TEST

Huawei Mate 10 Pro im Test

KI und schmaler Rand reichen nicht - Laufzeit, Software

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OLED ist kein Garant für überragende Laufzeiten

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Gleiche Akkukapazität, aber ein sparsamerer SoC sowie ein OLED- anstelle eines IPS-Panels: Eigentlich bringt das Mate 10 Pro alles mit, um das seinen Vorgänger - und viele Konkurrenten - in puncto Laufzeit zu übertrumpfen. Tatsächlich gelingt das nur bedingt, was eine der größten Überraschungen im Test ist.

In der üblichen Video-Schleife mit lokal hinterlegtem Full-HD-Material und einer Display-Helligkeit von 200 cd/m² hielt das Mate 10 Pro 14,5 Stunden durch. Gegenüber dem Mate 9 ist das ein Plus von fast 20 %, dank dem sich selbst lange Flüge oder Zugfahrten problemlos überbrücken lassen, ohne zur Steckdose oder Power Bank greifen zu müssen. Allerdings zeigt der Vergleich mit der Konkurrenz auch, dass Huawei bei weitem nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat. So bringt es das Galaxy S8 auf eine fast identische Laufzeit - trotz höherer Display-Auflösung und eines 25 % kleineren Akkus. Der aktuelle Spitzenreiter, das OnePlus 5, hält mit 18 % kleinerem Akku gleich 30 % länger durch.

Dass OLED-Anzeigen kein Allheilmittel sind, wenn es um Energiesparen geht, zeigt der zweite Akkutest. Denn im PCMark ist das Mate 10 Pro seinem Vorgänger klar unterlegen, nach knapp 8 Stunden musste wieder geladen werden. Das liegt in erster Linie am hohen Anteil heller Flächen, die im Zuge des Benchmarks dargestellt werden, der ebenfalls bei 200 cd/m² ausgeführt wird. Aber auch hier hätte Huawei noch Luft, wie das Galaxy S8 erneut zeigt. Das durchlief den Test seinerzeit 23 % länger.

Im simulierten Alltag mit Telefonaten, Surfen per WLAN und LTE, dem Einsatz der üblichen Messenger sowie kurzen Spiele-Sessions musste sich das Mate 10 Pro ebenfalls seinem Vorgänger geschlagen geben. Hielt das im letzten Jahr noch fast drei Tage mit einer Ladung durch, wurde nun nach nicht einmal zwei Tagen der Griff zum Ladegerät nötig. Gegen 12 Uhr vom Ladekabel getrennt, musste es am frühen Morgen des übernächsten Tages wieder angeschlossen werden. Aber: Selbst bei intensiver Nutzung mit lange aktiviertem Display konnte ein Tag ohne Laden überstanden werden. Nur wer das Mate 10 Pro als mobile Spielekonsole nutzt, wird um tägliches Laden nicht herumkommen.

Huawei selbst stellt aber nicht die Laufzeit in den Vordergrund, sondern das Laden. Denn das Mate 10 Pro das weltweit erste Smartphone, das über eine vom TÜV Rheinland zertifizierte Schnellladetechnik verfügt. Tatsächlich handelt es sich wie schon beim Mate 9 um die Eigenentwicklung SuperCharge, die das Laden mit bis zu 22,5 W erlaubt. Der TÜV Rheinland hat entsprechend lediglich überprüft, dass das Laden mit hoher Leistung nicht zu Schäden am Akku führt - selbst unter ungünstigen Bedingungen wie Kälte oder Hitze.

SuperCharge ist dabei in Hinblick auf die Ladegeschwindigkeit vergleichbar mit Quick Charge 3.0: Von 0 auf 50 % wurde der Akku im Test innerhalb von etwa 25 Minuten geladen, vollständig geladen war er nach etwas weniger als 90 Minuten. Denn auch Huaweis Ladetechnik verringert die Leistung ab etwa 60 %, um den Akku zu schonen.

Wer auf längere Laufzeiten angewiesen ist, kann auf verschiedene, in EMUI integrierte Maßnahmen zurückgreifen. So gibt es mit Stromsparen und Ultra-Stromsparen zwei entsprechende Modi, die die Nutzung des Mate 10 Pro unterschiedlich stark beeinflussen: Ersterer Modus begrenzt Hintergrundaktivitäten und verhindert somit unter anderem den automatischen Datenabgleich, letzterer unterbindet hingegen zunächst die Nutzung fast aller Apps; einzig Telefonieren und SMS-Versand sind ohne Zutun des Nutzers möglich. Eine andere Maßnahme ist der Wechsel hin zu einer dunkleren Darstellung. Diese greift allerdings fast ausschließlich in den Systemeinstellungen, der weiße Hintergrund wird hier gegen Schwarz getauscht. Das Aktivieren der Always-on-Funktion hatte im Test keine nennenswerten Auswirkungen auf die Laufzeit.

Wie bei Huawei üblich, ist der Akku auch im Mate 10 Pro fest verbaut. Kritik verdient die Entscheidung, trotz Glasrückseite auf drahtloses Laden, beispielsweise per Qi, zu verzichten.

Android 8 und EMUI 8 sind keine perfekte Kombination

Huawei-Nutzer, die keinen Wechsel zum Mate 10 Pro planen, dürften das neue Smartphone dennoch genau in Augenschein nehmen. Denn die ab Werk installierte Software dürfe so oder in sehr ähnlicher Form als Update auch auf die anderen Modelle kommen. Denn als erstes Gerät der Chinesen verfügt das neue über Android 8 in Verbindung mit EMUI 8. Viel davon zu sehen ist allerdings nicht. Denn die Oberfläche gleicht bis auf wenige Punkte der der vorherigen Version. Einzig einige Neuerungen in Android sorgen für kleine Abweichungen. Dazu gehören beispielsweise farbige Punkte an App-Icons, die auf dazugehörige Benachrichtigungen hinweisen oder aber das Kontextmenü, das an Apples 3D Touch erinnert.

Leider hat Huawei den großen Sprung von EMUI 5 zu 8 aber nicht für Design-Änderungen genutzt. Das sorgt dafür, dass die Oberfläche inzwischen etwas altbacken und überladen wirkt. Letzteres liegt auch an großen Icons. Und spätestens in der aktuellen Version stört es, dass Huawei mit seiner eigenen Software Android-Features überschreibt. Das prominenteste Beispiel hierfür ist der App Drawer, der entweder im iPhone- oder Android-6-Stil ausfällt. An einigen Stellen stören auch kleinere Fehler, die in der Regel aber nur optischer Natur sind.

Ärgerlicher ist da schon der unlogische und schon erwähnte Aufbau der Einstellungen. Warum klar zum Display gehörende Funktionen im Bereich Sicherheit platziert sind, erschließt sich auch nach mehreren Tagen nicht. Und ob die NPU, bzw. die KI im Hintergrund tatsächlich arbeitet, lässt sich nicht einschätzen. Das liegt vor allem an der hohen Systemleistung.

Eine nette Zugabe ist Easy Projection. Ähnliche wie bei Samsungs DeX kann das Smartphone mittels externem Display sowie Maus und Tastatur in einen Desktop-Rechner verwandelt werden. Anders als bei DeX ist dafür aber keine zusätzliche Docking-Station erforderlich, stattdessen reicht ein Kabel von USB Typ-C auf HDMI oder DisplayPort. Die Oberfläche erinnert an die gängigen Desktop-Betriebssysteme und reicht für einfache Aufgaben aus. Das Mate 10 Pro kann während der Verbindung weiterhin als Smartphone genutzt werden, aber auch der Einsatz des Displays als Touchpad ist möglich.

Negativ fällt auf, dass Android 8 und EMUI 8 gemeinsam mehr als 16 GB Speicher vereinnahmen. Das dürfte vor allem Nutzer eines P10 ärgern, das nur mit 32 GB angeboten wurde.

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