denn neben dem SoC hat Huawei auch die Kamera-Hardware unverändert übernommen. Dementsprechend verfügt auch das P10 über gleich zwei Kameras auf der Rückseite, die mit 12 und 20 Megapixeln auflösen. Und hier wie dort ist ersterer für RGB-, letzterer für Monochrom-Aufnahmen und das Sammeln von Zusatzinformationen zuständig. Geblieben ist es auch bei Blende f/2,2 für beide Optiken sowie einen optischen Bildstabilisator nur für den RGB-Sensor. Zusätzliche Helligkeit soll ein zweifarbiger Dual-LED-Blitz spendieren, das Fokussieren erfolgt entweder per Laser, Phasenvergleich, Tiefenmessung oder Kontrastmessung - oder je nach Situation gemischt, ohne dass der Nutzer eingreifen muss. Aber auch auf der Front herrscht Stillstand gegenüber dem Herbst, hier bleibt es bei 8 Megapixeln, Blende f/1,9 und einem Fixfokus.
Unklarheit herrscht auch ein Jahr nach dem Start der Kooperation mit Leica, welche Rolle der deutsche Kameraspezialist tatsächlich spielt. Sicher ist inzwischen, dass Leica in die Fertigung der Hardware nicht involviert ist, sondern hier lediglich in Teilen die Qualitätssicherung übernimmt. Gleiches dürfte auch für Algorithmen und ähnliches gelten. Allerdings kooperiert man beim P10 erstmals nicht nur auf der Rückseite, auch bei der Frontkamera spielt Leica nun mit - hier ausdrücklich aber nur mit Bezug auf die Software.
Die wurde in weiten Teilen vom Mate 9 übernommen und bietet alle von dort her bekannten Funktionen. Es gibt somit also erneut die Möglichkeit, dedizierte Monochrom-Fotos aufzunehmen oder im Modus Große Blende ein Bokeh zu simulieren und nachträglich den Fokuspunkt zu verändern. Neu ist hingegen der Punkt Portrait, der direkt in der Hauptansicht der Kamera-App aktiviert werden kann. Dieser sorgt dafür, dass das von der Software erkannte Gesicht an 190 Punkten vermessen und ein 3D-Modell erstellt wird. Dieses nutzt die interne Bildbearbeitung dann für eine punktuell individuelle Belichtung sowie Farbanpassungen; auch das Bokeh soll an Qualität hinzugewinnen. Im Vergleich zu Portrait-Aufnahmen im Standardmodus wirken diese tatsächlich optisch hochwertiger, allerdings stört der Weichzeichner, den die Software über das Gesicht legt - Huawei spricht vom „Leica Bildstil“. Dessen Intensität kann in mehreren Stufen angepasst werden und auch das komplette Abschalten ist möglich, auch bei Benutzung der Frontkamera. Denn auch bei deren Nutzung kann der Modus gewählt werden, eine Vermessung erfolgt unseren Testeindrücken zufolge aber nicht.
An der grundsätzlichen Funktionsweise der Hauptkamera(s) wurde nicht gerüttelt - angesichts der Qualität, die damit im Mate 9 erreicht wird, auch nicht nötig. Der Monochrom-Sensor mit seinen 20 Megapixel ist für das Festhalten der Bilddetails und Tiefeninformationen zuständig, der RGB-Sensor mit seinen 12 Megapixeln liefert die Farbdaten. Die Software kümmert sich dann um die Kombination beider Aufnahmen, der Nutzer bemerkt von alldem nichts. Wird der Monochrom-Sensor verdeckt, übernimmt der RGB-Sensor alle Aufgaben - auch darum kümmert sich die Software automatisch, Qualitätseinbußen sind dann aber erkennbar.
An der Bildqualität hat sich gegenüber dem Mate 9 nichts verändert. Unabhängig von den Lichtverhältnissen landen die Aufnahmen weit über dem Durchschnitt, Farben und Helligkeiten werden treffend festgehalten. Leichte Kritik verdient erneut die nicht immer ausreichende Schärfe im Randbereich, was aber erst beim Zoomen ins Bild auffällt. Auf eine künstliche Aufhellung verzichtet Huawei erneut, was insbesondere Aufnahmen bei Dunkelheit realistischer als beispielsweise beim Galaxy S7 wirken lässt. Der Wechsel in den Pro-Modus sorgt bei erfahrenen Nutzern für eine weitere Verbesserung der Qualität. Überraschend ist auch beim P10, wie hochwertig das Gespann bestehend aus Kamera-Hardware, ISP und Software Bokeh den optischen Zoom realisieren kann. Gegenüber dem P9 sind klare Fortschritte zu erkennen, auch wenn man natürlich ein gutes Stück von dem entfernt ist, was sich mit DSLRs realisieren lässt.
Die Frontkamera ermöglicht ebenfalls ansehnliche Aufnahmen, hat aber teilweise mit dem Weißabgleich zu kämpfen. Zudem kommt es früh zu Bildrauschen, wenn auch nur in einem geringen Umfang.
Die Kamera-Applikation wurde vom Mate 9 übernommen und lediglich um die neuen Funktionen erweitert. Das führt dazu, dass die Hauptansicht inzwischen etwas überladen wirkt. Nach wie vor gut gelöst hat Huawei hingegen die strikte Trennung von Modi und Einstellungen. Erstere erreicht man durch einen Wisch nach rechts, letztere durch einen nach links. Zu den verfügbaren Modi gehören wieder Dinge wie Panorma- und Nachtaufnahmen, aber auch der Punkt Lichtmalerei, die unter anderem optisch beeindruckende Leuchtspur-Fotos ermöglicht. Ebenso ist von hier aus der HDR-Modus erreichbar, eine Automatik bietet Huawei bedauerlicherweise wieder einmal nicht an. Per Punch-to-Zoom kann auch wieder der Zoom genutzt werden. Bis Faktor 2 spricht Huawei von einem Hybrid-Zoom, der einer rein digitalen Lösungen überlegen sein soll und es auch ist, darüber hinaus - möglich ist maximal Faktor 10 - wird das Ergebnis nach und nach pixelig.
Aber auch die drei Video-Modi Standard, Zeitraffer und Zeitlupe können in dieser Ansicht gewählt werden. Im Standardbetrieb kann unter anderem zwischen Full HD mit 30 oder 60 Bildern pro Sekunde sowie 4K mit 30 Bildern pro Sekunde gewählt werden. Bei Zeitraffern ist man auf 720p mit 30 Bildern pro Sekunde begrenzt, Zeitlupen-Aufnahmen werden entweder in Full HD oder 720p aufgezeichnet - in beiden Fällen mit 120 Bildern pro Sekunde. Die Qualität der aufgezeichneten Videos gefällt, vor allem aufgrund des schnell reagierenden Weißabgleichs. Eine grundsätzliche Limitierung der Länge von 4K-Aufnahmen gibt es anders als beispielsweise beim nova oder U Ultra nicht. Allerdings sollte beim Speichern auf microSD-Karte darauf geachtet werden, dass diese ausreichende Schreibraten erreicht.