TEST

Microsoft Surface Book 2 im Test

Viel versprochen, nicht alles gehalten - Leistung, Laufzeit

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Viel Leistung triff mal auf zu wenig, mal auf zu laute Kühlung

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Einen großen Sprung hat das Surface Book 2 in puncto Leistung gemacht. Denn da Microsoft sich abgesehen vom Basismodell für Intels Core i7 der Kaby-Lake-Refresh-Familie entschieden hat, stehen trotz einer Prozessor-TDP von nur 15 W vier echte CPU-Kerne zur Verfügung mitsamt Hyper-Threading zur Verfügung. Dass da entsprechende Plus nicht zu verachten ist, zeigte bereits der Test des Core i5-8250U Core i7-8550U. Beim Surface Book 2 sieht es nicht anders aus.

Der in 14 nm gefertigte Prozessor taktet nominell mit 1,9 GHz, kann jedoch bis zu 4,2 GHz erreichen. Anders als die i5-Modelle der Kaby-Lake-Refresh-Generation kann der maximale Wert aber nicht von allen Kernen gleichzeitig erreicht werden. Beim i7-8650U können zwei Kerne mit 4,2 GHz arbeiten, im Quad-Core-Betrieb lediglich mit 3,9 GHz. Für das Surface Book 2 ist das aber weitestgehend irrelevant, da Microsoft durch den Verzicht auf ein günstiges Bauteil einen großen Teil der Leistung brachliegen lässt.

Die Erklärung: Der Prozessor steckt in der Tablet-Einheit, einen Lüfter gibt es dort aber nicht. Der Core i7-8650U wird somit lediglich passiv gekühlt, die Abwärme wird an die Rückseite des Gehäuses abgegeben. Wirklich optimal gelingt dies aber nicht, wie die Messungen zeigen. Nach 15 Minuten unter Volllast wurden punktuell zwar knapp 44 °C erreicht, die restliche Rückseite blieb aber mehrere Grad kühler. Letztlich führt das zu hohen Prozessor-Temperaturen (89 °C), denen nur mit einer Absenkung des CPU-Taktes begegnet werden kann. Der lag schon etwa eineinhalb Minuten nach dem Start der Volllastphase unterhalb des Nominaltaktes von 1,9 GHz, am Ende lagen nur noch 1,4 bis 1,7 GHz an. Kaum besser das Ergebnis, wenn nur die CPU belastet wird: In einem solchen Szenario dauerte es knapp zwei Minuten, bis der Nominaltakt unterschritten wurde, hier wurde am Ende mit 1,5 bis 1,8 GHz gerechnet.

In ganz alltäglichen Situationen schneidet das Surface Book 2 deutlich erfreulicher ab - dank Kaby Lake Refresh. In der Cinebench-Single-Core-Wertung dominiert der Core i7-8650U die Liste der Arbeits- und Multimedia-Notebooks ebenso wie in der Multi-Core-Betrachtung. Hier sind 7,29 und 637 Punkte (Cinebench 11 und 15) in etwa vergleichbar mit dem, was mobile Gaming-Prozessoren vorheriger Generationen geboten haben. Der beim Test der ersten beiden Kaby-Lake-Refresh-Prozessoren gewonnene Eindruck wird also bestätigt. Für CPU-lastige Aufgaben ist das Surface Book 2 somit hervorragend geeignet.

Mit wenigen Einschränkungen gilt das auch, wenn eher die GPU gefordert wird. Im Normalfall nutzt das Notebook die in den i7-8650U integrierte Intel HD Graphics 620, im Zweifelsfalls übernimmt allerdings die in die Tastatur-Einheit integrierte NVIDIA GeForce GTX 1050 mit ihren 2 GB GDDR5-Speicher. 640 Shadereinheiten sowie ein Basistakt von 1.354 MHz (mit Boost bis zu 1.493 MHz) gehört die auf dem GP107 basierende Lösung zu den Mittelklasse-GPUs, die auch für das ein oder andere Spiel in höherer Auflösung oder Darstellungsqualität gewappnet ist. Unter Volllast blieb die in 14 nm gefertigte GPU etwa vier Minuten im Boost-Takt-Bereich, danach ging es langsam, aber stetig auf bis zu 1.278 MHz nach unten. Das überrascht: Mit 71 °C lag die GPU-Temperatur unter dem von NVIDIA publizierten Limit (95 °C), zudem arbeitet die Kühlung der GeForce GTX 1050 vollständig unabhängig von der CPU-Kühlung.

Ein Gewinn die die dedizierte GPU aber dennoch. Denn auch hier sieht es im Alltag anders als in den rein theoretischen Volllasttests aus. Im anspruchsvolleren 3DMark-Setting Fire Strike erreichte das Surface Book 2 rund 5.000 Punkte - ein Wert, der vor eineinhalb oder zwei Jahren auch einem Mittelklasse-Gaming-Notebook gut zu Gesicht gestanden hätte. Tatsächlich eignet sich das Microsoft-Notebook somit nicht nur für umfangreiche Foto- und Video-Bearbeitung oder anderen Anwendungen, die von einer leistungsfähigen GPU profitieren, sondern auch als Unterhaltungskünstler. Wer die Fahrt im Zug oder den Flug nicht mit einem Film, sondern einem Spiel überbrücken möchte, kann das mit Ausnahme der oben genannten Einschränkungen problemlos tun.

Allerdings sollte man zuvor den Sitznachbarn warnen: Mit 50,6 dB(A) erreicht der in der Tastatur-Einheit steckende Lüfter eine ohrenbetäubende Lautstärke, die aufgrund der Frequenzen noch störender wirkt. Zumindest sorgt die Kühlung dafür, dass die Gehäusetemperaturen in einem erträglichen Bereich bleiben. Punktuell wurden auf der Unterseite der Tastatur-Einheit zwar rund 42 °C gemessen, im Schnitt erwärmte sich das Surface Book 2 auf dieser Seite aber nur auf knapp 37 °C.

Übrigens: Mit 16 GB RAM (LPDDR3) und einer 1 TB großen NVMe-SSD (Samsung PM961) ist das Notebook ebenfalls ausreichend bestückt und leistungsfähig genug. Die SSD erreicht beim Schreiben und Lesen bis zu 1.185 und 1.537 MB/s und gehört damit zu den schnellsten, die bislang in vergleichbaren Notebooks getestet wurden.

Am Netzteil gespart

Wer sich an der hohen Lautstärke des Lüfters stört, kann den Regler „Energiestatus", der sich nach einem Klick auf das Batteriesymbol öffnet, verschieben. Die Bandbreite reicht von links „Längste Laufzeit" bis hin zu „Beste Leistung" am rechten Rand. Dabei gilt die einfache Formel: Je weiter rechts der Regler, desto schneller und lauter das Surface Book 2. Der Regler selbst ist neu und Bestandteil des Fall Creators Update, das für Windows 10 verteilt wird und auf dem Testgerät installiert war. Gedacht ist er als Ersatz für die bisherige Energieverwaltung mit ihren diversen Menüpunkten und -ebenen. Wie man ihn erreicht, sollten Nutzer des Notebooks besser nicht vergessen!

Denn dem unscheinbaren Regler kommt unter Umständen eine sehr wichtige Rolle zu. Wer das Surface Book 2 fordert, kann unter der Einstellung „Beste Leistung" nicht nur das Netzteil belasten, sondern gleichzeitig auch den Akku leeren. Warum das so ist, zeigen Energiebedarf und Akkuleistung. Ersterer lag bei unserer normierten Messung, die unter anderem eine Display-Helligkeit von 120 cd/m² (in diesem Fall Stufe 5 von 10 der Helligkeitssteuerung) vorsieht, unter Volllast bei bis zu 88,7 W. Reicht die Display-Helligkeit nicht aus, nähert man sich allerdings schnell dem Maximum dessen, was das mitgelieferte Netzteil bereitstellen kann. Schon ab Stufe 8 von 10 wurden 95,5 W vom Netzteil geliefert - ausgelegt ist es laut Microsoft auf 95 W; in einigen Tests wird von 100 oder 103 W gesprochen, was allerdings falsch ist. Dass das Netzteil nicht mehr liefern kann, man ebenfalls nach einem Klick auf das Batteriesymbol erkennen. Der der Ladestand sinkt - wenn auch nur langsam.

Ärgerlich ist das aus drei Gründen. Für einen derart hohen Preis dürfen Käufer ein ausreichend konzipierte Netzteil erwarten, darüber täuscht auch der USB-Port nicht hinweg, der das Laden von Surface Book 2 und Smartphone gleichzeitig erlaubt. Zum anderen litt auch das Surface Book der ersten Generation unter einer ähnlichen Schwäche. Und zu guter Letzt weiß das Notebook mit guten bis sehr guten Laufzeiten zu überzeugen.

Der insgesamt 78,5 Wh (18,3 Wh in der Tablet-Einheit, 60,2 Wh in der Tastatur-Einheit) hält je nach Last fast 3,5 bis knapp 15,5 Stunden mit einer Ladung durch. Im Office-nahen PCMark 8 wurden etwa 6,5 Stunden erreicht. Wer die Tablet-Einheit einzeln nutzt, muss sich auf Laufzeiten zwischen 1 und knapp 4 Stunden einstellen.

Nachholbedarf gibt es bei Lade- und Entlademanagement. Praktisch wäre es, wenn zunächst der Akku der Tastatur-Einheit im Batteriebetrieb vollständig genutzt werden würde. In einem solchen Fall wäre die Tablet-Einheit auch bei spontaner Abtrennung mit einem vermutlich vollen oder gut gefüllten Akku ausgestattet. Tatsächlich aber hat Microsoft wie schon beim ersten Surface Book einen anderen Weg eingeschlagen. Zunächst wird der kleinere Akku genutzt, ab etwa 80 % dann zunächst der größere bis zum nächsten Wechsel.

Es wird aber noch merkwürdiger. Denn beim Laden hat Microsoft sich für die sinnvollere Lösung entschieden - beide Akkus werden gleichzeitig geladen. Allerdings wird die Energie dabei nicht flexibel je nach Akkustand verteilt, sondern nach einem festen Schema. Nutzer eines Surface Book 2 können das problemlos selbst testen: Das vollständige Laden des Tablet-Akkus von 0 auf 100 % nimmt die gleiche Zeit in Anspruch - unabhängig davon, wie gut gefüllt oder stark geleert der größere Akku ist. Dass der Tablet-Akku letztlich nicht vom Tastatur-Akku geladen werden kann, ist somit am Ende ein fast schon zu verschmerzendes Manko.