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Microsoft Surface Book im Test

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Tablet mit ansteckbarer oder Notebook mit abnehmbarer Tastatur: In den vergangenen Jahren war diese Frage beim Blick auf 2-in-1-Geräte nicht immer ohne weiteres zu beantworten. Dieses Problem scheint auch Microsoft erkannt zu haben und bringt nach dem Surface Pro 4 nun auch das Surface Book auf den deutschen Markt. Glaubt man dem Marketing, ist die Aufteilung klar. Das Surface Pro ist mehr Tablet, das Surface Book mehr Notebook. Ob das auch tatsächlich so ist und ob die Kinderkrankheiten inzwischen behoben sind, zeigt der Test.

Vor allem letztere dürften Käufer der ersten Stunde gestört haben. Nicht nur, dass es im Standby Probleme gab, auch das An- und Abdocken der Tablet-Einheit ging nicht immer reibungslos vonstatten. Zusätzlich sorgten gleich mehrere Fehler dafür, dass die beiden Akkus nicht ihr volles Potential ausschöpfen konnten. Inzwischen hat Microsoft mehrere Updates veröffentlicht, Stand 29. Februar waren diese aber nicht ausreichend.

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Ärgerlich ist dies vor allem aus zwei Gründen. Zum einen ist das Surface Book in den USA bereits seit Ende Oktober und damit knapp vier Monate länger als in Deutschland auf dem Markt, zum anderen vermarktet Microsoft das Gerät als Premium-Hardware - entsprechend hoch sind die Erwartungen. Schon das Einstiegsmodell kostet unverbindliche 1.649 Euro, mehr als einen Core i5, 8 GB RAM und 128 GB internen Speicher erhält man dafür nicht. Mehr Leistung und Platz werden in den beiden mittleren Konfigurationen geboten: Core i5, 8 GB RAM, 256 GB SSD und eine dedizierte GPU kosten schon 2.069 Euro, die gleiche Ausstattung mit Core i7 2.319 Euro.

Getoppt wird das ganze vom Spitzenmodell, das für den Test zur Verfügung stand. Ganze 2.919 Euro verlangt Microsoft für einen Core i7, 16 GB RAM, 512 GB SSD und eine zusätzliche GPU. Dass der Surface Pen und die Tastatureinheit ebenso wie schnelles WLAN (802.11ac) und Bluetooth (4.0) in allen Konfigurationen zum Lieferumfang gehören, relativiert die Preise nicht.

Die Verteilung macht den Unterschied

Eher schon darf der Entwicklungsaufwand als Entschuldigung herangezogen werden. Denn Microsoft hat nicht einfach das Konzept des Surface Pro übernommen und leicht angepasst, sondern fast bei null angefangen; Display-Format und Einbindungen des Stiftes kennt man. Im Normalzustand ist das Surface Book kaum von gewöhnlichen Notebooks zu unterscheiden. Die Anschlüsse sitzen dort wo man sie erwartet, das Display ist fest über das Fulcrum-Scharnier mit der Bodeneinheit verbunden.

Der innere Aufbau weicht aber deutlich von der Norm ab. So stecken CPU, RAM, interner Speicher sowie die Komponenten für die drahtlosen Schnittstellen im Display-Part, die dedizierte GPU sowie die physischen Schnittstellen mit Ausnahme der Audio-Buchse in der Tastatur-Einheit. Den Akku hat man hingegen geteilt: Der größere Teil sitzt unterhalb der Tastatur, der kleinere hinter dem Bildschirm. Spätestens damit ist klar, dass das Surface Book tatsächlich in erster Linie als Notebook konzipiert ist - anders als das Surface Pro 4.

CPU und SSD im Display, GPU und Anschlüsse in der Tastatur: Microsoft verteilt die Technik über das ganze Surface Book

CPU und SSD im Display, GPU und Anschlüsse in der Tastatur: Microsoft verteilt die Technik über das ganze Surface Book

Ein besonderes Schmankerl hat man sich für den Entriegelungsmechanismus einfallen lassen. Zunächst ist der Druck auf die dafür vorgesehene Taste nötig, einen Augenblick später signalisiert eine grüne LED, dass die Trennung erfolgen kann. Eine Spielerei ist das aber nicht - auch wenn es so wirkt. Denn vor dem Abkoppeln muss sichergestellt sein, dass die dedizierte GPU nicht verwendet wird. Durch die feste Verbindung ist aber auch sichergestellt, dass ein unabsichtliches Trennen nicht möglich ist.

Kein Augenschmeichler

Dabei hat Microsoft es geschafft, all dies für den Nutzer fast unsichtbar zu machen. Denn die Verwandlungsfähigkeit ist dem Surface Book nicht nur aus den oben genannten Gründen nicht anzusehen, auch die Wahl des Scharniers spielt dabei eine Rolle. Die Fulcrum genannte Ausführung wirkt zwar etwas befremdlich, verbirgt die darin steckende Technik aber völlig. Das aus mehreren Bauteilen und aus Aluminium gefertigte Scharnier sorgt aber auch dafür, dass das Display sicher an Ort und Stellen gehalten wird, selbst bei groben Stößen. Dennoch kann der Deckel problemlos mit einer Hand geöffnet werden.

Das Scharnier hat aber einen Nachteil. Denn durch den Mindestradius liegt das Display im geschlossenen Zustand nicht plan auf der Tastatur auf. Dadurch kann Schmutz ungehindert eindringen, was im Zweifelsfall die Lebenserwartung senkt. Denn wer denkt, das Gehäuse ab und an für eine Reinigung zu öffnen, der steht vor einem großen Problem. Immerhin hat Microsoft genau dies nicht vorgesehen, was iFixit mit der zweitschlechtesten Note - 1 von 10 - belohnt.

Grau dominiert: Viel schlichter kann ein Notebook nicht aussehen

Grau dominiert: Viel schlichter kann ein Notebook nicht aussehen

Anders sieht es bei der Verarbeitung aus. Nichts wackelt, auch mit hohem Kraftaufwand lassen sich keine Verformungen provozieren und ungleiche Spaltmaße gibt es nicht. Streiten kann man hingegen über das Erscheinungsbild des etwa 312 x 232 23 mm großen und 1,5 kg schweren (jeweils im gekoppelten Zustand) Surface Book. Denn viel mehr Langeweile kann ein Stück Technik kaum ausstrahlen, was nicht nur an fehlenden Eyecatchern, sondern auch am gewählten Grau liegt. Mit viel gutem Willen kann der umlaufende Luftein- und auslass der Display-Einheit (312,4 x 220,2 x 7,6 mm, 0,7 kg) als optisches Highlight bezeichnet werden.

Zumindest hat man die Schnittstellen gut platziert. Die beiden USB-3.0-Ports sind zusammen mit dem Kartenleser am hinteren linken Rand untergebracht, Mini-DisplayPort und Netzteilanschluss am rechten. Letzteres wird lediglich magnetisch am Surface Book gesichert - wer über das Kabel stolpert, reißt somit das Notebook nicht automatisch vom Tisch.

Das Fulcrum-Scharnier mitsamt Docking-Mechanismus fasziniert, hat aber einen klaren Nachteil

Das Fulcrum-Scharnier mitsamt Docking-Mechanismus fasziniert, hat aber einen klaren Nachteil

Die beiden verbauten Kameras - auf der Rückseite mit 8, auf der Front mit 5 Megapixeln - schiessen insgesamt befriedigende Fotos, wenn die Lichtverhältnisse stimmen. Dank Infrarot-Unterstützung kann das Frontmodul für Windows Hello genutzt werden, was das Anmelden am Betriebssystem vereinfacht. Ebenfalls nur Durchschnitt sind die beiden Lautsprecher, die seitlich im Display-Rahmen stecken. Tiefen gibt es kaum, dafür aber auch nur wenige Verzerrungen bei hohen Pegeln.

Gute Eingabegeräte

Schon mit dem Type Cover für das Surface Pro stellte Microsoft unter Beweis, dass man gute Tastaturen und Touchpads bieten kann. Nicht anders sieht es beim Surface Book aus.

Mit 15 x 15 mm fallen wie wichtigen Tasten ausreichend groß aus, das Standard-Layout hilft beim Tippen. Gleiches gilt für das haptische Feedback. Der Druckpunkt ist gut gewählt, der Hub nahezu ideal - in Summe bietet die Tastatur ein sehr knackiges, aber nicht zu hartes Schreibgefühl. Leider hat Microsoft es aber nicht geschafft, alle Tasten entsprechend zu gestalten. Denn Leer- und Eingabetaste wirken sehr schwammig, die kleineren beiden der vier Cursor-Tasten hingegen viel zu hart. Dafür fällt die in insgesamt vier Stufen einstellbare Hintergrundbeleuchtung sehr gleichmäßig aus.

Dank gutem Hub und Druckpunkt sowie der gleichmäßigen Beleuchtung gefällt die Tastatur

Dank gutem Hub und Druckpunkt sowie der gleichmäßigen Beleuchtung gefällt die Tastatur

Einen weiteren Minuspunkt gibt es für die unvollständige Beschriftung, wie schon beim Type Cover ist beispielsweise nicht ersichtlich, mit welchen Kombination die Display-Helligkeit reguliert werden kann. Ein klares Plus ist hingegen die kleine LED, die in der „Fn“-Taste steckt. Damit kann der Nutzer auf Anhieb erkennen, in welchem Modus sich die Funktionstasten befinden.

Der Surface Pen wird mitgeliefert und bietet auch hier einen echten Mehrwert

Der Surface Pen wird mitgeliefert und bietet auch hier einen echten Mehrwert

Nur einen Schnitzer leistet man sich beim Touchpad. Denn wie so viele andere Hersteller verzichtet auch Microsoft auf eine optische Unterteilung der integrierten Tasten. In allen anderen Punkten überzeugt das Eingabegerät jedoch. Die Erkennung von Ein- und Mehrfingergesten ist präzise, die Gleiteigenschaften gefallen und Druck sowie Hub der beiden Tasten sind ideal. Das Verlangen, das Surface Book über den ebenfalls sehr guten Touchscreen bedienen zu wollen, wird dadurch schnell sehr gering.

Quellen und weitere Links

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