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Intel musste ungewöhnliche Wege gehen, um ein Produkt wie die Rocket-Lake-S-Prozessoren zu bewerkstelligen. Der Hardware und auch den Benchmarks sowie Messwerten sieht man an, dass hier viele Kompromisse gemacht werden mussten. Intel kann bis heute keine Massenproduktion in 10 nm umsetzen, wie sie für Desktop-Lösungen wie die Core-Prozessoren notwendig wären. Damit die Sunny-Cove-Architektur überhaupt noch im Desktop zum Einsatz kommt, muss Intel den Umweg über den Backport gehen – die ursprünglich für eine Fertigung in 10 nm vorgesehene Architektur muss für 14 nm entsprechend angepasst werden.
Hinsichtlich der Single-Threaded- und IPC-Leistung ist die Cypress-Cove-Architektur ein deutlicher Schritt vorwärts – vor allem im Vergleich zu dem, was wir in den vergangenen Jahren mit den zahlreichen Skylake-Neuauflagen immer wieder präsentiert bekommen haben. Wir sprechen hier tatsächlich von etwa +20 % IPC-Leistung, die Intel in dieser Hinsicht auf Niveau der Zen-3-Architektur von AMD zurückbringt.
Ausspielen kann Intel dies vor allen in Anwendungen, bei denen nur wenige Kerne zum Einsatz kommen. Vor allem aber zielt Intel klar auf die Spieler als Käufer seiner neuen Prozessoren ab. Wenn wir uns die dazugehörigen Benchmarks anschauen, können wir tatsächlich festhalten, dass Intel sich wieder die Spieler-Krone aufgesetzt hat. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass man AMD mit den Ryzen-5000-Prozessoren nicht deutlich schlägt, sondern die Abstände hier derart gering sind, dass man von einem Gleichstand sprechen kann. Spieler, die eine Ausgangsauflösung von 1080p und höher sowie einen entsprechenden Detailgrad wählen, werden sowohl bei AMD als auch bei Intel durch die GPU-Leistung limitiert.
In einer ähnlichen Art und Weise kann man die sechs oder acht Cypress-Cove-Kerne mit den Gegenstücken von AMD vergleichen, wenn Anwendungen möglichst alle ihr zur Verfügung stehenden Kerne ansprechen wollen. Hier muss man - zumindest für den Core i9-11900K - allerdings zwischen dem Betrieb mit allen vom Hersteller vorgesehen Limits und dem komplett freien Modi mit Adaptive Boost Technology unterscheiden. Mit allen Limits kann sich der Core i9-11900K noch nicht einmal gegen seinen Vorgänger, den Core i9-10900K, durchsetzen. Ein Core i7-11700K tut sich aber schwer mit einem Ryzen 7 5800X mitzuhalten und dies gilt auch für den Core i5-11600K gegenüber dem Ryzen 5 5600X. Sich auf Basis der Multi-Threaded-Leistung für einen Rocket-Lake-S-Prozessoren zu entscheiden ist also nicht sinnvoll – schon gar nicht wenn man den Ryzen 9 5900X mit 12 Kernen und den Ryzen 9 5950X mit 16 Kernen mit in diese Betrachtung mit einbezieht. Hinsichtlich der Multi-Thread-Leistung überlässt Intel seinem Konkurrenten AMD also weiterhin das Spielfeld.
Etwas besser sieht es aus, wenn man dem Core i9-11900K freien Lauf lässt. Aber das war auch beim Core i9-10900K schon in ähnlicher Form zu beobachten und bietet zudem Nachteile. Insgesamt zeigen sich in der Bewertung der Leistung die Kompromisse, die Intel eingehen musste. Bis zu 1,49 V liegen an, wenn einer der Cypress-Cove-Kerne in 14 nm unter Last gesetzt wird. Auf 1,47 V kommen die Kerne, wenn sie allesamt arbeiten. Dies drückt sich in der Leistungsaufnahme aus. Aber selbst am grundsätzlichen Design zeigen sich die Nachteile bereits, denn Intel konnte für Rocket Lake-S eben nur acht Kerne realisieren.
Auch im Hinblick der gesamten Plattform liefert Intel wenige Argument, für die eigenen Prozessoren sprechen. AMD bietet schon seit einiger Zeit Prozessoren und Chipsätze, die PCI-Express 4.0 unterstützen. Intel zieht hier ebenfalls nur nach, was zugleich auch für die Unterstützung von DDR4-3200 zutrifft. Die Vorreiterrolle in der technischen Umsetzung neuer Standards und Technologien hatte in den vergangenen Jahren AMD inne. Allenfalls in der Leistung der NVMe-Laufwerke hat sich Intel einen kleinen Vorsprung erarbeitet.
In einigen Bereichen gelingt aber nicht einmal das Aufholen, denn AMD bietet beispielsweise mehr PCI-Express-Lanes an, während es bei Intel derer nur 16+4 sind und die Anbindung über den Chipsatz zwar beschleunigt wurde, an diesem aber immer noch nur PCI-Express 3.0 gesprochen wird. AMD schleift das PCI-Express-4.0-Interface über seine komplette Plattform durch – inklusive der neuen X570- und B550-Chipsätze.
Zu hungrig, zu warm
Intel betreibt seine Rocket-Lake-S-Prozessoren bereits an den Grenzen der sinnvoll machbaren V/F-Kurve (Spannung/Takt). Ein Core i5-11600K verbraucht dann plötzlich fast 40 W mehr als sein Vorgänger Core i5-10600K. Ein neuer Core i7-11700K ist mit seinen 188 W sogar noch am sparsamsten und den Boden aus dem Fass schlägt der Core i9-11900K, der mit allen Limits bereits auf 229 W kommt. Lässt man ihm freien Lauf, sind selbst 275 W kein Problem und unter AVX512-Volllast konnten 300 W ermittelt werden – auch wenn diese Spitzen durch eine vollständige Auslastung aller Funktionseinheiten in der Praxis nicht wirklich relevant sind. Fakt ist: Die Rocket-Lake-S-Prozessoren verbrauchen zu viel, viel zu viel ...
Mit dem hohen Verbrauch einher geht natürlich auch eine entsprechende Abwärme die abgeführt werden muss. Während dies innerhalb der Limits und bei 125 W nach 56 s für die meisten Kühler kein größeres Problem ist, sorgt eine Optimierung der Leistung und das Aushebeln der Limits dafür, dass sich die Prozessoren dauerhaft 250 W und mehr genehmigen dürfen. Bei Spitzen von 300 W schießen dann auch die Kern-Temperaturen in die Himmel – ganz wie eine Rakete dies beim Start tut (sorry für die Wortspiele). Eine potente Kühlung ist ohne Limits und mit Adaptive Boost also unabdingbar.
Was also tun, wenn man noch einen Skylake-Prozessor mit relativ hohem Takt besitzt oder von einer älteren AMD-Generation kommt? Hier muss man dann genauer hinschauen, ob sich ein Wechsel lohnt oder ab man nicht doch gleich auf die jeweils nächste Generation wartet. Schnelle Core i7-8700K oder gar Core i9-9900K(S) sind für Spiele noch immer mehr als ausreichend. Sicherlich ließe sich hier und da das ein oder anderen FPS hinzugewinnen, einen großen Unterschied im Spiel selbst macht dies aber nicht. Wer auf der Suche nach möglichst vielen Kernen mit hoher Leistung ist, der ist bei Intel momentan ohnehin falsch.
Die Investition in ein LGA1200-System ist zudem jetzt schon eine Sackgasse, denn nach LGA1200 wird Intel mit Alder Lake-S auf LGA1700 und damit einen neuen Sockel wechseln. Wer von Comet Lake-S kommt wird aufgrund der Leistungsplus keinen Grund für einen Wechsel haben und wer von einer anderen Plattform auf LGA1200 wechseln möchte, der sollte im Hinterkopf haben, dass es hier keine Weiterentwicklung mehr geben wird.
Alder Lake-S ist dann auch gleich ein gutes Stichwort, denn offenbar wird es nicht allzu lange dauern, bis wir diese sehen werden. Den letzten Leaks zufolge, wird hier erstmals die neue Golden-Cove-Architektur zum Einsatz kommen. Intel will die IPC-Leistung noch einmal um 20 % erhöhen und auch bei der Multi-Threaded-Leistung endlich wieder zulegen. Aber das ist Zukunftsmusik, zunächst einmal muss Intel mit einer behelfsmäßigen Lösung umgehen und könnte dabei schlussendlich den Vorteil der besseren Verfügbarkeit auf seiner Seite haben. Abgesehen vom Ryzen 9 5950X kann AMD aber auch hier inzwischen liefern, so dass auch dies kein Vorteil mehr sein muss.
Abschließende Worte
Der Core i9-11900K ist vor allem für denjenigen interessant, der es noch immer absolut und fast ausschließlich auf die Spieleleistung abgesehen hat. Dabei darf im Zweifel der Verbrauch und die Kühlung keinerlei Rolle spielen. Ein Core i7-11700K und Core i5-11600K kann eine Alternative zu AMDs Angebot sein, aber hier spielen dann auch weitere Faktoren der Plattform eine Rolle.
Euro-Preise haben wir mit Fertigstellung dieses Artikels nicht in Erfahrung bringen können. Intel nennt diese üblicherweise auch nicht, sondern stattdessen nur US-Preise bei Abnahme von 1.000 Stück. Ein Blick in den Preisvergleich sollte im Verlaufe des heutigen Tages weitere Erkenntnisse bringen.