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Tasten sieht Ford als primäres Bedienelement aber gar nicht vor, wenn es um Unterhaltung, Kommunikation oder Navigation geht. Denn das 2010 vorgestellte SYNC 2 baut auf zwei andere Arten der Steuerung: Den 8 Zoll großen Touchscreen und Sprache. Ersterer ist dank ausreichender Schärfe und Helligkeit jederzeit ablesbar, könnte jedoch etwas zügiger auf Eingaben reagieren. Vergleicht man die Reaktionszeit mit aktuellen Smartphones, wirkt das System regelrecht träge. Das liegt aber nicht nur am Bildschirm, sondern in erster Linie an der dahintersteckenden Hard- und Software. Als Basis kommt eine abgewandelte Form von Windows CE zum Einsatz, die alles andere als flott arbeitet.
Nicht ohne Grund hat Ford sich bei SYNC 3 für QNX entschieden. Die zu BlackBerry gehörende Plattform ist agiler, gilt aus Entwicklersicht aber auch als anspruchsvoller. An der wesentlichen Gliederung wird kaum etwas geändert, auch deshalb lohnt der Blick auf Version 2 noch.
Unterteilt ist das System in vier Bereiche, die jeweils über eine der Display-Ecken erreichbar sind: Kommunikation, Navigation, Klimatisierung und Unterhaltung (im Uhrzeigersinn, beginnend oben links).
Kommunikation
Ersterer Punkt ist dabei bereits mit der wichtigste, da es um die Einbindung des Smartphones geht. Möglich ist dies per USB oder Bluetooth, der Kurzstreckenfunk erlaubt dabei das gleichzeitige Koppeln mehrerer Geräte. Wer nur telefonieren will, kann sich auf die drahtlose Verbindung beschränken, für die Wiedergabe von Musik ist der Griff zum Kabel hingegen empfehlenswert - leider aber nicht für jede Situation, dazu aber später mehr. Ist das Telefon verbunden, ist das Starten oder Annehmen von Anrufen problemlos möglich. Initiiert werden sie entweder über den Touchscreen oder die Sprachsteuerung.
Letzterer ist dabei nicht nur aufgrund der Sicherheit der Vorzug zu geben. Denn eine der Stärken von SYNC 2 ist das Indizieren von Einträgen im Kontaktverzeichnis des Smartphones sowie vorhandener Musik. Das geschieht bei der ersten Koppelung automatisch, kann später aber auch manuell angestoßen werden. Greift man auf die Spracheingabe zurück, erkennt man den zweiten wichtigen Pluspunkt: Die hohe Erkennungsrate. Im Test kam es nur dann zu Problemen, wenn es im Innenraum des Fahrzeugs sehr laut oder aber der Name missverständlich war. Dann fragt das System nach und blendet auf dem Display möglicherweise passende Einträge ein. Diese können dann entweder über ein erneutes Sprachkommando oder aber das Display ausgewählt werden. Sind viele ähnlich klingende Einträge auf dem Handy vorhanden, kann zwischen dem ersten Kommando und dem tatsächlichen Wählen so vergleichsweise viel Zeit vergehen.
Auch, weil die Spracherkennung nur auf Schlüsselwörter reagiert. Das weitestgehend freie Sprechen wie mit Apples Siri oder dem Google-Assistenten ist nicht möglich, entsprechende Versuche werden vom System entweder ignoriert oder mit einer Fehlermeldung quittiert. Das erfordert ein gewisses Maß an Einarbeitung, die integrierte Liste mit möglichen Kommandos hilft dabei. Gewöhnungsbedürftig ist es aber dennoch, dass für das Anrufen eines hinterlegten Kontakts und dem Wählen einer gesprochenen Nummer zwei verschiedene Start-Schlüsselwörter nötig sind. Bei letzterer Methode kam es im Test mehrfach vor, dass die Spracherkennung vor dem Nennen der letzten Ziffer beendet und der Wählvorgang eingeleitet wurde.
So einfach wie das Telefonieren soll auch das Nachrichten-Management sein. Eingehende Mitteilungen werden auf Wunsch vorgelesen, der Versand soll durch vorgefertigte Textbausteine schnell zu erledigen sein. Beides funktionierte aber nicht zuverlässig, bzw. ist mit gewissen Hürden verbunden. So konnten SMS nur über ein Android-Smartphone auch versendet werden, der Empfang war hingegen auch mit einem iPhone möglich. Überraschend war bei letzterem, dass das System dabei nicht zwischen klassischen Kurznachrichten und per iMessage eingegangenen Mitteilungen unterscheidet. Ford hat auch an ein gewisses Maß an Datenschutz gedacht. So sind die empfangenen Nachrichten nur dann abrufbar, wenn das Smartphone zum Zeitpunkt des Eingangs mit dem Fahrzeug gekoppelt war und beim Aufrufen ist.
Navigation
Wie rudimentär die Integration des Smartphones in das Infotainment-System ist, zeigt Punkt zwei der Oberfläche. Denn die Navigations-Lösung setzt voll und ganz auf althergebrachtes. Die Kartendaten sind auf einer microSD-Karte hinterlegt, die im entsprechenden Schacht unter der Mittelarmlehne ihren Platz findet, Verkehrsinformationen werden nur per TMC empfangen.
Zieldaten können entweder über den Touchscreen oder die Sprachsteuerung eingegeben werden. Ersteres dauert aufgrund der bereits erwähnten Trägheit des Systems etwas länger, letzteres erfordert wie auch beim Telefonieren etwas Eingewöhnung. Denn auch hier ist das strikte Einhalten der Vorgaben erforderlich, um erfolgreich zu sein. Dafür kann auf diesem Wege auch ein Sonderziel gewählt oder eine bestimmte Kategorie von Ziel, beispielsweise der nächstgelegene Bahnhof, gesucht werden; selbst das Anlegen von Zwischenzielen ist möglich. Leider enthält der POI-Katalog vergleichsweise wenige Einträge, auch hier rächt sich die nur oberflächliche Smartphone-Einbindung.
Das Navigieren selbst überzeugt hingegen. Es wird frühzeitig und mehrfach auf Abbiegen und ähnliches hingewiesen, die Ansagen sind dabei klar und leicht verständlich. Auch die Berechnung der Routen überzeugt, da sie ausreichend schnell vonstattengeht. Etwas intransparent wird es, wenn im Hintergrund per TMC Verkehrsstörungen auf der gewählten Route gemeldet werden. Denn ob das System dann wirklich die Strecke neuberechnet, ist trotz entsprechendem Sprachhinweis nicht immer erkennbar. Hier hilft entweder Vertrauen oder eine Änderung der Einstellungen. Dort kann gewählt werden, ob die Neuberechnung automatisch erfolgen oder manuell angestoßen werden soll.
Weitaus störender ist jedoch, dass die beiden im Mustang verbauten Displays nicht miteinander verbunden sind. Im Kombiinstrument erhält man dementsprechend keinerlei Navigationsinformationen. Unschön, aber für die Nutzung eher nebensächlich ist die angestaubt wirkende Optik der Navigations-Oberfläche. Die Karten wirken im Vergleich zu Google Maps oder aktuellen Standalone-Lösungen von Garmin und Co. eher blass, die 3D-Funktion ist eher Spielerei als nützlich.
Klimatisierung
Anders als so mancher Mitbewerber geht Ford im Mustang in Bezug auf die Bedienung den richtigen Weg. Statt neumodisch lediglich auf Touch-Elemente oder die Steuerung per Sprache zu setzen, sind alle wichtigen Funktionen auch über klassische Schalter erreichbar. Das zeigt sich nirgends so deutlich wie bei der Klimasteuerung.
Über die unter dem Display platzierte Bedieneinheit kann beispielsweise blind die Temperatur verändert werden. Auch die Gebläsestufe lässt hier einfach anpassen. Der Punkt Klimatisierung im Infotainment-System ermöglicht all dies zwar auch, ist in erster Linie aber nur für die Feineinstellung nötig - beispielsweise für die Verteilung des Luftstroms. Zumindest Temperatur und Gebläsestufe lassen sich auch per Sprachanweisung anpassen, auch das Ein- und Ausschalten ist auf diesem Wege möglich. Angesichts der bereits genannten Schwachpunkte ist der Griff zum Schalter, bzw. zur Taste die bessere und vor allem schnellere Wahl.
Entertainment
Gerade auf längeren Fahrten ist aber nicht nur das richtige Klima wichtig, auch auf die Unterhaltung kommt es an. Dabei spielt immer seltener das Radio die Hauptrolle, über USB- oder Line-in-Buchsen werden vermehrt Abspielgeräte oder Speichermedien angeschlossen, um sich mit der bevorzugten Musik abzulenken.
SYNC 2 bietet aber noch mehr Möglichkeiten. Das Angebot deckt dabei den klassischen UKW-Sender ebenso ab wie DAB+-Stationen, Audio-CDs, USB-Sticks und angeschlossene Smartphones. Unabhängig von der gewählten Quelle erfolgt die Bedienung über die Lenkradtasten, das Display oder die Sprachsteuerung. Alle Optionen stehen lediglich über den Touchscreen zur Verfügung, am Lenkrad sind nur die grundsätzlichen Dinge wie Stationswechsel, Sprung zum vorherigen oder nächsten Titel sowie die Lautstärke wählbar. Wer sich für Sprache entscheidet, steht unter Umständen vor einem Dilemma. Ist das Smartphone per Bluetooth angebunden, stehen weit weniger Funktionen zur Verfügung, vor allem das Durchsuchen der vorhandenen Titel ist stark eingeschränkt, auch die Wahl von Titel oder Interpret ist nur in Teilen möglich.
Wechselt man deshalb zum USB-Kabel, bleiben die insgesamt zwölf Lautsprecher hingegen eventuell stumm. Denn mit einem Kopierschutz versehene Stücke spielt das System nicht ab, sondern verweist lediglich per Ansage auf dieses Problem. Im Test trat das unter anderem bei Spotify auf, die Nutzung von Apple Music, bzw. auf dem iPhone gespeicherter Musik war hingegen problemlos möglich. Gleiches gilt für Google Music, wenn es sich um Titel handelt, die der eigenen Bibliothek selbst hinzugefügt wurden.
Was zunächst wie die Integration der Dienste klingt, ist tatsächlich aber viel weniger. Zwar werden Titel, Interpret und Album-Cover angezeigt und auch das Durchsuchen und Wechseln ist problemlos möglich, letztlich greift SYNC 2 aber nur auf das zu, was auf dem Smartphone an Daten zur Verfügung steht oder beim Streamen angeboten wird. Die jeweiligen Dienste einfach per Sprache nach bestimmten Stücken zu Durchsuchen funktioniert nicht, dürfte sich aber zumindest für iPhone-Nutzer demnächst ändern. Denn eine neuere SYNC-2-Software wird Siri Eyes Free unterstützen. Nach einem Update kann neben dem Ford-eigenen Assistenten auch Apples Helfer genutzt werden. Dabei stehen dann alle Sprachfunktionen bereit, die Siri auch direkt über das iPhone bietet - also auch das Durchsuchen von Apple Music.
Hat man sich mit den Kompromissen, die das System erfordert, abgefunden, werden einige andere Schwächen deutlich. Die Navigation in umfangreichen Bibliotheken ist trotz verschiedener Optionen umständlich und langwierig, die Spracherkennung scheitert zudem häufiger an englischen Namen. Hier hilft dann nur noch eine Aussprache entsprechend der Schreibweise. Ärgerlich sind auch zwei anderen Punkte. Beim Wechsel des Radiosenders muss entweder die gewünschte Frequenz oder aber die Nummer des entsprechende Preset-Nummer genannt werden - ein Kommando wie „FM FFN“ oder „DAB NDR 2“ versteht das System trotz Zugriff auf die RDS-Informationen nicht. Außerdem wird das Display des Kombiinstruments auch vom Unterhaltungsmodul nicht genutzt.
Info-Fenster und AppLink
Abgesehen von den vier Hauptbereichen gibt es auch eine Art Homescreen sowie eine Infoansicht. Erstgenannter zeigt auf einen Blick, ob ein Smartphone verbunden ist und ermöglicht schnelle Ein- und Ausschalten des „Bitte nicht stören“-Modus‘, weist entweder auf den aktuellen Standort oder das nächste Abbiegen auf der gewählten Route hin und blendet alle wichtigen Daten zur derzeit gewählten Unterhaltungsfunktion sowie der Klimatisierung ein.
Im Infofenster lassen sich der derzeitige Standort inklusive der hinter und vor dem Fahrzeug liegenden Kreuzung sowie ein Kalender anzeigen. Da dieser sich nicht mit dem Smartphone oder anderen Quellen abgleichen lässt, ist der Nutzen äußerst gering. Darüber hinaus ist über die Ansicht der Zugriff auf den Notruf-Assistenten möglich, über den im Falle eines Unfalls automatisiert eine Nachricht an die Notrufzentrale mitsamt Standort versendet wird - sofern ein Handy gekoppelt ist.
Wenig relevant sind die Punkte Anwendungen und Updates. Hinter ersterem verbirgt sich zumindest im Mustang nicht die AppLink-Funktion. Diese würde ermöglichen, kompatible Smartphone-Applikationen eng mit dem Infotainment-System zu vernetzen. Ein solches Programm ist beispielsweise Spotify: Der Streaming-Dienst ließe sich dann nahezu in vollem Umfang über die Bedienelemente des Fahrzeugs nutzen. Angesichts der Tatsache, dass der Katalog derzeit nicht einmal ein Dutzend Apps führt, dürfte die Funktion nur von wenigen vermisst werden. Allerdings arbeitet Ford aktiv an der Weitentwicklung des Systems, das auch von Toyota genutzt wird und anderen Herstellern offensteht. Interessierte Entwickler müssen an ihren Programmen nur wenige Änderungen vornehmen, um diese AppLink-kompatibel zu machen.
Eindruck
Schrieben wir nicht das Jahr 2016, sondern 2013 oder 2014, wäre SYNC 2 mit das beste System seiner Art. Die Spracherkennung arbeitet überwiegend zuverlässig, wenn auch mitunter zu träge. Das Bedienkonzept ist zumindest in den wichtigen Punkten durchdacht, auch wenn man sich hier und da etwas mehr Übersicht wünschen würde. Inzwischen haben einige Hersteller, die vor zwei oder drei Jahren nichts wirklich Konkurrenzfähiges im Angebot hatten, aber nachgezogen. Das gilt vor allem für die Reaktionsgeschwindigkeiten, auch und gerade in Hinblick auf den Touchscreen. Die 8 Zoll große Anzeige nutzt Ford zwar beinahe optimal aus und gewährleistet auch eine gute Ablesbarkeit, Eingaben dauern dank der in die Tage gekommenen Hardware aber zu oft zu lange. Das Design der Benutzeroberfläche spielt zwar nur eine Nebenrolle, aber auch diesem sieht man das Alter an, vor allem wenn es um die Navigation geht.
Weit gravierender ist jedoch, dass sich Infotainment-System und Smartphone irgendwie fremd bleiben. SYNC 2 gaukelt aus heutiger Sicht eine weitrechende Implementierung vor, obwohl die Zusammenarbeit nur oberflächlich erfolgt. Wünschenswert wäre unter anderem das Abrufen von Echtzeitverkehrsdaten oder eine Verknüpfung mit einer Suchmaschine, wenn es um POIs als Ziel geht. Das angekündigte Update, das Siri in vollem Umfang nutzbar macht, beseitigt einige andere kleinere Schwachpunkte, hilft Nutzern von Android aber wenig.
In Teilen wird sich mit SYNC 3 daran etwas ändern. Nicht zuletzt, da man Android Auto und CarPlay unterstützt und dem Fahrer damit die Wahl lässt.
Insgesamt schneidet SYNC dennoch noch gut ab. Das System bietet einen echten Mehrwert, eine Empfehlung hängt aber letztlich vom jeweiligen Modell ab. Denn der von Ford verlangte Aufpreis schwankt stark. Im neuen Edge verlangt man für das vollständige Paket inklusive Navigation und DAB+ faire 500 Euro, im Kuga müssen für den gleichen Umfang schon 1.545 Euro bezahlt werden, im Mustang müssen 1.200 Euro eingeplant werden. Grund hierfür sind unter anderem die unterschiedlichen Grundausstattungen. Zum Vergleich: Opel verlangt im neuen Astra für ein vergleichbares Paket (Navi 900, CD-Laufwerk, DAB+, keine Sprachsteuerung) 1.040 Euro, im neuen VW Tiguan verlangt man 1.115 Euro (Discover Media, Composition Media) zuzüglich 220 Euro, wenn die Bedienung auch per Sprache möglich sein soll.