Ein Huawei-Smartphone mit starker GPU
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Mit dem Mate 9 feierte vor einem Jahr Huaweis eigener SoC Kirin 960 seine Premiere. Mit dem sollte es gelingen, in puncto Leistung endlich mit Samsung und Co. gleichzuziehen. In weiten Teilen gelang dies, einzig hinsichtlich der GPU-Performance wurde das Ziel nicht erreicht. Diesen Fehler soll der neue Kirin 970 korrigieren, der erstmals im Mate 10 Pro verbaut wird.
Doch so groß, wie die Modellnummer es suggeriert, sind die Unterschiede zunächst nicht. Auch der neue SoC besteht aus zwei CPU-Clustern zu je vier ARM-Cortex-A53 und -A73-Kernen, die gemäß big.LITTLE-Prinzip zusammenarbeiten. Ebenfalls unangetastet geblieben sind die maximalen Taktraten: Die A53-Kerne erreichen in der Spitze 1,84 GHz, die A73-Kerne hingegen 2,36 GHz.
Das überrascht angesichts einer der wenigen Änderungen. Denn gefertigt wird der Kirin 970 im 10-nm-FinFET+-Verfahren, das gegenüber dem 16-nm-FFC-Verfahren einerseits bei gleichen Taktraten eine höhere Effizienz, aber auch höhere Maximaltaktraten ermöglicht. Wirklich nötig wäre mehr CPU-Tempo aber nicht, wie die Benchmarks zeigen. In Geekbench 4.1 erreicht das Mate 10 Pro eine Single-Thread-Wertung von fast 1.900 Punkten, womit man fast gleichauf mit Samsungs Exynos 8895 und entsprechende dem Galaxy S8 und Galaxy Note 8 liegt; auch ein Snapdragon 835 ist nicht schneller. Gleiches gilt für die Multi-Thread-Leistung, die mit rund 6.700 Punkten angegeben wird. Im Vergleich mit dem Mate 9 schneidet das neue Modell zwischen 4 und 18 % (Geekbench 4.0) besser ab, gegenüber dem Mate 8 liegt der Vorteil zwischen 16 und 29 % (Geekbench 3).
Der Vorsprung gegenüber dem Mate 9 ist dabei auf stabilere Taktraten zurückzuführen. Monierten wir vor einem Jahr noch, dass die maximalen Takte nur für wenigen Sekunden, mitunter auch nur für Sekundenbruchteile gehalten werden konnten, zeigt sich der Kirin 970 diesbezüglich von einer besseren Seite - permanent am Limit kann aber auch er nicht arbeiten.
Das gilt vor allem für die GPU, bei der Huawei nun auf eine Mali-G72 MP12 setzt. Trotz geringerem Takt im Vergleich mit der Mali-G71 MP8 (850 statt 1.037 MHz) fällt die reine GPU-Leistung etwa doppelt so hoch aus. Das liegt zum einen an der höheren Zahl an Shader-Einheiten (12 statt 8), zum anderen aber auch an verschiedenen internen Änderungen. Die sorgen laut ARM allein für ein Plus von 40 % im Vergleich zur Mali-G71. Eine Rolle spielen aber auch neuere Treiber sowie Änderungen an Android.
Tatsächlich fällt der Zuwachs auch in der Praxis umfangreich aus. In GFXBench liegt das Plus des Kirin 970 gegenüber seinem Vorgänger je nach Setting zwischen etwa 70 und 110 % und macht das Mate 10 Pro damit zum in dieser Beziehung derzeit schnellsten Smartphone. Allerdings kann es dieses hohe Niveau nur kurzzeitig halten. Denn unter hoher Last drosselt die GPU, das gemessene Minus lag bei mehr als 40 %. Im GFXBench-Setting Manhattan Offscreen wurden so aus 66 nur noch 37 fps. Grund hierfür sind die hohen Temperaturen: An der Rückseite des Smartphones wurden in der Spitze mehr als 46 °C gemessen - wärmer wurde im Test bislang noch kein Handy.
Letztlich ist es deshalb die Drosselung der GPU, die in der Gesamtbetrachtung der Leistung für einen guten Platz, aber eben nicht die Spitzenplatz im Android-Lager sorgt. In den 3DMark-Durchläufen reicht es jeweils für Platz 8 jeweils hinter dem Galaxy Note 8 und Pixel 2, in AnTuTu 6 reicht es für den fünften Rang. Immerhin Platz 4 erreicht das Smartphone in PCMark, was aber auch am schnellen internen Speicher liegt. Laut Androbench erreicht der beim Lesen und Schreiben maximal 476 und 235 MB/s, PCMark spricht von 650 und 203 MB/s. Allerdings kann es je nach Exemplar zu unterschiedlichen Werten kommen. Huawei selbst spricht nur von Speicher-Chips gemäß UFS 2.x, es dürfte somit erneut Geräte mit UFS 2.0 und UFS 2.1 geben; im Testgerät steckt der schnellere UFS-2.1-Speicher.
Im Alltag dürfte die Drosselung aber eine ebenso kleine bis nicht zu spürende Einschränkung sein wie die Frage, welche der beiden Speichertypen verbaut ist. Selbst grafisch anspruchsvolle Spiele wurden im Test anstandslos und ohne erkennbare Ruckler wiedergegeben. Auch Probleme mit der Darstellung der Oberfläche oder auffällige Ladezeiten konnten nicht beobachtet werden.
Die KI, die kaum etwas verrät
Wie viel dabei auf das Konto der KI geht, bleibt aber ein Geheimnis. Denn so ganz lässt sich Huawei nicht in die Karten schauen, was Neural Network Processing Unit, kurz NPU, angeht.
Das Unternehmen selbst beschreibt sie etwas kryptisch als speziellen Bestandteil des SoCs, es dürfte sich schlicht um einen Co-Prozessor handeln, der explizit für Machine Learning vorgesehen ist. Der soll bei entsprechenden Aufgaben um den Faktor 25 schneller arbeiten als eine CPU des Kirin 970, gleichzeitig aber auch um den Faktor 50 weniger Energie benötigen. Das Ergebnis sind 1,92 TFLOPS bei FP16 oder, weitaus praxisnäher, die Erkennung von 2.000 Bildern pro Minute. Zum Vergleich: Ohne NPU wären es weniger als 100. Ob und in welchem Umfang Huawei die NPU entwickelt hat, ist unklar. ARM bewirbt die künstliche Intelligenz als die große Neuerung der Mali-G72. Denn die GPU soll in Hinblick auf Machine Learning und künstliche Intelligenz einige besondere Funktionen bieten.
Jenseits der Hardware gibt Huawei hingegen etliche Details preis. So soll die NPU beispielsweise beim Telefonieren helfen, indem die Unterdrückung störender Nebengeräusche verbessert wird, in einem anderen Fall soll die Erstellung von Vorschaubildern innerhalb der Galerie schneller vonstattengehen. Aber auch der Bing Translator soll effizienter und schneller arbeiten - im Test konnte das allerdings nicht belegt werden.
In den Mittelpunkt stellt man aber die Verknüpfung der NPU mit der Kamera des Mate 10 Pro.