Zwei Kameras sind keine Garantie
Werbung
Was beim OnePlus 5 im Mittelpunkt steht, ist dank des Slogans „Dual Camera. Clearer Photos." unübersehbar. Auch OnePlus springt auf den Dual-Kamera-Zug auf und verbaut im neuen Smartphone das nach eigenen Angaben derzeit am höchsten auflösende System - gleich 36 Megapixel verteilt auf zwei RGB-Sensoren sollen tolle Fotos ermöglichen.
Wer sich jedoch etwas eingehender mit den technischen Daten beschäftigt, dürfte die Erwartungen herunterschrauben. Denn abseits der Sensor-Auflösung bieten die beiden rückwärtigen Kameras des OnePlus 5 wenig, was Begeisterung auslöst. Schon die Primärkamera mit ihren 16 Megapixeln (Sony IMX 398, links/oben) bietet lediglich Pixel-Kantenlängen von 1,12 µm, bei der Sekundärkamera (Sony IMX 350, rechts/unten) sind es nur noch 1 µm. Bei letzterer kommt erschwerend eine wenig lichtstarke Tele-Optik mit Blende f/2,6 hinzu, vor dem 16-Megapixel-Sensor sitzt immerhin eine Weitwinkel-Optik mit Blende f/1,7. Zudem müssen beide Kameras ohne optischen Bildstabilisator auskommen.
Schlechten Lichtverhältnissen hat die Hardware somit wenig entgegenzusetzen.
Das liegt auch an der Funktionsweise, für die OnePlus sich entschieden hat. Auch hier eifert man Apple nach. Im Normalfall kommt ausschließlich die Primärkamera zum Einsatz, bei Verwendung des Zooms (2x) ausschließlich die Sekundärkamera. Zusammen arbeiten beide lediglich im Modus Tiefeneffekt. In diesem liefert die Primärkamera die üblichen Bildinformationen, die Sekundärkamera ist hingegen einzig und allein für die Tiefeninformationen zuständig. Daraus errechnet der DSP das Bokeh, das qualitativ weitestgehend überzeugen kann - auch wenn es nicht ganz an Huaweis Mate 9 und P10 sowie Apples iPhone 7 Plus heranreichen kann.
Die generelle Bildqualität hängt vom jeweils genutzten Sensor ab. Die Primärkamera hält bei guten Lichtverhältnissen dank treffsicherem Weißabgleich Farben und Helligkeiten zuverlässig fest, die Aufnahmen wirken mitunter aber leicht überschärft. Leichtes Bildrauschen bleibt selbst bei ISO 100 nicht aus, macht sich aber erst dann bemerkbar, wenn die Aufnahme stark vergrößert wird. Insgesamt etwas schlechter schneidet die Sekundärkamera ab. Zwar hält die aufgrund der höheren Auflösung mehr Details fest, was sich beim Vergrößern als Vorteil erweist, Farben wirken aber etwas blasser, mitunter sind die Aufnahmen auch minimal dunkler. Das Bildrauschen fällt etwas stärker auf. Leichte Probleme haben beide Sensoren im HDR-Modus - zumindest lassen die Aufnahmen das vermuten. Denn von einem großen Dynamikumfang ist kaum etwas zu bemerken. Bei schlechten Lichtverhältnissen neigt das OnePlus 5 unabhängig vom gewählten Sensor zu einer zu starken Aufhellung, wodurch die Aufnahme wenig mit der Realität zu tun hat. Hinzu kommen Bildrauschen und zu wenig Schärfe am Bildrand, auch der Fokus - OnePlus setzt vor allem auf den Phasenvergleich, ein Laser-Fokus fehlt - lässt sich dann vergleichsweise viel Zeit.
Der Vorderseite spendiert OnePlus Sonys IMX 371 (16 Megapixel, 1 µm), den man mit einer Weitwinkel-Optik (Blende f/2,0) paart. Selfies bieten kräftige Farben und gute Helligkeitswerte, es fehlt meist jedoch ein wenig Schärfe. Das mag auch am Fixfokus liegen. Der HDR-Modus überzeugt auf der Front ebenso wenig wie auf der Rückseite, eine Lächelautomatik erleichtert das Auslösen.
Soll die Dual-Kamera für Video-Aufnahmen genutzt werden, kommt lediglich der Primärsensor zum Einsatz. Maximal sind UHD-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde möglich, hinzu kommen 1080p mit 30 oder 60 Bildern pro Sekunde sowie 720p mit 30 Bildern pro Sekunde. Zeitlupenaufnahmen sind auf 720p mit 120, Zeitrafferaufnahmen auf 1080p mit 30 Bildern pro Sekunde begrenzt. Farben und Helligkeit werden gut festgehalten, Bildrauschen tritt ebenso wie bei Fotos auf. Hinzu kommen Artefakte bei zu schnellen Kamerabewegungen. Ein anderer Kritikpunkt: Trotz der hohen Systemleistung sind UHD-Clips auf zehn Minuten begrenzt.
Die Kamera-Applikation ähnelt optisch der, die Google beispielsweise auf dem Pixel und Pixel XL einsetzt. Allerdings hat OnePlus nicht nur die für die Dual-Kamera notwendigen Änderungen vorgenommen, sondern auch einen Pro-Modus integriert. Der erlaubt den Zugriff auf die wichtigsten Parameter wie ISO und Belichtungszeit, das Speichern der Aufnahmen im RAW-Format und hilft mittels Histogramm, schon vor dem Auflösen die korrekte Belichtung einzuschätzen. Der Aufbau der App ist übersichtlich, einzig teilweise zu klein geratene Schaltflächen - beispielsweise für den Wechsel zwischen Foto- und Video-Modus - trüben den insgesamt guten Eindruck.