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Huawei Mate 10 Pro im Test

KI und schmaler Rand reichen nicht

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Den zweiten Platz fest im Blick: Mit Smartphones wie dem Mate 9 und P10 konnte Huawei sich als drittgrößter Smartphone-Hersteller behaupten, nun soll der Platz hinter Samsung erreicht und Apple damit verdrängt werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Mate 10 Pro, das nicht nur das Niveau der Konkurrenz erreichen, sondern neue Maßstäbe setzen soll. Ausgerechnet die Kooperation mit Leica, zuletzt gekonnt in Szene gesetzt, rückt dabei in den Hintergrund. Stattdessen setzt man auf das Buzzword künstliche Intelligenz. Für die Spitze reicht das aber nicht, wie der Test zeigt.

Das liegt auch daran, dass die Konkurrenz im Herbst 2017 so stark wie selten ist. Da ist zum einen natürlich das Samsung Galaxy S8, aber auch das LG V30 oder das HTC U11+ dürfte so mancher Interessent für Vergleiche heranziehen. Das liegt nicht nur am Display-Konzept, dem Huawei folgt, sondern natürlich auch am Preis.

Mit unverbindlichen 799 Euro, die zum Zeitpunkt des Tests (Anfang November) von keinem Händler unterboten wurden, ist das Mate 10 Pro genauso teuer wie das U11+. Da ist Samsung im Vorteil: Das Galaxy S8 ist bereits für etwa 570 Euro zu haben. Das V30 fällt mit 900 Euro hingegen teurer aus. Googles Pixel 2 XL und Apples iPhone X spielen hingegen aufgrund der hohen Preise keine Rolle, mit mehr als 64 GB internem Speicher überspringen beiden Geräte die Marke von 1.000 Euro.

18:9 und schmale Rändern nun auch bei Huawei

Zu nennen sind die beiden Flaggschiffe der Konkurrenten aber dennoch. Schließlich handelt es sich jeweils um das erste Google- und Apple-Smartphone, bei dem auf schmale Display-Ränder gesetzt wird. Ein Trend, dem sich auch Huawei nicht entziehen kann. Der Blick auf die Vorgänger des Mate 10 Pro zeigt allerdings, dass die Chinesen schon länger effizient mit dem Platz auf der Vorderseite umgehen. So nahm das Display schon beim Mate 8 und Mate 9 etwa 78 % der Front ein - vor allem aufgrund vergleichsweise schmaler Streifen ober- und unterhalb der Anzeige.

Gerade das ist dabei inzwischen entscheidend, den links und rechts kommen Anzeigen schon lange mit wenigen Millimetern aus. Dass Huawei dennoch erstmals von einem FullView-Display, die im übrigen knapp 81 % der Front einnimmt, spricht, irritiert deshalb. Möglicherweise soll damit aber auch auf eine echte Neuerung verwiesen werden. Denn eng mit dem Trend hin zu schmalen Rändern ist auch die Unsitte des neuen Bildformats verbunden. Galt bislang 16:9 als das optimale Seitenverhältnis für Smartphones, wechseln mehr und mehr Hersteller zu 18:9, bzw. 2:1 oder wie im Falle Samsung sogar zu 18,5:9.

Das führt zwar im Vergleich zu 16:9 zu schmaleren Smartphones, in der Länge legen sie aber teils ordentlich zu. Einer der größten Nachteile mach sich bei der Wiedergabe von Videos bemerkbar, die dann oftmals nicht ohne schwarze Balken auskommen. Und auch Apps sind in der Mehrheit noch nicht an das neue Format angepasst. Zwar kann häufig zur Vollbild-Darstellung gewechselt werden, aber auch hier gibt es häufig Balken oder gar Darstellungsfehler. Man darf deshalb fast schon froh sein, dass Huawei beim Mate 10 Pro auf „runde Ecken", die beispielsweise beim Galaxy S8 vorhanden sind, verzichtet hat.

Interessant ist der Einsatz eines OLED-Panels. Ein solches ist für Displays mit schmalen Rändern keine zwingende Voraussetzung. Allerdings steht die Technik nach wie vor in dem Ruf, im Mittel genügsamer mit dem Akku umzugehen und Farben satter darzustellen. Allerdings bieten gute IPS-basierte Panels seit einiger Zeit ähnliche gute Resultate - ein Grund, warum HTC beim U11+ auf ein solches setzt. Im Gegenzug zeigt nicht zuletzt das Pixel 2 XL, dass die OLED-Technik auch mit großen Nachteilen verbunden sein kann - Stichwort Einbrenn-Effekt und Blaustich. Wie groß dabei der Einfluss des Panels selbst ist, lässt sich anhand des Mate 10 Pro erkennen. Hier gibt es bislang weder Meldungen bezüglich Einbrennens, zudem kann das Display fast schon als neutral abgestimmt bezeichnet werden. Denn wer sich nicht auf die Werkseinstellungen bezüglich der Farbtemperatur verlässt und stattdessen zu „Warm" wechselt, der erhält ein Weiß mit etwa 6.700 Kelvin; ab Werk sind es 7.900. Dabei muss betont werden, dass das OLED-Panel eine Pentile-Matrix bietet, deren Nachteile man ganz offensichtlich aber im Griff hat.

Farben stellt das Mate 10 Pro hingegen immer satt, aber nicht übertrieben dar - der Wechsel zwischen den Modi „Normal" und „Lebhaft" ändert daran kaum etwas. Grund hierfür ist die Huaweis Orientierung am DCI-P3-Standard, der in bestimmten Bereich weiter geht als sRGB. Von Vorteil ist bei der Darstellung natürlich das echte Schwarz, durch das das Kontrastverhältnis in Richtung unendlich geht.

Bei den zwei anderen wichtigen Aspekten bezüglich der Darstellungsqualität sorgt das Mate 10 Pro für Gesprächsstoff. Auffällig ist zunächst, dass Huawei an Full HD mehr oder minder festhält - bedingt durch das geänderte Seitenverhältnis beträgt die Auflösung 2.160 x 1.080 Pixel. In Kombination mit einer Diagonalen von 6 Zoll führt das zu einer Pixel-Dichte von 402 ppi. Das ist selbst bei geringem Abstand zwischen Display und Auge mehr als ausreichend, für VR ist mehr aber besser. Zudem bietet die Konkurrenz mehr und liefert entsprechend ein, wenn auch nicht gewichtiges Argument für den Oberklassepreis.

Für den darf man auch ein helles Display erwarten - der zweite Punkt, der für Diskussionen sorgt. Denn je nach Messung fallen die Resultate sehr unterschiedlich aus. Im manuellen Modus wurden bei höchster Einstellung mal nur 272 cd/m² in der Spitze gemessen, mal waren es 468 cd/m² - bei gleichen äußeren Bedingungen. Mit bloßem Auge betrachtet war ein derart großer Unterschied aber nicht zu erkennen. Dass es sich aber nicht um einen Fehler des Testgeräts handelt, zeigen anderen Test- und Erfahrungswerte. Fest steht hingegen, dass das Mate 10 Pro bei automatischer Helligkeitsregulierung sehr viel höhere Werte erreicht, aber auch hier konnten größere Schwankungen festgestellt werden. Im schlechtesten Fall wurden 582 cd/m² erreicht, im besten 643 cd/m². Ein Grund für die Unterschiede könnten Software-Probleme sein. So fielen die Reaktionen auf die manuelle Anpassung - das Verschieben des Reglers - ebenfalls unterschiedlich aus.

Unabhängig von den unterschiedlichen Werten ist klar, dass der Automatikbetrieb die bessere Wahl ist. Zwar reichen 468 cd/m² selbst für helle Innenräume oder den Einsatz im Freien bei bedecktem Himmel mehr als aus, in allen anderen Fällen jedoch nicht.

In einem anderen Punkt gibt es ebenfalls Unstimmigkeiten. Huawei selbst verspricht die Unterstützung von HDR10, was angesichts der Helligkeit und des Schwarzwertes plausibel klingt. Allerdings gelang es im Test nicht, entsprechendes Material korrekt wiederzugeben. HDR10-Videos wurden zwar abgespielt, von HDR selbst war aber nichts zu erkennen. In YouTube wurde die Option nicht einmal angeboten. Gut möglich, dass hier zunächst auf die explizite Unterstützung von Content-Anbietern wie Netflix oder YouTube gewartet werden muss.

Zu guter Letzt fällt negativ auf, dass die Always-on-Funktion gut versteckt ist. Erwartet man diese eigentlich bei den Display-Optionen, bringt Huawei diese im Bereich „Sicherheit & Datenschutz" und „Bildschirmsperre & Passwörter" unter. Einmal aktiviert, werden Uhrzeit, Datum, Akkustand, Anrufe in Abwesenheit und ähnliches angezeigt. Der Nutzer kann dabei festlegen, ob Always on immer oder nur in einem einstellbaren Zeitraum aktiviert sein soll. Einfluss auf die Optik kann man hingegen anders als beispielsweise bei Samsung nicht nehmen.

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