TEST

Google Pixel 2 und Pixel 2 XL im Test

Kleiner ist besser - Kamera, Software

Portrait des Authors


Google zeigt, wie gut eine Single-Kamera-Lösung sein kann

Werbung

Trotz verschiedener Einschränkungen zählte die Hauptkamera des Pixel und Pixel XL im vergangenen Jahr zu den besten. Das lag vor allem an der Software, insbesondere an HDR+. Das machte den fehlenden optischen Bildstabilisator und den nicht vorhandenen Pro-Modus wett. Letzteren bietet auch die Kamera-App der zweiten Pixel-Generation nicht, dafür aber erneuerte Hardware.

Mit 12,2 Megapixeln bleibt die Auflösung des Sensors fast identisch (12,3 Megapixel beim Pixel und Pixel XL), der Aufbau ist aber ein völlig neuer. So kommt die neueste Dual-Pixel-Generation zum Einsatz, die nicht nur jedem Farb-Pixel auch einen Fokus-Pixel zur Seite stellt, sondern funktionell eher zwei Sensoren in einem entspricht. Denn durch die Anordnung entsteht eine Verschiebung von etwa einem Millimeter zwischen Farb- und Fokus-Pixel, was für das Sammeln von Tiefeninformationen ausreicht. Was Apple beim iPhone 8 Plus oder Samsung beim Galaxy Note 8 mit zwei Sensoren lösen, will Google mit nur einem schaffen. Es bleibt allerdings bei einer Pixel-Kantenlänge von 1,4 µm und Sony als Sensor-Lieferanten. Dass man die Auflösung verringert hat, begründet Google mit dem zur Verfügung stehenden und benötigten Platz. Durch die räumliche Verschiebung wird ein wenig mehr Grundfläche benötigt, der man mit der geringeren Auflösung begegnet.

Ein optischer Bildstabilisator fehlt nun nicht mehr und mit Blende f/1,8 ist die Optik lichtstärker.

Google selbst sagt aber, dass nicht die Hardware allein entscheidend für die Foto- und Video-Qualität des Pixel 2 und Pixel 2 XL ist. Im Zuge der Entwicklung der beiden Smartphones habe man nach neuen Ansätzen gesucht. Fündig wurde man dabei im eigenen Haus. Denn auf Basis der eigenen Machine-Learning-Erfahrungen wurde ein Modell entwickelt, das das Beste jedes Fotos entdecken kann. Mithilfe der künstlichen Intelligenz werden unterschiedliche Aufnahmen zusammengefügt - das Beste wird zusammengeführt, das Schlechteste entfernt. Der Nutzer muss sich deswegen aber nicht auf eine komplizierte Bedienung der Kamera einstellen, im Gegenteil. Wie schon die erste Generation erledigen das Pixel 2 und Pixel 2 XL fast alles von alleine. Die HDR+-Funktion erstellt trotz nur eines Auslösens mit äußerst geringer Verzögerung gleich zehn Aufnahmen, die mit Hilfe der KI zum bestmöglichen Foto zusammengesetzt werden. Im Vergleich zum Pixel und Pixel XL, die ebenfalls schon HDR+ boten, wird nun aber noch stärker unterbelichtet. Entsprechend sollen die Ergebnisse vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen besser ausfallen - in derartige Situationen ist auch der optische Bildstabilisator hilfreich.

Im Porträt-Modus kommen dann die gesammelten Tiefeninformationen hinzu, die auf Wunsch für ein Bokeh sorgen. Ebenso lässt sich auswählen, ob die Aufnahme retuschiert werden soll. Gemeint ist damit der Einsatz eines Weichzeichners sowie anderer Effekte, die im Detail aber nicht beeinflusst werden können.

Das Ergebnis sind in aller Regel gute bis sehr gute Aufnahmen, die zu den besten gehören, die derzeit mit Smartphone angefertigt werden können. Farben und Details werden überzeugend festgehalten, Bildrauschen hält sich selbst bei höheren ISO-Einstellungen in Grenzen. Auch starke Helligkeitsunterschiede auf engstem Raum stellen die Kamera vor kein Problem. Allerdings schwächelt der Weißabgleich, wenn es mehrere künstliche Lichtquellen gibt und auf den Dual-LED-Blitz sollte grundsätzlich verzichtet werden. Besonders beeindruckend sind die Ergebnisse im Porträt-Modus. Wo bei der Konkurrenz feine Details wie einzelne Haare im Bokeh verloren gehen, unterscheiden Pixel 2 und Pixel 2 XL sehr gut zwischen Vorder- und Hintergrund - der Aufbau des Sensors entpuppt sich als gelungen. Und selbst die Retuschier-Funktion gefällt, auch wenn der Weichzeichner stellenweise zu sehr beschönigt. Allerdings wirken Farben natürlicher, wenn die Funktion zum Einsatz kommt - ohne sind sie mitunter etwas zu blass. Es gibt aber auch kleinere Schwächen. So hat der an sich überzeugende Fokus, der auf Phasenvergleich und Laser-Messung basiert, auf kurze Distanz mitunter Probleme mit dem Scharfstellen des gewünschten Objekts. Und der Sensor-Aufbau stößt an Grenzen, wenn sich im Porträt-Modus dicht hinter dem gewünschten Objekt ein anderes befindet. Eine Frage des eigenen Geschmacks ist das Handhaben von Helligkeit bei schlechten Lichtverhältnissen. Google verzichtet auf eine künstliche Aufhellung, was zunächst gut ist. Allerdings gehen feine Nuancen oftmals verloren.

Für die Frontkamera gelten die gleichen Stärken, obwohl die Hardware deutlich abweicht. Hier vertraut Google wie schon beim Pixel und Pixel XL auf einen Sensor mit 8 Megapixeln und eine Optik mit Blende f/2,4. Da es aber auch hier HDR+ zum Einsatz kommt, dürfen die Aufnahmen der vorderen Kamera durchaus als sehr gut bezeichnet werden. Vor allem der Porträt-Modus dürfte Selfie-Freunde überzeugen.

Besser als im vergangen Jahr fallen die Video-Qualität aus - auch wenn Pixel 2 und Pixel 2 XL in dieser Kategorie nicht so sehr wie bei Fotos überzeugen können. Möglich ist das Aufzeichnen im Standardmodus in bis zu 2160p30, Zeitlupen sind in 720p240 und 1080p120 möglich. Bei nicht optimalen Lichtverhältnissen kommt es schnell zu - wenn auch nur leichtem - Bildrauschen, Artefakte gibt es erst bei sehr schnellen Bewegungen. Ist Kunstlicht im Spiel, wirken Farben häufig etwas zu blass. Dafür ist das Bild dank optischem Bildstabilisator nun ruhiger.

Negative Kritik verdient erneut die Kamera-App. Wie schon bei der ersten Pixel-Generation gibt es keinen Pro-Modus, einzig der Weißabgleich lässt sich in gewissem Umfang beeinflussen. Neu ist der „Motion"-Modus, der Apple Live-Fotos ähnelt: Neben einem Standbild wird auch kein kurzes Video mitsamt Ton aufgenommen. Die Möglichkeit, Zeitraffer-Videos aufzuzeichnen, gibt es nicht. Der Aufbau der App ist nicht in allen Bereichen übersichtlich und einsteigerfreundlich, was auch an nicht immer selbsterklärenden Piktogrammen liegt. Zudem sind nicht alle Optionen in einem Fenster versammelt.

Auf Android 8 folgen Android P, Q und R

Mit dem Aus der Nexus-Reihe und dem Wechsel hin zum Pixel im vergangen Jahr war klar, dass Android-Referenz-Geräte nicht mehr von Google stammen würden. Denn in vielen Punkten wich das auf dem Pixel und Pixel XL eingesetzte Betriebssystem von dem ab, was als Stock-Android bezeichnet werden kann. Beim Pixel 2 und Pixel 2 XL ist das nicht anders. Der Grund hierfür sind Funktionen wie Active Edge oder die eigene Kamera-App.

Nach wie vor gilt aber, dass Google ein neues Smartphone auch mit einer neuen Version seines Betriebssystems ausstattet. Entsprechend werden das Pixel 2 und Pixel 2 XL mit Android 8.0 ausgeliefert, Updates sollen drei Jahre lang zeitnah zur Verfügung gestellt werden - sowohl Sicherheits- als auch Betriebssystem-Updates. Damit dürften beide Geräte bis Android R auf der sicheren Seite sein.

Zu den wichtigsten Änderungen gegenüber Android 7 gehören die überarbeite Benachrichtigungszentrale, die nun übersichtlicher ausfällt, ein verbessertes Energie-Management, das Hintergrundaktivitäten stärker als bislang einschränkt sowie überarbeitete Bild-in-Bild-Funktionen. An zahlreichen anderen Stellen wurde die Bedienung nutzerfreundlicher, so beispielsweise beim Ausfüllen von Formularen oder beim Markieren von Text. Wer auf Bluetooth-Kopfhörer setzt, darf sich über die integrierte Unterstützung von aptX und aptX HD freuen, bislang mussten Smartphone-Hersteller dies selbstständig berücksichtigen. Und auch Bluetooth 5 arbeitet unter Android 8 endlich - Android 7 fehlte der benötigte Treiber.

Die Benutzeroberfläche ähnelt hingegen in weiten Teilen der des Pixel und Pixel XL und damit der von Android 7.1. Google hat einige Animationen und Widgets überarbeitet, bei letzteren gefällt vor allem die neue kombinierte Anzeige für Datum und Wetter. Der App Drawer wird wieder über einen Wisch nach oben eingeblendet, die Bedienung erfolgt komplett über On-Screen-Tasten. Der Google Assistant wird über einen längeren Druck auf den Home Button oder den Rahmen (Active Edge) gestartet, ein längerer Druck auf Apop-Icons ruft ein Kontextmenü auf. Farbige Markierungen an den Icons weisen auf zur App gehörige Benachrichtigungen hin. Eine Premiere feiert Google Lens. Denn Pixel 2 und Pixel 2 XL sind die ersten Geräte, die mit der Objekterkennung ausgeliefert werden. Allerdings handelt es sich bislang nur um eine Preview-Version, die nicht fehlerfrei arbeitet und vorerst lediglich in Google Fotos integriert ist. Dort abgelegte Aufnahmen lassen sich analysieren, Google Lens versucht dann die Art des Objekts und passende Vergleiche einzublenden. Im Test lag die Trefferquote leicht über 50 %. Die ursprünglich angekündigte Integration in den Google Assistant soll erst in den kommenden Wochen erfolgen.

Android-Neulinge dürften sich stellenweise allein gelassen fühlen. Zwar fällt die Einrichtung des Geräts inklusive Datenübernahme von einem anderen Smartphone leicht, spätestens das Einstellungsmenü überfordert aber schnell. Denn auch einige wichtige Punkte hat Google in der dritten oder vierten Ebene versteckt. Hier hilft nur Geduld oder das Bemühen der integrierten Suchfunktion - die dann allerdings nur in den Einstellungen sucht.

Quellen und weitere Links

    Werbung

    KOMMENTARE (2) VGWort